Fuhlsbüttel. Die Hamburger Fluglärmschutzinitiativen werfen der Stadt vor, ihre Zusagen zu brechen. Höhere Belastung statt besserer Klimabilanz.

Die Fluglärminitiativen haben mit harscher Kritik auf den Sommerflugplan des Hamburger Flughafens Fuhlsbüttel reagiert. Die städtischen Mehrheitseigner des „Hamburg Airport Helmut Schmidt“ hätten den versprochenen Interessenausgleich mit den Anwohnern zugunsten ihrer einseitigen Wachstumideen fallen gelassen. Der Flughafen habe die Stadtverträglichkeit abgeschrieben.

Die 1. Vorsitzende des Dachverbandes der Hamburger Fluglärminitiativen, der BIG Fluglärm, Margarete Hartl-Sorkin: „Dieser Flugplan enthält viele neue Strecken zu weiteren Zielflughäfen und wird zunehmenden Flugbetrieb mit zunehmenden Lärm- und Feinstaub-Emissionen zur Folge haben. Er entspricht nicht den heutigen Anforderungen an Klimaschutz und Stadtverträglichkeit, von Umweltbewusstsein gar nicht zu reden.“ Ähnlich äußerte sich Gebhard Kraft, 1. Vorsitzender der Notgemeinschaft der Flughafenanlieger e.V.

Wachstumskurs Fuhlsbüttels verschlechtert Umweltbilanz

Die Initiativen stören sich vor allem auch an der Selbstverständlichkeit, mit der der Flughafen den „Zugewinn“ der 14 neuen Destinationen als Erfolg präsentiert. Dies irritiert Umweltschützer und Anwohner umso mehr, als das Angebot an Langstrecken in Fuhlsbüttel gering bleibt. Denn in der Umweltbilanz ist das Flugzeug als Verkehrsmittel nur auf der Langstrecke unumstritten. Die Kurzstrecke wollen ökologisch orientierte Verkehrsplaner auf jeden Fall der Bahn vorbehalten, die Mittelstrecke gilt ebenfalls als problematisch.

„Vierzehn neue Destinationen und erheblicher Mehrverkehr auf bestehenden Strecken bedeuten eine weitere Abkehr von der im Koalitionsvertrag vorgegebenen Stadtverträglichkeit des Flughafens, eine verschlechterte Umweltbilanz und damit eine weitere Steigerung der Klimaschäden“, sagte Hartl-Sorkin. Die immer stärkere Akzent auf Billigfliegern stehe der Nachhaltigkeit entgegen. „Sie bringen Leute ins Flugzeug, die sonst anders reisen würden“, sagte Hartl-Sorkin. Nach Aussage des Flughafens haben die Billiglinien die Langstrecken noch nicht für sich entdeckt. Hartl-Sorkin: „Wir vermissen auch klare Aussagen zu der versprochenen Umstellung auf die Airbus-Neo-Serie.“

Der jüngste Jet der Airbus-Flotte gilt als deutlich leiser als bisher eingesetzten Flieger und wurde vom Flughafen als Quantensprung in der Lärmschutzfrage gefeiert. Aber der Neo-Anteil am Flugverkehr in Hamburg betrug 2016 nur 1 Prozent.

Verspätungsproblem weiter offen

Die Initiativen monierten weiter, dass der neue Flugplan „keine Problemlösung für die massiven Verspätungen und die zahlreichen problematischen Abend- und Nachtflüge erkennen“ lasse. Nach den Statistiken des Flughafens hatten die verspäteten Flüge nach 23 Uhr 2016 ein Rekordhoch erreicht – trotz der mit viel Öffentlichkeitsarbeit einhergegangenen „Pünktlichkeitsoffensive“ des Flughafens. Mittlerweile fordert auch der BUND eine Beschränkung der Fuhlsbütteler Betriebserlaubnis und damit die Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Nachtruhe zwischen 22 und 6 Uhr. In Fuhlsbüttel darf bis 23 Uhr geflogen werden.

Der Flughafen hatte allerdings im Februar einen Erfolg in Sachen Pünktlichkeitsoffensive vermeldet: Die Zahl der verspäteten Flüge im verkehrsarmen Februar sank von 22 im letzten Jahr auf 19 im Februar 2017. Im Januar hatten den 40 Verspätungen 2016 noch 51 Verspätungen im neuen Jahr gegenüber gestanden.

Fluglärm gefährdet die Gesundheit

Insgesamt nannten beide Fluglärmschutzinitiativen den neuen Flugplan „für die Umwelt- und Klimahauptstadt Hamburg mangelhaft und peinlich“. Gebhard Kraft, 1. Vorsitzender der Notgemeinschaft: „Die Bedrohung des Weltklimas nimmt weiter zu. In diesem Jahr wurden die CO2-Rekordwerte vom Mai des letzten Jahres bereits vor wenigen Tagen, also zwei Monate eher, überschritten. Hamburg muss seine Rolle als Klimahauptstadt auf allen Gebieten endlich ernst nehmen. Das gilt auch und besonders für den Flugverkehr, weil er Hauptverursacher von Klimaschäden ist.“

Die Initiativen warfen der Stadt vor, ihre Zusagen nicht einzuhalten. „Die Verantwortlichen des Luftverkehrs am Stadtflughafen Hamburg, Senat, Behörden und Erster Bürgermeister, fördern die hemmungslose Expansion des Flugbetriebs und vergessen ihre Schutzverpflichtung gegenüber der Gesundheit der Bürger“, sagte Hartl-Sorkin in Anspielung auf die wissenschaftlich nachgewiesenen, gesundheitsschädigenden Folgen von Fluglärm. Er erhöht das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Lernentwicklungsverzögerungen bei Kindern und steht im Verdacht, auch depressive Entwicklungen zu begünstigen.