Hamburg . Der Streit um die Umgestaltung der Eppendorfer Landstraße schwelt seit Jahren. Jetzt beginnt der Abriss der ersten Häuser. Initiative startet Bürgerbegehren.

Was wird aus dem alten Brauhaus in Eppendorf? Um das Eckgebäude mit dem Fachwerkgiebel und den drei Kastanien vor der Tür, in dem zuletzt das italienische Restaurant Tre Castagne war, schwelt seit Jahren ein zäher Kampf. Der Eigentümer will das markante Gebäude abreißen und dort ein mehrstöckiges Wohnhaus errichten. Dagegen gibt es massiven Widerstand im Stadtteil. Die Fronten sind klar, passiert ist allerdings seit gut einem Jahr nichts. Jetzt kommt Bewegung in die Sache. Im Zuge der geplanten Umgestaltung der so genannten kleinen Eppendorfer Landstraße starten im März die Abrissarbeiten auf den Nachbargrundstücken 99-101 und 103-109. Von Juli an soll dort neu gebaut werden.

Auch für das umkämpfte Brauhaus-Grundstück Eppendorfer Weg/Martinistraße hat das zuständige Bezirksamt Hamburg-Nord nach Informationen des Hamburger Abendblatts gerade eine Abrissgenehmigung erteilt. Damit scheint das Ende des historischen Kerns Eppendorfs jetzt unweigerlich gekommen zu sein. Aber die Eppendorfer geben den Kampf nicht auf. Mit einem Bürgerbegehren will die Initiative „Wir sind Eppendorf“ den Erhalt des Ensembles erreichen. „Das Brauhaus ist im Kern eines der ältesten Gebäude Hamburgs und prägt das Bild des Stadtteils“, sagt Götz von Grone, einer der Vertrauensleute des Bürgerbegehrens.

Bezirksamt lehnt das Bürgerbegehren ab

Allerdings hat der Bezirk Hamburg-Nord die Volksbefragung in der vergangenen Woche für unzulässig erklärt. „Die Forderungen sind rechtswidrig“, sagt der zuständige Dezernet Tom Oelrich auf Anfrage des Abendblatts. Als Grund nannte er die Eigentumsrechte des Grundstücksbesitzers als auch den bereits Ende 2013 erteilten Bauvorentscheid. „Der hat weiterhin Gültigkeit.“ Inzwischen haben die Initiatoren Widerspruch gegen die Ablehnung angekündigt, unter anderem weil vor der Erteilung des Bauvorentscheids die Nachbarn nicht informiert worden waren. Auch einige Nachbarn haben dem Entscheid widersprochen.

Die Sache ist kompliziert. Das hat auch damit zu tun, dass die ersten Pläne eine komplette Umgestaltung des Straßenabschnitts mit den zwei- und dreistöckigen teilweise baufälligen Häusern vorgesehen hatten. Das Neubau-Projekt war gescheitert, nach der Investor nicht alle Grundstücke erwerben konnte. Jetzt gibt es für die Flurstücke drei verschiedene Besitzer mit unterschiedlichen Bauplänen.

Die neuen Fassaden sollen Stadtbild aufnehmen

Das Grundstück 103 - 109 hat die GWG Gesellschaft für Wohnungs- und Gewerbebau Baden-Württemberg (Stuttgart) gekauft. Das Hamburger Büro henrik diemann Architekten baut dort 32 Ein- und Zwei-Zimmerwohnungen in einer Größe von 40 bis 55 Quadratmetern. Im Erdgeschoss entstehen auf 300 Quadratmetern zwei Ladengeschäfte. „Wir wollen die Kleinteiligkeit des Stadtbildes in der Fassade des Neubaus aufnehmen“, verspricht Architekt Diemann, der auf Singles und Paare als Mieter an der stark befahrenen Straße setzt. Bis Mitte 2016 soll das Projekt abgeschlossen sein.

Animation des Neubaus Eppendorfer Landstraße 103-109
Animation des Neubaus Eppendorfer Landstraße 103-109 © henrik diemann Architekten

Auch auf dem angrenzenden Areal mit den Hausnummern 99 - 101 soll ein fünfstöckiges Wohnhaus entstehen. Besitzer ist nach Informationen des Hamburger Abendblatts der niedersächsische Immobilien-Unternehmer Boris Campanale. Laut der Internetseite seiner Firma „Freiform“ plant er für den Standort Eppendorf ein Zehn-Familienhaus mit Ladenflächen und Tiefgarage. Campanale war am Dienstag für weitere Nachfragen nicht zu erreichen.

Für das Grundstück des ehemaligen Tre Castagne liegt nach Angaben einer Bezirkssprecherin ein Bauantrag vor. Dort soll ein Wohn- und Geschäftshaus mit 18 Wohnungen, Ladenflächen und Tiefgarage entstehen. Allerdings seien bislang weder eine Baugenehmigung noch eine Fällgenehmigung für die drei Kastanien erteilt worden. Nach mehreren Besitzerwechseln gehört das Grundstück nun offenbar der Hamburger Familie Sciorilli.

Initiative will notfalls vor Gericht ziehen

Trotzdem wollen die Gegner des Abrisses sich nicht geschlagen geben. Seit November steht jeden Sonnabendmittag eine Mahnwache vor dem Brauhaus. „Wir haben 5500 Unterschriften für den Erhalt des Gebäudes gesammelt“, sagt „Wir sind Eppendorfer“-Aktivist von Grone. Weil der Bezirk diese ignoriert habe, hätte die Initiative jetzt das Bürgerbegehren gestartet. Er kritisiert auch den Denkmalschutz, der das mehr als 200 Jahre alte mehrfach umgebaute Gebäude als nicht schutzwürdig eingestuft hatte. Inzwischen macht sich auch der Nabu für den Erhalt der ortsprägenden Kastanien stark. „Wir sammeln weiter Unterschriften“, sagt von Grone. Notfalls werde man auch gegen den Abriss klagen.

Bedenken gibt es auch wegen des Baugrunds und einer möglichen Erhöhung des Grundwasserspiegels durch die Großbaustelle. Inzwischen hat sich auch die bekannte Seglerin Dagmar Hilcken in die Kontroverse eingeschaltet und ein Treffen organisiert, bei dem am Dienstagabend über alternative Nutzungsideen für das Brauhaus nachgedacht werden sollte. Nach ihren Worten hat unter anderem die Steakhaus-Kette Block House Interesse signalisiert.