Hamburg. Einen Kreis und zwei Halbkreise erhalten Kunden von Tätowiererin Lara kostenlos. Denn was hinter den Zeichen steht, unterstützt sie.

  • 16 Hamburger Tattoo-Studios beteiligen sich an der Aktion
  • Kampagne des Vereins Junge Helden e.V. läuft bundesweit
  • Transplantations-Mediziner Prof. Grahammer (UKE) begrüßt Initiative

Es dauerte etwa eine halbe Stunde, dann hatte Sarah Bothmer aus Lüneburg eine weitere Tätowierung an der Seite ihres linken Unterarms. So lange hat die Tätowiererin Lara Christiansen in dem Hamburger Tattoo-Studio „Atelier 13“ auf St. Pauli an dem Zeichen gestochen.

Es sind zwei Halbkreise und ein Kreis, die eine besondere Bedeutung haben: Mit diesem Symbol geben sich Sarah Bothmer und die bundesweit rund 7500 Menschen, die dieses Tattoo bislang tragen, als potenzielle Organspender zu erkennen. Es ist eine in die Haut gestochene Willenserklärung.

Tattoo Hamburg: Ein Symbol sticht Tätowiererin Lara kostenlos

Unterstützung bekommt die Tattoo-Kampagne auch von Fachleuten. Prof. Florian Grahammer, Direktor des Universitären Transplantations Centrums (UTC) am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), hält das Projekt für eine „pfiffige Idee“. Er nennt gleichzeitig alarmierende Zahlen, wie viele Patienten derzeit allein am UKE auf ein Spenderorgan warten.

Die Kampagne mit dem Organspende-Tattoo hat der Verein Junge Helden vor einem Jahr gestartet. Die Idee dahinter: Menschen für das Thema Organspende zu sensibilisieren. Die beiden Halbkreise bilden ein Ganzes: „Ein Symbol für das Geschenk des Lebens – die Organspende“, so die Idee des Vereins Junge Helden – einer gemeinnützigen Organisation, die seit 17 Jahren deutschlandweit junge Menschen über Organspende aufklärt.

Sarah Bothmer hat sich das Organspende-Tattoo von ihrer Freundin Lara Christiansen stechen lassen als Zeichen, dass sie nach ihrem Tod ihre Organe spendet.
Sarah Bothmer hat sich das Organspende-Tattoo von ihrer Freundin Lara Christiansen stechen lassen als Zeichen, dass sie nach ihrem Tod ihre Organe spendet. © FUNKE Foto Services | Roland Magunia

Tattoo für Organspende sorgt für Gesprächsstoff – rechtlich bindend ist es nicht

Für Studentin Sarah Bothmer war schnell klar, dass sie diese Tätowierung haben möchte. Das Symbol sorgt für Gesprächsstoff, und genau das ist auch der Sinn dahinter. Die Menschen sollen sich dem Thema widmen, sich damit auseinandersetzen. „Durch das Tattoo kommt man schnell mit anderen ins Gespräch über Organspende. Gerade erst habe ich das auf einem Geburtstag erlebt“, sagt Sarah Bothmer. Sie hat selbstverständlich einen Organspendeausweis, genau wie Tätowiererin Lara Christiansen.

Denn rechtlich bindend ist die Tätowierung nicht. Sie weist zwar darauf hin, dass der- oder diejenige den Wunsch hat, im Fall des Hirntods Organe zu spenden – ein Organspendeausweis oder/und eine entsprechende Patientenverfügung sind dennoch notwendig. Seit Kurzem ist auch eine Online-Registrierung beim Organspende-Register möglich.

Hamburg-St. Pauli: Im „Atelier 13“ ist das Organspende-Tattoo kostenlos

Diese Registrierung ist kinderleicht: Am einfachsten geht es mit dem Smartphone oder Tablet. Nötig sind: die installierte Ausweis-App, der Personalausweis mit der aktivierten Online-Ausweisfunktion (eID) und der zugehörigen PIN, die Krankenversichertennummer sowie eine E-Mail-Adresse.

Rund 15 bis 20 Organspende-Tattoos hat Lara Christiansen seit Mai gestochen. „Es kommen neue Leute, die noch gar kein Tattoo tragen“, sagt sie. Sie bietet die Tätowierung kostenlos an, lediglich die Materialkosten von 20 bis 30 Euro müssen übernommen werden.

Das Grunddesign ist immer das Gleiche, „aber man kann sich das Symbol individuell gestalten lassen“, so Lara Christiansen. Bundesweit beteiligen sich 650 Studios an der Kampagne „Opt.Ink“, 16 allein in Hamburg. Eine interaktive Karte des Vereins Junge Helden gibt einen Überblick.

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„Wir sind sehr begeistert von der Resonanz, Opt.Ink ist eine unserer erfolgreichsten Kampagnen. Es ist unser großes Ziel, dass Opt.Ink weitergeht. Nach wie vor bekommen wir Anfragen von Studios und Artists, die Teil der Kampagne sein möchten, täglich erhalten wir Fotos von gestochenen Opt.Inks, und mittlerweile haben wir auch Studios aus der Schweiz, Österreich, Polen und Ungarn auf unserer Karte gelistet“, sagt Angela Ipach, Sprecherin von Junge Helden e.V.

Psychologie-Studentin Lara Christiansen liegt das Thema besonders am Herzen, hat sie doch im Bereich der Transplantationspsychologie am UKE gearbeitet und ihre Bachelor-Arbeit darüber geschrieben, wie eine Lebendspende die Lebensqualität der Spender beeinflussen kann.

Organspende-Tattoo: Das Symbol ist für Tätowierer schwer zu stechen

Ergebnis der nicht repräsentativen Umfrage: „Aktuell gibt es laut Studienlage keine Hinweise auf eine signifikante Verschlechterung der Lebensqualität“, so die 25-Jährige. Lebendspende heißt, der Spender gibt etwa eine Niere oder einen Teil der Leber ab, meist an Familienangehörige.

Die beliebteste Stelle für das Organspende-Tattoo ist übrigens das Handgelenk, erzählt Lara Christiansen. Und dann muss sie lachen. Denn bei der Wahl des Symbols hätten sich die Verantwortlichen wohl nicht mit Tätowierern ausgetauscht. Denn: „Ein Kreis ist das Schwierigste, was man stechen muss.“