Hamburg. Der Schütze hatte damals fünfmal auf den Hells Angel geschossen. Nun sitzt die ganze Familie des Auftraggebers in Haft.
Es war eine der vorerst letzten großen Auseinandersetzungen im Rocker- und Rotlichtmilieu in Hamburg. Im August 2018 passte ein Schütze den Hells Angel Dariusch F. auf St. Pauli vor einer roten Ampel an der Budapester Straße/Ecke Millerntorplatz ab. Fünfmal feuerte der Täter aus einem Mercedes Coupé auf den weißen Bentley, in dem der Rockerboss saß. Dariusch F. wurde in Brust, Schulter und Kopf getroffen – und überlebte nur knapp.
Der damals 38-jährige ehemalige Scharfschütze der Bundeswehr sitzt seitdem querschnittgelähmt im Rollstuhl. Jetzt wurden die Mutter und die Schwester des Auftraggebers verhaftet. Sie sollen Beihilfe zu der Tat geleistet haben.
St. Pauli: Vor dem Anschlag auf Rockerboss gab es Streit mit den Mongols
Es war eine Spirale der Gewalt, die zu der Bluttat am Millerntorplatz führte. Ausgang waren Streitigkeiten zwischen der mittlerweile in Hamburg wieder aufgelösten Rockergruppierung Mongols und den „Platzhirschen“ unter den Kuttenträgern, den Hells Angels. Es ging um Macht im Rotlichtmilieu und Geld.
Die Mongols wollten die neuen Herren auf dem Kiez werden. Es folgten Schießereien und Schlägereien. 2016 wurde die „rechte Hand“ vom Hells-Angels-Boss Dariusch verprügelt. Der Täter soll Arash R., Boss der Mongols, gewesen sein.
Danach tauchte ein maskierter Mann bei ihm zu Hause auf, drang in die Wohnung in Schnelsen ein und schoss auf die Freundin von Arash R., der selbst nur knapp einer weiteren Kugel entging. Der Schütze flüchtete und wurde nie ermittelt.
Schüsse auf Hells-Angels-Boss – Auftragskiller wurde in Bulgarien gefasst
Arash war sich sicher, dass es eine Racheakt der „Höllenengel“ war. Seine Rache folgte durch einen für 10.000 Euro angeheuerten bulgarischen Auftragskiller. In dem Mercedes, aus dem auf Dariusch F. geschossen wurde, saß Lisa S. – die Freundin des Mongol-Rockers, die zuvor bei den Schüssen in Schnelsen verletzt worden war.
Der Auftragskiller wurde in seiner Heimat gefasst und nach Hamburg ausgeliefert. Den Lohn für die Schüsse auf den Boss der Hells Angels will er nie bekommen haben. Das Geld sei bei Mittelsmännern versickert, sagte er aus. Vor Gericht plauderte der Mann und belastete Toryali R., den über 70 Jahre alten Vater von Arash R.
St. Pauli: 6 Jahre nach Anschlag auf Rockerboss – nun ganze Familie in Haft
Der Mann, der offiziell als Taxifahrer sein Geld verdiente, soll ihn über Mittelsmänner angeheuert und die Tatwaffe – eine Pistole – besorgt haben. Beamte der Mordkommission und der Dienststelle für Rotlichtkriminalität, angesiedelt im Bereich Organisierte Kriminalität, ermittelten weiter. So gerieten auch die Mutter von Arash R. – Store A. (55) – und seine Schwester Helei A. (35) ins Visier der Ermittler. Sie sollen das Opfer Dariusch F. – der gern auch mal „der Schlächter“ genannt wurde – ausgespäht und die Tat mitgeplant haben.
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Am Dienstagmorgen wurden die beiden Frauen in Jenfeld verhaftet. Damit sitzt nun die ganze Familie im Gefängnis. Arash R. verbüßt eine lebenslange Haftstrafe. Freundin Lisa S. bekam zwölfeinhalb Jahre Haft. Der Schütze selbst wurde zu sechseinhalb Jahren Gefängnis verurteilt – eine geringere Strafe, weil er aussagte und psychisch krank ist. Der Vater von Arash R. muss wegen Beihilfe eine neuneinhalb Jahre lange Haftstrafe verbüßen.