An der Forsmannstraße in Winterhude sollen 38 Wohnungen entstehen. Nachbarn sorgen sich um ihre Sicherheit. Die Abbrucharbeiten können noch Monate dauern.

Winterhude. Der Boden bebt, das Wasser in den Gläsern schwappt, dazu dumpfer Lärm. Gemütlich ist es nicht gerade in der Küche von Anja B., obwohl sie nett eingerichtet ist. Doch nebenan wird gerade ein Bunker abgerissen, um Platz zu schaffen für 38 Neubauwohnungen. Zwei Bagger, die per Kran aufs Dach des massiven Gebäudes an der Forsmannstraße gehievt wurden, arbeiten sich mit Fräsen durch die meterdicke Betondecke.

Für die Nachbarn bedeutet das seit Wochen tagsüber Lärm, Erschütterungen, Dreck und ein ständiges An- und Abfahren großer Lastwagen vor dem Haus. Ohne diese Unannehmlichkeiten hätte Anja B. die Altbauwohnung in dem beliebten Winterhuder Viertel allerdings nicht bekommen, denn ihre Vormieterin, die ausschließlich im Homeoffice arbeitet, wäre nicht ausgezogen. Erst Dienstag ist B., 34 Jahre alte Finanzexpertin, eingezogen. „Im Mietvertrag bin ich auf die Beeinträchtigungen hingewiesen worden“, sagt sie. Sie nimmt es gelassen. „Ab nächster Woche fange ich an zu arbeiten. Dann stört mich der Lärm nicht.“

Bei Mieterin Andrea Meyn (Name geändert) ist das anders: Sie ist mit ihrem Sohn auch nachmittags zu Hause. Was sie besonders besorgt: „Kürzlich sind Betonstücke von oben in den Innenhof geschleudert worden und haben dort ein Auto beschädigt“, sagt sie. „Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn jemand das auf den Kopf bekommen hätte.“

Bis auf die Rückseite ist der Bunker mit einer Plane eingehüllt. „Das bietet keinen ausreichenden Schutz vor herabfallenden Teilen“, sagt Angela Boll von der Initiative „Wir sind Winterhude“, die sich vergeblich gegen den Bunkerabriss gewehrt hatte. „Auch Staub und Lärm werden dadurch kaum abgehalten.“ Dabei habe der Firma Otto Wulff, die den denkmalgeschützten Bunker gekauft und aus wirtschaftlichen Gründen eine Abrissgenehmigung erhalten hatte, offensichtlich ein Angebot für eine bessere Schutzmaßnahme vorgelegen. So habe ein Abbruchunternehmen angeboten, den kompletten Bunker mit einem speziellen Schutzsystem einzurüsten und mit Schallschutzplatten zu verkleiden. „Das war dem Investor wohl zu teuer“, so Boll. „Die Nachbarn aber wären weniger belästigt und gefährdet worden.“ Die Firma Otto Wulff weist das von sich. Das entsprechende Angebot habe sich auf ein ganz anderes Abbruchverfahren bezogen, nämlich Lockerungssprengungen in Kombination mit einer Hydraulikhammertechnik. Es könne im Sinne aller Beteiligten nur als positiv bewertet werden, dass dieses Verfahren nicht zur Umsetzung gekommen sei.

Die Äußerungen der Firma Wulff finden sich auf der Internetseite www.forsmannbunker10.de, die über die Baumaßnahmen und die geplanten 38 Neubauwohnungen informiert und in einem Blog die Möglichkeit bietet, sich auszutauschen. Auch dieser Internetauftritt ist der Initiative ein Dorn im Auge. „Hier wird offensichtlich, dass Stadt und Investor viel zu eng zusammenarbeiten“, sagt Karin Haas, Vorsitzende der Partei Die Linke im Bezirk Hamburg-Nord und Mitglied bei „Wir sind Winterhude“. Auf der Startseite wirbt Michael Bigdon, Baudezernent im Bezirk Nord, für das Vorhaben. Und erstellt wurde die Homepage von der Projektentwicklungsgesellschaft Konsalt, deren Geschäftsführerin Margit Bonacker im Denkmalrat sitzt – einem eigentlich unabhängigen Beirat der Kulturbehörde. „Die Firma Konsalt ist aufs Engste mit der Immobilienwirtschaft verbunden und keineswegs neutral“, sagt Hartmut Ring, ebenfalls von der Initiative. Da stelle sich die Frage, ob bei der Aufhebung des Denkmalschutzes für den Bunker alles mit rechten Dingen zugegangen sei.

Die Abbrucharbeiten können noch Monate dauern. Ist das Dach abgefräst, werden im Inneren die Betonwände bis auf 40 Zentimeter verdünnt und „eingefaltet“. Die derzeitigen Erschütterungen wurden gerade im Nachbarhaus gemessen. Laut Otto Wulff wurden die Grenzwerte für „erschütterungsempfindliche Gebäude“ nicht erreicht.