Hamburg. Die Umweltbehörde spricht von automatisierter Reklamation und sieht keinerlei Anhaltspunkte für mehr Fluglärm.
Der Hamburger Flughafen meldet für das erste Quartal des Jahres eine Verfünffachung der Lärmbeschwerden. Zwischen Januar uind März liefen 4.579 Beschwerden ein, im gleichen Vorjahreszeitraum waren es 890.
Laut Mitteilung des Flughafen „signifikant“ an der Entwicklung sei die Verschiebung der Beschwerden auf die Bezirke Nord und Wandsbek. Für die Bürgerinitiativen zum Fluglärmschutz ist dagegen die explosionsartige Steigerung der Zahlen das wichtigste Ergebnis der Erhebung.
Im Bezirk Nord wuchs die Beschwerdezahl von 73 im ersten Quartal 2015 auf 2761 im ersten Quartal dieses Jahres. Die Statistik des Flughafens weist kräftige Steigerungen in fast allen Erhebungsgebieten aus, rückläufig war die Zahl der Beschwerden nur in Stormarn, wo sie von 236 auf 205 Beschwerden sank. In Wandsbek haben sich die Zahlen fast verdreifacht, im Bezirk Altona nahezu vervierfacht.
In Fuhlsbüttel können die Flieger in vier Richtungen starten bzw. landen, wobei die Bahn Richtung Innenstadt kaum genutzt wird. Die meisten Starts gehen in Richtung Niendorf bzw. Norderstedt, die meisten Landungen schweben über die Walddörfer und Langenhorn in Fuhlsbüttel ein.
Der Flughafen hat nach eigenen Angaben keine Erklärung für die hohen Steigerungsraten, zumal die Zahl der Flugbewegungen leicht gesunken sei. Auch habe es keine außergewöhnlichen Ereignisse gegeben. „Wir können uns nur ein verkürztes Bild von den Gründen machen“, sagte die Leiterin der Unternehmenskommunikation, Stefanie Harder und verwies auf die Umweltbehörde. Harder sprach aber von einer „Steigerung der Anzahl an Beschwerden pro Beschwerdeführer“. Mit anderen Worten: Einige Beschwerdeführer melden sich recht häufig.
Der Sprecher der Umweltbehörde, Jan Dube sprach von „offenbar weitgehend automatisierter Beschwerde-Erstellung. Es können täglich bis zu 60 Stück aus einer Quelle sein.“ In den Messwerten gebe es „keinerlei Anhaltspunkte“ für eine Zunahme des Fluglärms.
Die Bürgerinitativen zeigten sich überrascht von der Beschwerdelage, widersprachen aber der schon in der Vergangenheit des öfteren bemühten Theorie von professionellen Dauerbeschwerdeführern. Anhand der im Internet zu findenden Zahlen des Flughafens erklärte der Sprecher der Bürgerinitiative Alstertal Walddörfer (BAW), Martin Mosel, dass es an neun von 12 Messstellen des Flughafens lauter geworden sei. Im Februar um 1,8, im März um 1,4 Dezibel im Vergleich zum gleichen Vorjahresmonat. Diese Verschlechterung könne vielleicht der Tropfen gewesen sein, der das Fass zum überlaufen brachte. „Die meisten Leute sind bereit, bis zu einem gewissen Punkt fast alles zu ertragen. Wird er aber überschritten, ist es vorbei und es öffnen sich die Schleusen“, sagte Mosel.
„Es passiert ja nichts in Sachen Lärmschutz“, sagte Margarete Hartl-Sorkin von der BIG Fluglärm Hamburg, dem Dachverband der Bürgerinitiativen. Der noch vor der Bürgerschaftswahl im Februar 2015 mit der Politik ausgehandelte 16-Punkte-Plan zur Lärmreduzierung werde schlicht nicht umgesetzt, sagte sie. Es habe auch erhebliche Verschiebungen in der Lärmbelastung gegeben, die sich im Gegensatz zu früheren Jahren jetzt in wenigen Zeitfenstern sehr stark balle.
Im Hamburger Westen hätten die verstärkt praktizierten „Flachstartverfahren“, die die Flugzeuge länger in Bodennähe halten, zu großer Verärgerung geführt.