Eigentümer Dieter Dittmann fühlt sich von den Behörden schikaniert. Er sieht einen Zusammenhang mit der geplanten Umsetzung des Masterplans Elbbrücken.

Rothenburgsort. Hinter den dunkelroten Backsteinen verbergen sich zwei Meter dicke Betonwände. Im Zweiten Weltkrieg boten sie bis zu 1800 Menschen Schutz bei Fliegeralarm. Vor vier Jahrzehnten mietete der damals 17-jährige Musiker Dieter Dittmann den Rothenburgsorter Rundbunker als Proberaum und Tonstudio; Anfang der 1990er-Jahre kaufte er dem Bundesvermögensamt den ganzen Turm ab. Mit Freunden gründete er die „Kulturinitiative Lunaturm“ und richtete das mittlerweile denkmalgeschützte Gebäude als privates Veranstaltungszentrum her. Es gab Kunstausstellungen, Konzerte und Lesungen, eine Bar und ein Café. Das professionelle Tonstudio mit Proberaum im unteren Bereich wurde fast täglich genutzt.

Lange schien sich niemand an der Nutzung des Bunkers an der Billhorner Brückenstraße zu stören. Auf einen Nutzungsänderungsantrag, den Dittmann 2002 gestellt hatte, weil er den Lunaturm als Kulturzentrum auch der Öffentlichkeit zugänglich machen wollte, hatte es nie eine Reaktion gegeben. Seitdem das Bezirksamt im letzten Jahr aber den Bebauungsplan-Entwurf Rothenburgsort 17 präsentierte, interessierten sich außer dem Denkmalschutzamt auch Bauamt, Feuerwehr und das Amt für Stadt- und Landschaftsplanung für das Gebäude. Und plötzlich hat Dittmann jede Menge Schwierigkeiten.

Mit dem Bebauungsplan will der Bezirk Hamburg Mitte jetzt wesentliche Zielsetzungen des 2007 vom Senat abgesegneten „Masterplans Elbbrücken“ umsetzen, mit dem das südöstliche Entrée Hamburgs attraktiver werden soll. Das gesamte Gebiet zwischen Veddel und Heidenkampsweg soll entwickelt werden – darunter weite Teile von Rothenburgsort, inklusive des mehr als zehn Hektar großen Huckepackbahnhofs.

Die Fläche zwischen den Bahntrassen sollen von Gewerbe genutzt werden, dorthin wird beispielsweise der Opernfundus ziehen. Entlang der Billhorner Brückenstraße, die über die Elbbrücken zur Autobahn A1 führt, sollen sechsgeschossige Bürohäuser entstehen. Sie werden dem Eingangsbereich der Stadt ein neues Gesicht geben, Bindeglied zwischen östlicher HafenCity und Rothenburgsort sein und ein südlich der Bahntrassen geplantes Wohngebiet vom Verkehrslärm abschotten.

Um das Vorhaben verwirklichen zu können, muss die gesamte Verkehrsführung geändert werden. Die östlich der Billhorner Brückenstraße gelegenen Zu- und Abfahrtsrampen etwa, von denen eine den Lunaturm umrundet, sollen verschwinden und komplett überbaut werden.

Genau das könnte ein Grund für seine Probleme sein, meint Dittmann. „Der Lunaturm steht den Plänen im Weg. Solange er in meinem Besitz ist, muss der Investor eine Distanz von acht Metern wahren.“ Er wisse nicht, ob es vorsätzliche Schikane oder mangelhafte Kommunikation der Behörden sei, was er in den letzten Monaten erlebt habe.

Bußgeld wegen illegaler Nutzung

Zunächst verhängte das Bauamt ein Nutzungsverbot und ein Bußgeld von 1000 Euro wegen illegaler Nutzung. Er sei aus allen Wolken gefallen, sagt Dittmann. „Dass nie auf meinen Nutzungsänderungsantrag reagiert wurde, habe ich als stillschweigendes Anerkennen gedeutet.“ Sein Anwalt konnte das Bußgeld zwar abwenden, doch schon tauchte das nächste Problem auf: Neue Notausgänge mussten her.

2005 hatte Dittmann auf Anordnung des Bauprüfamts bereits einen Rettungsweg hergestellt und die übereinander liegenden Bodenluken zwischen den Bunker-Etagen mit Leitern verbunden. Das wird jetzt als nicht mehr ausreichend betrachtet. Ein Fenster, an dem die Feuerwehr im Notfall „anleitern“ kann, sollte erst in die Wand, dann doch ins Dach – durch eine drei Meter dicke Betonschicht.

Dittmann beauftragte einen Architekten. „Er hat innerhalb eines Jahres in Absprache mit Denkmalschutzamt, Bauamt und Feuerwehr drei Entwürfe gemacht, die dennoch immer wieder abgelehnt wurden“, sagt der Musiker. Eine weitere Möglichkeit wurde kürzlich schon im voraus vom Denkmalschutz abgewiesen. „Trotzdem soll der Architekt noch einen Entwurf machen, damit dieser dann formell abgelehnt werden kann“, sagt Dittmann. Dafür würde erneut eine saftige Gebühr fällig. Dabei musste er sich schon Geld leihen, um den Architekten für die ersten drei Entwürfe bezahlen zu können.

In der Vergangenheit konnte Dittmann – trotz der jetzt monierten Brandschutzmängel – zweimal beim „Tag des offenen Denkmals“ mitmachen. Denn der 1940 erbaute Turm, dessen Inneres sich einem Schneckenhaus gleich über fünf Etagen nach oben windet, ist nicht nur als Ort des Überlebens interessant. Auf seinen Wände prangen Gemälde des Hamburger Künstlers Max Ahrens, dem in Mölln ein Museum gewidmet ist – Dittmann hatte damals verhindert, dass sie übermalt wurden und wollte sie der Öffentlichkeit zeigen. „Für dieses Engagement habe ich vom Senat eine Ehrung bekommen“, sagt Dittmann. Auch bei der Gedenkfeier zur Operation Gomorrha kürzlich wollte er mitmachen. Diesmal wurde sein Ansinnen abgelehnt.

Wie es weitergehen soll, weiß er nicht. An eine gewerbliche kulturelle Nutzung des Lunaturms ist schon lange nicht mehr zu denken. Selbst wenn sich Denkmalschutzamt und Bauamt auf einen Notausgang einigen könnten, wäre der obere Bereich, in dem sich eine im Hundertwasser-Stil verzierte Bar befindet, nur für 30 Personen zugelassen. „Das rechnet sich wirtschaftlich nicht. Außerdem wäre der Umbau zu teuer“, sagt Dittmann, der sich seit Jahren keinen Urlaub leisten kann. Die Instandhaltung und die Betriebskosten des Turms werden privat und mit Hilfe der Kulturinitiative getragen, ein Teil auch durch Werbeflächen draußen. Verkaufen will Dittmann aber auf keinen Fall – gerade erst hat sein Sohn das Tonstudio übernommen.

Im Bezirksamt zeigt man sich zuversichtlich. „Es ist nie ganz einfach, Sicherheitsbelange und Denkmalschutzaspekte unter einen Hut zu bekommen“, sagt Sorina Weiland, Sprecherin des Bezirksamtes Hamburg Mitte. Sie sei aber sicher, dass für den Lunaturm ein Kompromiss gefunden werde.