Hamburg. Stillstand und viele Änderungen nach dem Abriss des Restaurants Tre Castagne an der Eppendorfer Landstraße. Opposition wittert Skandal.
Zunächst ging gegen den Protest der Bürger alles ruckzuck, jetzt herrscht Stillstand am Eppendorfer Markt. Ein Jahr nach dem umstrittenen Abriss des italienischen Restaurants Tre Castagne samt der drei davor stehenden Kastanien sowie der angrenzenden Immobilien, klafft mitten in Eppendorf noch immer eine riesige Baulücke. Von den neuen Plänen für die Flächen in Top-Lage wissen bisher nur die wenigsten. Oppositionspolitiker und Anwohner, die gegen den Abriss der sechs historischen Gebäude vehement gekämpft hatten, sind empört.
Nach Informationen des Abendblatts verzögert sich der Baubeginn, weil der Eigentümer des Grundstücks des ehemaligen Restaurants Tre Castagne an der Eppendorfer Landstraße 97/Martinistraße 4 die angrenzende Fläche (Hausnummer 99 und 101) dazu gekauft hat und nun ein entsprechend größeres Gebäude auf der Fläche plant. Das bestätigt der stellvertretende Nord-Bezirksamtsleiter Tom Oelrichs. „Der Eigentümer hat im vergangenen Jahr ein Grundstück dazu gekauft und dadurch seine Pläne geändert“, sagt Oelrichs.
Eigentümer will größeres Gebäude errichten
Zum Hintergrund: Grundstückseigentümer ist der ehemalige Hamburger Fußballspieler Roberto Sciorilli. Im Februar 2015 hat ihm das Bezirksamt die Baugenehmigung für ein fünfgeschossiges Eckgebäude erteilt. Geplant waren 18 Wohnungen, ein Gastronomiebetrieb im Erdgeschoss und Gewerbe. Anwohner protestierten gegen den Abriss des Restaurants und die damit verbundenen Baumfällungen.
Nach Angaben der Behörde hat der Grundstückseigentümer für die bereits erteilte Baugenehmigung nun einen Änderungsantrag gestellt, damit er ein größeres Haus auf dem Areal errichten kann. „Der Antrag wird voraussichtlich im Mai beschieden“, sagt der Vize-Bezirksamtschef Oelrichs. Falls der Bescheid positiv ausfällt, könnte ab dem späten Frühling mit dem Bau begonnen werden. „Aber es liegt nicht in der Macht des Bezirksamts von Baugenehmigungen Gebrauch zu machen.“
Nach Informationen des Abendblatts plant Roberto Sciorilli weiterhin Mietwohnungen und Gastronomie in dem Neubau unterzubringen – jetzt allerdings in deutlich größerem Umfang.
Eigentumswohnungen statt Mietwohnungen
Auch auf dem Nachbargrundstück an der Eppendorfer Landstraße, auf dem ursprünglich die Häuser mit den Hausnummern 103 bis 109 standen, gibt es Veränderungen: Die GWG-Gruppe (Stuttgart) hat die Fläche an die Development ZBI Wohnen GmbH (Erlangen) verkauft. „Die Übergabe soll jetzt Mitte April erfolgen“, sagt der Geschäftsführer der ZBI Wohnen, Christian Reißing. Zu den Gründen für den Verkauf wurden keine Angaben gemacht. Auch über den Preis sei Stillschweigen vereinbart, heißt es.
Auch bei diesem Bauprojekt hat es inzwischen einen Änderungsantrag gegeben, der vom Bezirksamt bereits durchgewinkt wurde: Statt Mietwohnungen sollen in dem Objekt nun 32 Eigentumswohnungen entstehen. „Das ist die einzige Änderung“, sagt Christian Reißing. „Alles andere bleibt wie geplant. Wir gehen mit der bestehenden Baugenehmigung in den Vertrieb.“
Baubeginn soll Mitte des Jahres sein
Bei den Eigentumswohnungen soll es sich um sogenannte Mikro-Apartments handeln, die im Schnitt 45 Quadratmeter groß sein und ein bis drei Zimmer haben werden. Außerdem sind zwei Gewerbeeinheiten vorgesehen. Verantwortlicher Architekt bleibt weiterhin das Hamburger Büro hda – Henrik Diemann Architekten. Der Baubeginn ist für Mitte des Jahres geplant. Fertigstellung könnte Ende 2017 sein.
Zum Nachbarn, Eigentümer Roberto Sciorilli, hat die Development ZBI Wohnen GmbH keinen engeren Kontakt. „Da besteht keine Verbindung, wir errichten unsere Gebäude vom Sommer an autark“, sagt ZBI-Geschäftsführer Reißing. „Bezüglich des Bauablaufs werden wir gegebenenfalls Absprachen mit ihm treffen, um da, wo es möglich ist, doppelten Aufwand auch im Sinne der Anwohner zu vermeiden.“
Oppositionspolitiker sind empört
Scharfe Kritik an den aktuellen Entwicklungen an der Eppendorfer Landstraße üben Oppostionspolitiker. „Es ist eine Frechheit, dass wir nichts von den neuen Plänen wissen“, sagt Ekkehart Wersich, Vize-Fraktionsvorsitzender der CDU-Bezirksfraktion. „Wenn die Bezirksgremien darüber nicht informiert worden sind, ist das ein Skandal“, sagt er. Wichtig sei, dass auf dem Areal nun endlich gebaut werde.
Auch die Linken-Fraktion im Bezirk Nord ist verärgert: „ Das Bezirksamt hat weder die Parteien in der Bezirksversammlung noch die Mitglieder des Bauausschusses Eppendorf/Winterhude oder des Regionalausschusses informiert, dass der Besitzer gewechselt hat und dass es Änderungen in den Baugenehmigungen gibt oder geben wird", sagt die Linken-Fraktionschefin Karin Haas.
Vize-Bezirksamtschef weist Vorwürfe zurück
Auf Nachfragen nach den Gründen für die Nichtbebauung seit einem Jahr sei ihr gesagt worden, die Baugenehmigung sei erteilt, nun sei es Sache des Bauherren diese umzusetzen. "Ich empfinde das als Missachtung der Abgeordneten im Bezirk und gegenüber der Eppendorfer Bevölkerung, die den Schandfleck am Eppendorfer Markt täglich ertragen müssen", sagt Haas. "Erst der eilige Abriss der Gebäude innerhalb einer Woche und die Fällung der drei Kastanien in einer Nacht- und Nebelaktion vor einem Jahr und jetzt die monatelange Verzögerung der Neubebauung ohne jegliche Information von Seiten des Bezirksamtes – das ist unglaublich."
Vize-Bezirksamtschef Tom Oelrichs weist die Vorwürfe der Opposition von sich. Er sagt: "Das Bezirksamt hat die Bezirksversammlung laufend über beide Vorhaben informiert."