Hamburg. Matthias Riedl sieht die Vitamin- und Nährstoffinfusionen extrem kritisch. Aber auch bestimmte Energydrinks seien schädlich. Mit Video.
Es vergeht kaum ein Tag, an dem in den sozialen Medien nicht ein neuer Ernährungstrend beworben wird. Viel von sich reden machen derzeit beispielsweise sogenannte Drip-Bars, in denen die Kundinnen und Kunden Infusionen mit Vitamin- und Nährstoffcocktails bekommen. Auch für unterschiedliche Proteinshakes und Energydrinks gibt es auf Instagram eine Art Dauerwerbeblock.
„Wenn man sich für gesunde Ernährung einsetzt wie ich, dann muss man auch klar Stellung beziehen zu dem, was nicht gesund ist. Deshalb will ich über ein paar Beispiele sprechen, die mich fassungslos machten“, sagt der Ernährungs-Doc im Podcast „Dr. Matthias Riedl. So geht gesunde Ernährung“.
Ernährungs-Doc Riedl kritisiert Infusionen mit Vitaminen und Kochsalzlösung
Kritisch sieht er etwa das Angebot von Drip-Bars, wo unterschiedliche Infusionen verabreicht werden. Er habe sich ein paar dieser Angebote angeguckt, sagt Riedl, unter anderem ein „Hangover“-Angebot, damit der Kater schneller abklingt, wenn man beim Alkohol über die Stränge geschlagen hat. Diese Infusion enthalte Vitamine und eine Kochsalzlösung.
„Die Idee dahinter ist, dass das direkt ins Blut geht und nicht über den Magen-Darm-Trakt muss. Sie ist hochdosiert und wird direkt aufgenommen vom Körper.“ Das stimmte zwar, „aber wir brauchen das ja gar nicht“, sagt der Ärztliche Direktor des Medicums Hamburg. „Das, was wir nicht brauchen, wird nicht dadurch besser, dass wir es direkt in den Körper schießen.“
Das Argument, der Körper brauche dann zusätzliche Vitamine, sei falsch. Ein Kater verursache nicht sofort Vitaminmangel, so schnell gehe das nicht, das sei erst bei regelmäßigem Alkoholmissbrauch und schlechter Ernährung der Fall, sagt Matthias Riedl. Diese Infusionen seien zudem nicht ohne Risiken, beispielsweise für jemanden mit einer Herz- oder Nierenschwäche. Wer sich wiederholt solche Infusionen geben lasse, gerate in die Gefahr einer dauerhaften Überdosierung.
Achtung: Bei Infusionen können laut Dr. Riedl Keime ins Blut gelangen
Bei der Infusion könnten auch Keime in die Blutbahn gelangen. „Es kann theoretisch zur Infektion und zur Blutvergiftung kommen. Das ist bei medizinischen Maßnahmen eine Kosten-Nutzen-Abwägung. Hier ist es aber völlig überflüssig“, so Riedl. Grenzwertig findet der Mediziner auch, dass medizinisches Fachpersonal in den Drip-Bars unsinnige medizinische Maßnahmen vollbrächten, die auch noch mögliche schädigende Nebenwirkungen haben könnten. „Da müsste eigentlich die Ärztekammer einschreiten“, fordert der Ernährungsmediziner. Die Deutsche Gesellschaft für innere Medizin warne jedenfalls davor. Auch zur Wirksamkeit gebe es keine Studien. „Die Betreiber sagen ja selber, es gibt keinen Wirknachweis.“ Aber es werde der Eindruck erweckt, dass es gesund sei.
Wenn sich die Menschen nach so einer Behandlung besser und frischer fühlten, verwundere ihn das auch nicht, sagt Riedl. „Es ist ein Placebo-Effekt. Wir können uns super viel einbilden.“ Aber statt der Infusion seien auch ein Liter Tee und Gewürzgurken hilfreich. Und das koste nicht Hunderte von Euros. „Das Angebot von Drip-Bars ist Scharlatanerie. Es ist für niemanden von Nutzen, außer für die Betreiber“, sagt Riedl.
Ernährungs-Doc Riedl kritisiert Energydrinks mit hohem Koffein und fordert Verbot
Auch den Konsum von Energydrinks hatte der Ernährungs-Doc in der Vergangenheit schon mehrfach kritisiert. Aktuell nimmt er konkret die Getränke von Prime ins Visier, die damit werben, dass kein Zucker zugesetzt sei. „Die Verpackungen sind bunt, sie zielen auf Jugendliche und junge Erwachsene ab.“ Hinter den Produkten steckten Influencer mit 100 Millionen Followern, sagt Riedl. Das Problem in seinen Augen: „Es dreht sich hier um Produkt der Nuva-Klasse vier, es ist höchst verarbeitet, und bei diesen Produkten besteht gar kein Zweifel, dass sie uns krank machen. Sie erhöhen das Diabetesrisiko, das Risiko für Herzinfarkt, und es gibt noch andere Komplikationen.“
Das Hype-Getränk Prime enthält laut Riedl zudem 60 Gramm Zucker pro Flasche und dazu noch sehr viel Koffein und Taurin, einen Eiweißstoff, der für sich genommen unbedenklich sei, aber in dieser Kombination im Verdacht stehe, Herzrhythmusstörungen zu fördern. Riedl sagt, drei Länder, Kanada, Australien und Slowenien hätten die Prime-Getränke bereits verboten. Das sei auch für Deutschland überfällig. Das Mindeste jedenfalls sei eine Altersbeschränkung.
Ärztlicher Direktor des Medicums Hamburg nimmt Trinkmahlzeiten unter die Lupe
In Supermärkten gibt es aktuell ganze Regalmeter mit unterschiedlichen Geschmacksrichtungen der Trinkmahlzeit This is Food von yfood. Experten warnen vor übermäßigem Konsum und verstecktem Zucker. Auch Matthias Riedl ist angesichts der Inhaltsstoffe skeptisch: „Das Ganze ist sozusagen Astronautenkost aus isolierten Zutaten, mit irre vielen Vitaminen, als würde man im Weltall herumfliegen und hätte nichts anderes als dieses hier.“ Außerdem sei viel Aroma zugesetzt. Was Konsumenten ebenfalls klar sein sollte: Die Produkte sind sehr kalorienreich. „Das konterkariert eine Stunde intensiven Sport.“ Riedl sagt dazu: „This is Food ist jedenfalls kein gesundes Essen.“
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Bei all diesen modernen Produkten haben Influencer einen großen Anteil am Erfolg, sagt der Ernährungs-Mediziner: „Da sind unheimliche Margen drin, weil die Herstellung solcher Produkte wenig Einsatz erfordert. Man kann damit sehr schnell sehr, sehr reich werden.“
Dr. Riedls Rezeptempfehlung: Dinkel-Döner mit Gemüse und Dip
Für 4 Personen pro Portion: ca. 765 kcal, 22 g EW, 44 g F, 67 g KH, 7 g BST
ZUTATEN:
Für die Fladen: 250 g Dinkelmehl (Type 630), 1 TL Backpulver, 250 g Joghurt (3,8 % Fett), 2 EL Olivenöl, 2 TL Salz, Mehl zum Ausrollen, Olivenöl zum Ausbacken.
Für die Füllung: je 1 Gelbe, Weiße und Ringel-Bete, ¼ Spitzkohl, 3 Tomaten, 1 rote Zwiebel, 2 Knoblauchzehen, 1 haselnussgroßes Stück Ingwer, 15 Stiele Petersilie, 10 Stiele Koriander, 1 Bio-Zitrone, 4 EL Olivenöl, Salz, Pfeffer aus der Mühle, 2 Prisen Baharat (arab. Gewürzmischung), 2 TL Schwarzkümmelöl, 1 TL Honig, 1 TL ganzer Schwarzkümmel, 150 g Feta (Schafskäse).
Für den Dip: 100 g griech. Joghurt, 2 Knoblauchzehen, 2 Prisen Baharat, Salz und Pfeffer aus der Mühle, abgeriebene Schale und Saft von ½ Bio-Zitrone, ½ TL Schwarzkümmelöl, 3 EL Olivenöl.
ZUBEREITUNG:
1. Für die Fladen Mehl und Backpulver in einer Rührschüssel mischen. Joghurt, Öl und Salz hinzufügen und alles – am besten mit den Händen – zu einem glatten Teig verkneten. Falls der Teig zu weich ist, noch etwas Mehl dazugeben. Den Teig abgedeckt etwa 15 Minuten ruhen lassen.
2. Den Teig in 4 Stücke teilen, jedes Teigstück nochmals durchkneten, zu einer Kugel formen und flach ausrollen. Jeweils etwas Öl in einer Pfanne erhitzen und die Fladen darin nacheinander auf jeder Seite ausbacken, bis sie Farbe angenommen haben.
3. Für die Füllung die Beten putzen, gründlich waschen und auf der Gemüsereibe fein raspeln. Äußere Blätter und harten Strunk vom Spitzkohl entfernen und den Kohl in feine Streifen schneiden. Tomaten waschen und würfeln, dabei die Stielansätze entfernen. Zwiebel schälen, halbieren und in Halbringe schneiden. Knoblauch schälen, Ingwer abschaben, beides fein hacken. Petersilie und Koriander waschen, trocken schütteln und fein hacken. Zitrone heiß waschen, abtrocknen und die Schale eines Viertels fein abreiben, Zitrone halbieren und auspressen.
4. Beten, Kohl, Tomaten und Zwiebel gut mischen. Mit Öl, Salz, Pfeffer, Baharat, Schwarzkümmelöl, Honig, Schwarzkümmel, Knoblauch und Ingwer, Koriander und Petersilie, Zitronensaft und -schale vermengen. Alles bis zum Servieren ziehen lassen.
5. Für den Dip den Joghurt in einen hohen Becher oder ein Glas geben. Knoblauch schälen und etwas zerkleinern. Baharat (es geht auch scharfes Paprikapulver und etwas Chilipulver), 2 Prisen Salz, Zitronenschale und -saft, Pfeffer, Schwarzkümmelöl und Olivenöl dazugeben und alles mit dem Stabmixer fein pürieren.
6. Zum Servieren jeweils 1 Fladen auf ein großes Blatt Backpapier legen und in die Mitte einen Streifen Gemüse-Mix geben. Jeweils ein Viertel des Fetas darüber bröseln und mit Dip beträufeln. Etwa ein Viertel des Fladens über die Füllung nach oben klappen – so kann unten nichts heraustropfen –, anschließend die Fladenseiten rechts und links einklappen.
Ernährungs-Doc Riedl gibt speziellen Tipp aus seinem Buch „Iss besser!“
Natives Schwarzkümmelöl enthält 50 bis 60 Prozent Linolsäure, eine mehrfach ungesättigte Fettsäure. Als essenzielle Fettsäure müssen wir diese über die Nahrung aufnehmen, da unser Körper sie nicht selbst herstellen kann. Linolsäure kann zwar das Cholesterin senken, allerdings wird aus ihr auch Arachidonsäure gebildet, die Entzündungen fördert.