Hamburg . Bagger rückten am umkämpften Grundstück an. Vertrauensmann des Bürgerbegehrens reicht Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ein.
Seit 7 Uhr ist das Tre Castagne an der Ecke Eppendorfer Landstraße/Martinistraße Geschichte. Mit schwerem Baustellen-Gefährt und Baggern rückten die Bauarbeiter am frühen Donnerstagmorgen an und begannen sogleich mit den ersten Abbruch-Arbeiten. Drei Stunden später waren Teile des markanten Daches mit dem Fachwerkgiebel sowie der Eingang des ehemaligen Restaurants bereits dem Erdboden gleichgemacht.
„Dass die Abriss-Arbeiten heute beginnen, haben wir erst gestern Abend zufällig von Bauarbeitern erfahren“, sagt Karin Haas von der Linksfraktion und Mitglied der Initiative „Wir sind Eppendorf“. Gemeinsam mit weiteren Eppendorfern setzt sich die Initiative seit zwei Jahren für den Erhalt des Ensembles ein. Erst Dienstag hatten sie verhindert, dass die drei Kastanien, die dem alten Brauhaus seinen Namen gaben, abgeholzt wurden.
Auch an diesem Tag sind sie wieder zur Stelle. Allen voran Gabriele König vom Nabu Hamburg: „Die Bauarbeiter fingen einfach mit ihren Abriss-Arbeiten an, ohne die Kastanien ausreichend zu schützen“, sagt sie und atmet tief durch, gerade ist sie von einem Gespräch mit der zuständigen Abteilung im Bezirksamt-Nord zurückgekehrt. „Die schweren Fahrzeuge beschädigen die Wurzeln der Kastanien, die hier nicht besonders tief liegen.“ Deshalb hat das Bezirksamt am Donnerstag eilig Baummanschetten an den Bäumen angebracht.
Zwei Tage zuvor, am Dienstag, hatte das Bezirksamt-Nord für das umkämpfte Grundstück eine Abriss-Genehmigung erteilt. Bereits im November 2013 hatte sich die Bezirksversammlung für eine Baugenehmigung des Grundstücks ausgesprochen. Allerdings nur unter der Voraussetzung, dass die Bäume erhalten bleiben. Im selben Jahr erhielt der Investor, der ehemalige Hamburger Fußballspieler Roberto Sciorilli, einen positiven Bauvorbescheid. Und eine Fällgenehmigung für die Kastanien.
Allerdings fehlt laut Gabriele König vom Nabu mindestens ein Gutachten, das das Abholzen der Bäume überhaupt erst ermöglicht. „Hierfür bedarf es eines tierökologischen Gutachtens“, sagt König. Und weiter: „In einer Kastanie nisten Vögel, dann dürfen die Bäume sowieso nicht gefällt werden.“
Eine Tatsache, die Katja Glahn vom Bezirksamt-Nord bestätigt: „Sollte das tierökologische Gutachten tatsächlich ergeben, dass die Bäume als Lebensraum dienen, werden die Bäume natürlich nicht gefällt.“ Das hätte möglicherweise zur Folge, dass das Bauvorhaben zumindest teilweise zum Erliegen käme. Der Investor Sciorilli plant neben 18 Wohnungen, einem Gastronomiebetrieb im Erdgeschoss und Gewerbe, auch eine Tiefgarage zu bauen. Sollten die Kastanien erhalten bleiben, könnten ihre Wurzeln beim Bau der vorgeschriebenen Tiefgarage zu Schaden kommen. Deshalb plädiert Rafael Villena Villena, der Anwalt des Investors, dafür, dass neue Bäume gepflanzt werden. Die Vögel in den Kastanien allerdings würden die Tiefgarage-Pläne des Investors nun kreuzen.
Den Bezirk könnten die Verzögerungen teuer zu stehen kommen. Denn der Investor könnte diesen verklagen. Die Schadenersatzsumme dürfte nach Auskunft von Villena mindestens siebenstellig sein. Der Anwalt wirft den Abgeordneten der Bezirksversammlung „widerrechtliches Handeln“ vor. Immerhin hätten sie den positiven Bauvorbescheid gekannt und wüssten, was auf den Bezirk zu käme.
Die Eppendorfer indes geben den Kampf um den Kern ihres Stadtteils nicht auf. Mit einem Transparent stehen sie am Bauzaun, darauf zu lesen: „Abriss lässt die Mieten steigen“. Seit November halten viele Mitglieder der Initiative „Wir sind Eppendorf“ regelmäßig eine Mahnwache vor dem Brauhaus ab. Bereits 5500 Unterschriften haben sie seitdem für den Erhalt des Ensembles gesammelt, sagt Götz von Grone, einer der Köpfe der Initiative.
Weil der Bezirk diese aber ignorierte, hat die Initiative am Dienstag das Bürgerbegehren gestartet. Zwei Tage später ist von Grone noch einen Schritt weitergegangen. Über seinen Anwalt hat er einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung beim Verwaltungsgericht eingereicht. „Jetzt heißt es abwarten“, sagt er.
Unterdessen ist beim Bezirksamt-Nord ein Widerspruch gegen die Teilgenehmigung für das Fällen der drei Kastanien eingegangen. „Der Widerspruch liegt vor und wird derzeit geprüft“, sagt Katja Glahn vom Bezirksamt-Nord.