Hamburg. Der Ruderverein Bille kämpft seit Jahren um seinen idyllischen Standort am Wasser. Nun hat die Stadt eine Entscheidung gefällt.

Die Sonne glitzert auf den Wellen, mit einem leichten Platschen gleitet das schlanke Ruderboot ins Wasser. An einem Sommertag kommt hier durchaus Urlaubsstimmung auf, auch wenn die „Rudervereinigung Bille von 1896 e. V.“ inmitten eines Gewerbegebiets liegt. Zwischen Firmengrundstücken und lauten Verkehrsachsen hat sich das Vereinsgelände als eine kleine Oase in Rothenburgsort behauptet, war allerdings zuletzt in seinem Fortbestand bedroht. Denn bereits vor Jahren hatte die Stadt ein Auge auf das Grundstück der Wassersportler geworfen.

Geplant war, dass das Inselareal, auf dem das Vereinshaus der RV Bille seit den 1960er-Jahren steht, von der Stadt Hamburg an die Billebogen Entwicklungsgesellschaft übertragen wird. Diese will die Fläche im Südosten Hamburgs für Firmen nutzen. Vor allem Technologieunternehmen sollen sich in dem Gebiet nahe den Elbbrücken ansiedeln.

Traditionsreiche Rudervereinigung Bille in Hamburg ist nach langem Bangen gerettet

Lange Zeit hatten die Mitglieder des Clubs angesichts dieser Pläne um den Fortbestand ihres mehr als 125 Jahre alten Vereins gebangt. Am Dienstag aber gab es endlich Entwarnung. Um die frohe Botschaft zu verkünden, hatten sich Ralf Neubauer, Bezirksamtsleiter von Hamburg-Mitte, Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit sowie, per Fahrrad, Andreas Kleinau, Vorsitzender der Geschäftsführung der HafenCity Hamburg GmbH und der Billebogen Entwicklungsgesellschaft auf den Weg an den Rand von Rothenburgsort gemacht.

Ruder Vereinigung Bille
Bei der Rudervereinigung Bille kann es weitergehen mit dem Wassersport, der Vereinssitz an der Bille im Hamburger Stadtteil Rothenburgsort ist gerettet. © FUNKE Foto Services | Michael Rauhe

„Wir wollen Ihnen diesen Ort lassen“, sagte Neubauer zu den Clubmitgliedern, „und weiter hinten mit dem Projekt anfangen.“ Und Carola Veit ergänzte, dies sei „ein schönes Beispiel dafür, dass Ideen auch korrigiert werden können“.

Ruderverein in Hamburg: Alternative hätte den Club finanziell überfordert

Mit großer Erleichterung reagierte Andreas Goertz, Vorstand der RV Bille, auf die Entscheidung der Stadt: „Wir haben ein traumhaftes Revier“, sagte der Hamburger, der hier seit 1968 über das Wasser gleitet. Und eine Alternative hätte sich der Verein kaum leisten können.

Grundstücke in der Nähe kosteten schnell zehn Millionen Euro, berichtete Goertz von seinen Recherchen in dem Gebiet östlich der HafenCity, das auch immer wieder als Kulisse in der ARD-Serie „Morden im Norden“ dient. Eine Summe, die der Club mit 190 Mitgliedern, die aus der Nachbarschaft, aber immer öfter auch von der Schanze oder aus Altona kommen, nicht hätte stemmen können.

Rothenburgsort: Ruderverein soll auch als Lockmittel für Ansiedlungen dienen

Der Kompromiss sieht nun vor, dass die RV Bille ihr Grundstück behält, denn der Bezirk verlängert den Sportrahmenvertrag mit dem Verein um weitere 25 Jahre. Dafür soll die RV Bille auch zur Anlaufstelle für die hier in Zukunft arbeitenden Angestellten werden. Denn den Firmen, die auf der Fläche am südlichen Billebecken bald als Manufakturen oder Labore tätig werden sollen, will Hamburg ein attraktives Umfeld bieten.

Ruder Vereinigung Bille
Gut 30 Boote lagern bei der RV Bille in Hamburg, neben Ruderbooten auch Kanus. © FUNKE Foto Services | Michael Rauhe

„Wir haben hier einen Schatz für das Quartier“, lobte Andreas Kleinau von der Billebogen Entwicklungsgesellschaft die Wassersportler, die hier rudern, aber auch Kajak, Kanadier oder Drachenboot fahren. Sie böten mit ihren Aktivitäten einen Anreiz „auch für die Menschen, die hier arbeiten wollen und sollen“. Der Verein könne als Partner für den Betriebssport dienen und trage dazu bei, dass die „Nachbarschaft die hier geplanten Veränderungen akzeptiert“.

Stadt Hamburg: Pläne für Rothenburgsort sehen Uferpromenade vor

Die Pläne sehen Folgendes vor: Zum einen will die Stadt die Wasserflächen des Gebiets an der Bille, das auch an das Quartier Elbbrücken angrenzt, besser erschließen. Dazu soll eine neue Uferpromenade für Passanten und vor allem die Angestellten der anzusiedelnden Firmen gebaut werden. Zum anderen sollen rund um den Ruderverein in mehreren großen Gebäuden Unternehmen moderne Produktionen oder Forschung betreiben. Erstes Projekt ist dabei das Institut für Hygiene und Umwelt. Dieser künftige Ankernutzer errichtet am Bullenhuser Damm einen Labor-Neubau.  

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Die Billebogen Entwicklungsgesellschaft GmbH & Co. KG ist eine städtische Gesellschaft und hundertprozentige Tochter der HafenCity Hamburg GmbH, die im Rahmen des Senatsprogramms „Stromaufwärts an Elbe und Bille“ 2017 von der Stadt Hamburg mit der Entwicklung des Billebogens beauftragt wurde.

Zu dem rund 75 Hektar großen Gebiet gehören der Stadteingang Elbbrücken, der Neue Huckepackbahnhof und das Billebecken. Das Quartier zwischen Großmannstraße, Ausschläger Weg und Bille bildet den Übergang zum Industriegebiet Billbrook im Osten.