Hamburg. Kurz vor Weihnachten wollen Halter kranke Hundesenioren abgeben. Das Tierheim Süderstraße appelliert an Hamburger. Was Peta fordert.
Das Tierheim Süderstraße, das wegen Überlastung bereits mehrfach einen Aufnahmestopp verhängen musste, blickt mit Sorge auf die Weihnachtszeit. Der Grund: Um das Fest herum geben Menschen vermehrt Hund,Katze und Co. in dem Hamburger Tierheim ab.
„Dies ist leider die Zeit, in der wir aus zweierlei traurigen Gründen oft mehr Tiere bekommen“, sagt Urte Inkmann, tierärztliche Leiterin im Hamburger Tierschutzverein (HTV) und Tierheimleitung. Zum einen gebe es Menschen, die kurz vor Weihnachten ihre alten und kranken Tiere abgeben würden. „Wenn diese Menschen dann Leine und Halsband mitnehmen wollen, dann weiß ich, dass sie sich bereits ein neues Tier ausgesucht haben“, so Inkmann.
Tierheim Hamburg: Alte, kranke Hunde werden abgeschoben
Immer wieder schockiere sie auch nach vielen Jahren im Tierheim die Herzlosigkeit der Menschen. „Ich appelliere dann an ihre Emotionen. Mache ihnen deutlich, dass ihr alter und kranker Hund sicherlich kein neues Zuhause mehr finden wird.“
Hin und wieder könne sie Menschen dann umstimmen. Inkmann: „Aber leider nicht immer.“ Unverständlich sei es ihr, wie man einen lieb gewonnenen Gefährten einfach so „austauschen“ könne.
Tierheim Süderstraße erwartet auch im Januar mehr Abgaben
Anfang Januar gebe es dann in der Regel eine zweite Welle von Abgaben im Tierheim. „Dann kommen die Tiere, die verschenkt wurden“ – die aber irgendwie nicht „passen“. Auch dieses Vorgehen versteht die Tierärztin nicht.
Zumal sie derartige Abgaben zunehmend verweigern muss. „Wenn wir so voll sind wie jetzt, dann kann ich keine weiteren Abgabetiere mehr aufnehmen“, sagt Inkmann. Die letzten verbleibenden Plätze, die das Tierheim derzeit noch zur Verfügung hat, müsse sie für die sichergestellten Hunde der Stadt freihalten.
Wegen Überlastung: Peta fordert Steuerbefreiung für Tierschutzhunde
Wegen der starken Überlastung der Tierheime fordert die Tierschutzorganisation Peta von der Stadt Hamburg, künftig alle Tierschutzhunde von der Hundesteuer zu befreien. „Tierheime und Tierschutzvereine sind massiv belastet – darunter auch das Tierheim in Hamburg“, sagt Jana Hoger, Fachreferentin für tierische Mitbewohner bei Peta.
„Neben vermehrten finanziellen Hilfen für Tierheime braucht es dringend auch starke Anreize, um Menschen zu motivieren, Tiere zu adoptieren. Die dauerhafte Steuerbefreiung für adoptierte Hunde ist dafür ein wichtiger und entscheidender Schritt.“
Peta hat sich nun mit einem Appell an Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) und 13 weitere Verwaltungsoberhäupter deutscher Großstädte gewandt. Auch die dazugehörigen städtischen Fraktionsparteien, der Deutsche Städtetag und der Deutsche Städte- und Gemeindebund haben den schriftlichen Appell erhalten.
Tierheim Hamburg: „Wir brauchen dringend ein anderes Hundegesetz“
In Hamburg erhalten Halterinnen und Halter für Hunde, die sie aus dem Tierschutz adoptieren, im ersten Jahr eine Steuerermäßigung. Dies sei zwar ein guter Ansatz, teilt Peta mit, eine dauerhafte und vollständige Steuerbefreiung würde die Adoptionschancen der Vierbeiner aber noch deutlich steigern und somit auch die Tierheime entlasten. Einen entsprechenden Antrag stellte die CDU-Bürgerschaftsfraktion bereits 2021.
Das Tierheim Süderstraße freut sich über den Vorschlag von Peta. „Diese Idee ist grundsätzlich nicht ganz neu und ein Schritt in die richtige Richtung“, sagt Urte Inkmann. Eine derartige Entscheidung könnte allgemein die Vermittlung von Tierheimhunden unterstützen. Jedoch weist sie darauf hin, dass eine Steuerbefreiung nicht die Lösung des Problems sei. „Wir brauchen dringend ein anderes Hundegesetz“, so die Tiermedizinerin.
Tierheim Hamburg: Bestimmte Hunderassen dürfen nicht vermittelt werden
Gemeint ist die Tatsache, dass es dem Tierheim verboten ist, bestimmte Hunderassen wieder zu vermitteln. Dazu gehören die Rassen, die die Stadt Hamburg als gefährlich eingestuft hat – zum Beispiel Pitbull Terrier oder Staffordshire Bullterrier. Sie gelten als unwiderlegbar gefährlich. Inkmann: „Deshalb ist es uns unmöglich, diese Tiere weiterzugeben.“ Eine Vermittlung sei nur in den Nachbarbundesländern wie Schleswig-Holstein und Niedersachsen möglich.
Inkmann kritisiert die Gesetzeslage in Hamburg. „Kein Tier ist von Geburt an gefährlich“, sagt die Expertin. „Diese Tiere werden gefährlich gemacht.“ Unter anderem, weil sie in Hamburg oft im Verborgenen gehalten würden. „Und wenn solch eine Haltung auffliegt, landen die armen Tiere bei uns.“
Hamburg: Zahl der Hunde hat sich in vergangenen Jahren verdoppelt
Ein anderer Grund, warum das Tierheim Süderstraße zunehmend überlastet ist, so die Leiterin, sei die Tatsache, dass in Hamburg die Zahl der Hunde in den vergangenen Jahren massiv zugenommen habe. „2013 hatten wir in der Stadt rund 50.000 Tiere, heute sind es doppelt so viele.“ Die Kapazitäten des Tierheims seien aber nicht mitgewachsen. „Wir haben also deutlich mehr Bedarf, aber nicht ausreichend Fläche.“
Auch deshalb habe das Tierheim immer wieder Aufnahmestopps für Hunde und Katzen verhängen müssen. Aktuell seien 649 Tiere – davon 152 Hunde – in der Einrichtung untergebracht. „Wir sind wieder einmal am Limit“, sagt Inkmann. Wenn nun zwei oder drei Hunde aus einer Beschlagnahmung dazukommen, sei sie wieder gezwungen, einen Aufnahmestopp zu verhängen.
Tierheim Hamburg appelliert: Bitte alten Hund nicht austauschen
Urte Inkmann hofft auch deshalb, dass die sogenannte „Weihnachtswelle“ in diesem Jahr geringer ausfällt. „Ich appelliere an dieser Stelle noch einmal an alle Hamburgerinnen und Hamburger: Bitte tauschen Sie nicht Ihren alten und kranken Hund einfach aus. Er stand Ihnen so viele Jahre treu zur Seite.“
Zudem fordert sie alle Menschen dazu auf, sich die Anschaffung eines Tieres ganz genau zu überlegen. „Wir sprechen hier von Lebewesen – diese sind kein Spielzeug, das man einfach in die Ecke stellen kann.“
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In Deutschland werden jährlich etwa 350.000 Tiere im Tierheim abgegeben oder ausgesetzt. Die Tierschutzorganisation Peta fordert daher alle Tierfreunde auf, eine weitere Nachzucht nicht zu unterstützen, sondern stattdessen lieber ein Tier aus dem Tierheim aufzunehmen. Denn 25 bis 30 Prozent der Tiere bleiben demnach ein Jahr oder länger dort. Peta setzt sich zudem für ein grundsätzliches Verkaufsverbot von Lebewesen auf Onlineplattformen ein.