Hamburg. Airport kehrt zu Normalbetrieb zurück. Arbeitgeber kritisiert kurzfristig angekündigten Ausstand des Bodenpersonals.

Während der Tarifstreit im öffentlichen Dienst am Wochenende beigelegt werden konnte, ist eine andere Baustelle weiterhin ungelöst – mit Folgen. Am Flughafen Hamburg kam es am Montag zu Einschränkungen im Flugverkehr. Grund war der kurzfristig angekündigte Warnstreik beim Bodenpersonal.

Den Ausstand hatte die Gewerkschaft Verdi erst zwei Stunden vor Beginn am Sonntagabend öffentlich gemacht. Aufgerufen zu dem ganztägigen Streik waren rund 300 Beschäftigte des Abfertigungsdienstleisters Aviation Handling Services Hamburg GmbH (AHS). Der Dienstleister ist unter anderem für die Passagierabfertigung (Check-in und Boarding) bei Lufthansa, Swiss Airlines und Austrian Airlines zuständig.

Flughafen Hamburg: Normalbetrieb nach Warnstreik

Am Dienstag lief der Betrieb in Fuhlsbüttel dann wieder regulär an. Laut Webseite des Flughafens am Morgen sollten alle Abflüge wie geplant stattfinden.

Am Helmut-Schmidt-Flughafen fielen am Montag mehr als 50 der 160 geplanten Abflüge aus. AHS hätte am Montag 84 Abflüge betreuen müssen. Im Verlauf des Tages sind so rund 9500 Passagiere von der Störung des Flugverkehrs betroffen. Reisenden wird geraten, sich bei annullierten Flügen an die Fluglinien zu wenden.

Einige Passagiere erfuhren erst am Airport vom Streik

Die Stimmung unter den Passagierenden in den Terminals war gemischt. Einige Passagiere erfuhren erst vor Ort von den Einschränkungen durch den Streik. Am Terminal der Fluggesellschaft Iran Air bildete sich eine lange Schlange. Insgesamt war die Lage am Airport nach eigenen Angaben aber ruhig.

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Angesichts der vielen Flugausfälle sprach Lars Stubbe, Gewerkschaftssekretär bei Verdi Hamburg von einem „erfolgreichen Streik“. Zwar verstehe man den Ärger der Passagiere, aber das kurzfristige Ankündigen des Arbeitsausstandes sei „so etwas wie Notwehr“.

Gäbe man einen längeren zeitlichen Vorlauf, würde AHS reagieren, Arbeitskräfte von anderen Flughäfen und Führungskräfte heranziehen und so Streikbrecher organisieren. Es sei auch Aufgabe der Gewerkschaft dafür zu sorgen, dass der Arbeitgeber den Streik wirtschaftlich spürt. Am Vormittag versammelten sich einige Dutzend AHS-Beschäftige auf dem Parkdeck vor Terminal 2 zu einer Kundgebung.

AHS-Geschäftsführung übt scharfe Kritik an den Forderungen von Verdi

Die Geschäftsführung der AHS kritisierte derweil den Warnstreik der Mitarbeitenden, und bezeichnet die Arbeitsniederlegung am Hamburger Flughafen als „völlig überzogen.“ In einer Stellungnahme sagte die für Hamburg zuständige Geschäftsführerin Amélie Charisius: „Die Luftfahrt in Deutschland hat schon durch die letzten Streiks im Luftverkehr insgesamt an Vertrauen verloren. Dass Verdi jetzt mit einem unangekündigten Streik den gesamten Hamburger Flughafen beeinträchtigt, stellt eine starke Belastung für die Flugreisenden und die Unternehmen am Standort dar – das ist unverantwortlich!“, so Charisius.

Nach Angaben von AHS wurde den Mitarbeitenden zuletzt ein Angebot unterbreitet, dass bis zu 20 Prozent mehr Lohn geführt hätte. Verteilt auf drei Schritte sollten 2,40 Euro pro Stunde mehr gezahlt werden. Darüber hinaus wurden weitere Verbesserungen in Form von Zeitaufstiegen, beim Nachtzuschlag, beim Erholungsurlaub oder bei Ausbildungsentgelten angeboten.

Das Bodenpersonal der Firma Aviation Handling Services (AHS) hatte am Montag die Arbeit am Hamburger Flughafen niedergelegt.
Das Bodenpersonal der Firma Aviation Handling Services (AHS) hatte am Montag die Arbeit am Hamburger Flughafen niedergelegt. © dpa | Gregor Fischer

Verdi hatte dieses Angebot aber abgelehnt. „Wir wissen, dass unsere Beschäftigten unter den Nachwirkungen der coronabedingten Kurzarbeit und nun zusätzlich unter der Inflationsentwicklung zu leiden haben. Deshalb haben wir deutliche Lohnerhöhungen angeboten. Der Forderungskatalog von Verdi bedeutet jedoch nach unseren Berechnungen am Ende eine mehr als 60-prozentige Kostensteigerung für die AHS Hamburg. Das ist völlig unrealistisch“, erklärte Charisius, die darauf verweist, dass das Unternehmen nach der Corona-Pandemie immer noch rote Zahlen schreibt.

Flughafen Hamburg: Bodenpersonal fordert mehr Geld

Hintergrund auch für den neuen Streik ist laut Verdi der ungelöste Tarifkonflikt bei dem Dienstleister in der Passagierabfertigung. Aktuell liegen dessen Einstiegslöhne auf dem Niveau des gesetzlichen Mindestlohnes. Das Angebot des Bodenverkehrsdienstleisters, an dem der Flughafen Hamburg mit 49 Prozent beteiligt sei, liege laut Gewerkschaft für 2023 bei 14 Euro. Andere Bodenverkehrsdienstleister am Flughafen Hamburg zahlen bereits einen tariflichen Mindestlohn von 15 Euro, diesen fordert die Verdi-Tarifkommission auch für AHS.

„Die Beschäftigten bei AHS steigen aktuell auf Höhe des gesetzlichen Mindestlohns ein, das reicht vorne und hinten nicht und führt nicht zuletzt zu Armut im Alter. Andere Bodenverkehrsdienstleister zahlen bereits jetzt mindestens 15 Euro pro Stunde“, so Stubbe.

Verdi kritisiert Verhalten der AHS-Geschäftsführung: „Haben Streik provoziert“

Aktuell herrsche die stärkste Inflation seit den 1970er Jahren, doch die Geschäftsführung beharre auf Löhnen unter dem Branchenniveau und erpresse überdies die Belegschaft, indem sie drohe, das vorliegende Angebot am Montag wieder zurückzuziehen. „Das ist absolut unverantwortlich. Damit provoziert die Geschäftsführung diesen Streik und trägt die Verantwortung dafür, wenn an den Streiktagen bei der AHS keine Passagiere abgefertigt werden“, so Stubbe.

Die Tarifverhandlungen laufen seit Anfang dieses Jahres, einen Termin für eine weitere Verhandlung gibt es laut Verdi zurzeit nicht.

Der letzte Warnstreik noch gar nicht lange her. Nach einem zweitägigen Warnstreik der Sicherheitskontrolleure war der Betrieb am Hamburger Flughafen am vergangenen Wochenende gerade erst wieder richtig angelaufen. Am Sonnabend waren die Nachwirkungen des jüngsten Warnstreiks noch zu spüren mit überfüllten Terminals und stark ausgelasteten Flügen, erst am Sonntag kam es am Flughafen wieder zu einem regulären Betrieb. Davon war am Montag am Airport nur zu träumen.