Hamburg. Bis zu 50.000 Menschen werden in Hamburg beim Public Viewing zur EM dabei sein. Das Abendblatt bekam Einblick ins Sicherheitskonzept.
- Public Viewing zur EM 2024: Fanfest wird in zwei Bereiche aufgeteilt
- Schutz vor Terror: Evakuierung in unter 30 Minuten
- Kameraüberwachung: Datenschutzkonzept bereits genehmigt
Andy Grote war in den vergangenen Tagen viel im Zeichen des Sports unterwegs. Der Hamburger Innen- und Sportsenator (SPD) weilte am Donnerstag und Freitag anlässlich der Sportministerkonferenz in Saarbrücken und Paris. Die Olympischen Sommerspiele in der französischen Hauptstadt werfen schließlich ihre Schatten voraus.
Aber auch die EM 2024 und speziell die Sicherheit auf dem Fanfest in Hamburg dürfte Andy Grote bereits beschäftigen. Bis zu 50.000 Menschen wollen auf dem Heiligengeistfeld Tore und Siege bejubeln.
EM 2024 in Hamburg: Sicherheitskonzept für Public Viewing umfasst 105 Seiten
Spätestens nach dem verheerenden Terroranschlag auf eine Konzertarena in Moskau am 22. März und den wiederkehrenden Anschlagsdrohungen islamistischer Gruppierungen ist das Thema Sicherheit bei Großveranstaltungen allgegenwärtig. Wie schützt man Zehntausende Menschen, die an einem zentralen Ort beim Public Viewing zusammenkommen?
Das Abendblatt hat einen exklusiven Einblick in einen Teil des 105 Seiten umfassenden Sicherheitskonzepts für das Fanfest zur EM 2024 in Hamburg bekommen. Veranstalter und Behörden sind sich sicher, dass das erstellte Konzept „State of the Art“ – also das Maß aller Dinge – ist.
Botschaft des Veranstalters: Fußballgucken im Herzen Hamburgs wird sicher
Nach Abendblatt-Informationen waren die ursprünglichen Sicherheitsmaßnahmen bereits derart gut geplant, dass sie nach dem Anschlag in Moskau nicht verschärft werden mussten. Die Botschaft des Veranstalters ist klar umrissen: Fußballgucken im Herzen Hamburgs wird sicher.
Zur EM werden Hunderttausende Fans aus dem In- und Ausland erwartet. Allein aus den Niederlanden wird eine große Fan-Schar erwartet. „Unser Ziel ist es, gemeinsam mit den Besucherinnen und Besuchern und den Fans aller Nationen ein buntes, fröhliches und unbeschwertes Fest auf dem Heiligengeistfeld zu feiern und den Menschen ein unvergessliches Sommererlebnis zu bescheren“, sagt Uwe Bergmann, Geschäftsführer der Bergmanngruppe, die das Fanfest in Hamburg organisiert. „Die Sicherheit aller hat dabei höchste Priorität – nicht nur für uns als Veranstalter, sondern auch für alle beteiligten Fachbehörden.“
EM-Fanfest in Hamburg: Veranstalter auf Terror, Bombendrohung und Randale vorbereitet
Das Fanfest ganz in der Nähe des Millerntor-Stadions wird in zwei Bereiche aufgeteilt. Die sogenannte Fan-Zone – ein Fußballdorf mit kulinarischen Ständen, kleinen Videoleinwänden sowie Aktionsflächen für rund 10.000 Zuschauer – befindet sich im nördlichen Teil des Areals, der über die Feldstraße zu erreichen ist.
Die Public-Viewing-Fläche, auf der die 100 Quadratmeter große Videowand steht, ist für 40.000 Fans ausgelegt. Sie befindet sich im südlichen Teil des Areals, das über die Budapester Straße erschlossen wird.
An der Erstellung des Sicherheitskonzepts für das Hamburger Fanfest waren Innenbehörde, Polizei, Bundespolizei, Bundesinnenministerium und der Veranstalter beteiligt. Das Sicherheitskonzept umfasst unterschiedlichste Szenarien für potenzielle Krisenfälle. Diese reichen von Unwetter, Brand oder Störung der Technik und Infrastruktur (zum Beispiel Stromausfall) über Verletzungen von Personen, Kriminalität (zum Beispiel verdächtige Gegenstände) oder vermisste Personen bis hin zu Bombendrohung oder Terroranschlag.
Heiligengeistfeld: EM-Fanfest – 160 Mitarbeiter sorgen jeden Tag für Sicherheit
Für den Fall der Fälle, dass etwas Gravierendes passiert, würden die 50.000 Menschen in weniger als 30 Minuten evakuiert werden können. 160 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom Ordnungsdienst werden pro Tag im Einsatz sein, um für Sicherheit zu sorgen. Hinzu kommt eine große Präsenz von Polizei, Rettungs- und Sanitätsdiensten.
Für alle Szenarien sind Abläufe und das Einleiten von Maßnahmen bis ins letzte Detail durchgeplant. In dem Sicherheitskonzept sind drei Eskalationsstufen verankert: Regelbetrieb, Gefahrenfall und Schadensfall.
EM 2024 Hamburg: Sicherheitskonzept mit Personenkontrollen und Ampeln
Ein wesentlicher Teil der Sicherheit soll bereits an den vier Eingangsbereichen auf dem Heiligengeistfeld gewährleistet werden. Wie beim Besuch im Stadion wird jeder der bis zu 50.000 Besucherinnen und Besucher kontrolliert. Ein zeitaufwendiges Prozedere, das den Fußballanhängern viel Geduld abverlangen wird. An den vier Haupteingängen werden 18 Eingangsschleusen installiert. Gegenstände wie Glasflaschen oder Fahnen, die länger als 1,50 Meter sind, werden verboten sein.
Damit sich der Besucherstrom etwas entzerrt, arbeiten die Veranstalter mit dem HVV zusammen. In den U-Bahnen werden über Durchsagen und auf den Videomonitoren Informationen zu den Warteschlangen an den Eingängen geteilt. So soll sichergestellt werden, dass sich die Fans auf alle Eingangsbereiche verteilen.
„Awareness-Team“ beim Public Viewing Ansprechpartner für Rassismus und Sexismus
Zudem wurde beim Fanfest auf dem Heiligengeistfeld das sogenannte Crowd-Management-System weiterentwickelt. Erstmals wird in diesem Jahr eine digitale Personenzählung genutzt. An allen vier Eingangstoren sowie am Durchgang zwischen Fan-Zone und Public-Viewing-Areal werden die Besucher digital gezählt. Hochmoderne Kamerasensoren messen in Echtzeit, wie viele Personen sich jeweils in den einzelnen Bereichen aufhalten. Ein Ampelsystem an den Toren zeigt zudem an, wie voll der jeweilige Bereich gerade ist.
Für die Besucherinnen und Besucher wurde darüber hinaus ein „Awareness-Konzept“ erstellt. Der Veranstalter stellt klar, dass Belästigungen, Aggressivität und Rassismus keinen Platz beim Fanfest haben werden. Das Unternehmen „Saferspaces“ wird mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vor Ort präsent sein.
- Skandal? Warum die EM-Auslosung fast gescheitert wäre
- Ohne Ticket: So können Sie trotzdem beim EM-Spiel dabei sein
- Public Viewing in Eppendorf, Barmbek und Langenhorn geplant
So sollen Menschen, die in der Fan-Zone einen Vorfall beobachtet oder selbst erlebt haben, niedrigschwellig Kontakt zu geschultem Personal aufnehmen und um Hilfe bitten können. Das wird beim Fanfest auf dem Heiligengeistfeld auch digital möglich sein. Durch einen QR-Code, der auf Plakaten an hochfrequentierten Bereichen zu sehen sein wird, können geschädigte Personen Vorfälle melden. So soll der herausfordernde Schritt, sich aktiv an eine fremde Person zu wenden, vereinfacht und die Hemmschwelle so niedrig wie möglich gestaltet werden.
EM 2024 in Hamburg: Datenschutzkonzept von der Stadt abgesegnet
Ein wichtiger Aspekt in dem Sicherheitskonzept ist die Überwachung des knapp 16 Hektar großen Areals. Vor allem die Bereiche, in denen eine hohe Personendichte herrscht, werden videotechnisch überwacht. Dazu zählen die Ein- und Ausgänge sowie der Bereich vor der gigantischen Videowand. Eine genaue Anzahl, wie viele Kameras zum Einsatz kommen werden, steht noch nicht fest. Bereits jetzt ist aber klar, dass zehn Bereiche des Fanfests mit Videotechnik überwacht werden sollen.
Während das finale Sicherheitskonzept erst kurz vor Beginn des Fanfestes von den Behörden freigegeben wird, wurde der Einsatz von Kameratechnik mit Blick auf das Thema Datenschutz bereits genehmigt.