Hamburg. Mitarbeiterin der Kinderbetreuung wird nach Recherchen als Reichsbürgerin identifiziert. Honigfabrik selbst handelt sofort.
Ferienprogramme für Kinder, Auftritte von Swing-Bands oder eine Fahrradwerkstatt sind eigentlich die Themen, mit denen sich die Honigfabrik in Wilhelmsburg befasst. Doch nun steht ein ungemein schwerwiegenderes Thema im Raum. Nach Recherchen des Hamburger Bündnisses gegen Rechts soll eine Mitarbeiterin des Kulturzentrums Mitglied der rechtsextremen Reichsbürger-Szene sein.
Ein Schock für das komplette Team, wie es von der Honigfabrik selbst in einem Facebook-Beitrag heißt. Vor allem, da das Kulturzentrum selbst seine Wurzeln im Antifaschismus sowie der linken Szene der 1970er-Jahre habe. Dementsprechend habe man auch sofort gehandelt.
Wilhelmsburg: Honigfabrik trennt sich unverzüglich von Reichsbürgerin
So habe sich die Honigfabrik in Absprache mit dem Vorstand mit sofortiger Wirkung von der betreffenden Mitarbeiterin getrennt. „Die Honigfabrik ist vor den Kopf gestoßen, und wir können es nicht fassen, dass wir nichts mitgekriegt haben. Wir sind nicht nur auf einer persönlichen Ebene entsetzt, auch die gesellschaftlichen Dimensionen sind uns bewusst und lassen uns erschüttern“, heißt es in der Stellungnahme.
Jedoch habe die betreffende Mitarbeiterin, die zu allem Überfluss für die Betreuung des Kinderprogramms in der Honigfabrik zuständig war, im Vorfeld bereits selbst zum 31. Juli aus eigenem Willen gekündigt. Als Begründung habe sie gegenüber dem Kulturzentrum einen Umzug mit ihrer Familie aufs Land angegeben.
Nach Recherchen des Bündnisses gegen Rechts sei sie Teil der Reichsbürger-Sekte „Königreich Deutschland“, einer hierarchisch aufgebauten Gruppierung, die unter einem selbst ernannten „König“ einen eigenen Staat innerhalb der Bundesrepublik gründen möchte. Bei Eintritt sollen die Mitglieder Privatvermögen und Papiere an den sogenannten König abgeben und dafür einen „Staatsbürgerausweis“ und eine Pension in „Engelgeld“ bekommen.
Mitarbeiterin ist seit Dezember Mitglied in Reichsbürger-Sekte
Zudem soll gerade der Sektenführer des „Königreichs Deutschland“ enge Verbindungen zu Holocaustleugnern und Verschwörungstheoretikern der rechtsextremen Szene haben. „Die Eliten wollen den Krieg, zur Etablierung und Aufrechterhaltung von Angst in der Masse der Bevölkerung. Denn von dieser Angst davon profitieren sie wiederum“, heißt es etwa in einem seiner Videos. Mit Eliten meint er dabei laut dem Bündnis gegen Rechts eine „messianisch-jüdische Endzeitsekte“.
- Verfassungsschutz warnt vor russischen Cyberattacken im Norden
- Hamburger Senator will Straftäter nach Afghanistan abschieben
- Angriff auf Pressefotografen: Strafe ist höher als gefordert
Mit den Vorwürfen ihrer Mitgliedschaft im „Königreich Deutschland“ konfrontiert, habe die inzwischen nun ehemalige Mitarbeiterin der Honigfabrik diese gegenüber dem Vorstand und dem Team bestätigt. Seit Dezember 2023 sei sie Mitglied der Sekte. Die von der Ex-Mitarbeiterin geleiteten Kurse fallen nach Angaben der Honigfabrik diese Woche mit sofortiger Wirkung vorerst ersatzlos aus. Ab nächster Woche sollen sie unter neuer Leitung fortgesetzt werden.
Wilhelmsburg: Team der Honigfabrik will Reichsbürger-Vorfall lückenlos aufarbeiten
Die Vorgänge haben bei den Mitgliedern des Kulturzentrums eine tiefe Verunsicherung hinterlassen. „Wir fragen uns, wer kriegt denn noch alles nicht mit, dass ihre Kolleg*innen, Freunde und Bekannte sich reinziehen lassen in einen Sog aus großen Verheißungen, fragwürdigen Führer*innen und ‚Alternativen‘, die alle auf einer menschenverachtenden Gesinnung gründen“, heißt es in der Stellungnahme der Honigfabrik weiter.
Das Team sei daher auch sehr an einer weiteren Aufarbeitung interessiert. Die personelle Konsequenz sei dabei nur der erste Schritt gewesen: „Wir möchten eine offene Einladung aussprechen, gemeinsam mit Nutzenden der Honigfabrik und speziell natürlich dem Kinderkulturbereich einen Umgang damit zu finden, dass eine unserer Mitarbeitenden Mitglied einer Gruppe des rechten Spektrums ist.“