Hamburg. Die Stadt erfuhr erst aus dem Abendblatt, dass die Bauarbeiten eingestellt sind. Politik spricht von „Blamage“ für die Signa.

Der Elbtower in der HafenCity soll so etwas wie ein neues Wahrzeichen für Hamburg werden. 245 Meter hoch, mit einer Aussichtsplattform in der 55. Etage, damit auch die Öffentlichkeit etwas von diesem Gebäude der Superlative hat.

Für die Büros stehen bereits hochkarätige Mieter wie die Hamburg Commercial Bank (HCOB) fest. Die Nobu Gruppe, an der Hollywoodstar Robert de Niro beteiligt ist, möchte in dem Wolkenkratzer ein Hotel eröffnen. Die Fertigstellung ist für Ende 2025 geplant.

Bislang stehen rund 100 Meter von dem Hochhaus, das das Immobilienunternehmen Signa baut, das zum Firmengeflecht des schillernden österreichischen Milliardärs René Benko gehört. Doch jetzt ist erst mal Schluss: Am Elbtower herrscht Baustopp.

HafenCity: Kein Geld für Elbtower – Bauunternehmen stellt Arbeiten ein

Das hatte das Abendblatt exklusiv berichtet. Der Grund dafür sind ausstehende Zahlungen der Signa an die Lupp Gruppe. Das bestätigte Geschäftsführer Matthias Kaufmann auf Abendblatt-Anfrage. Das Unternehmen ist mit dem Rohbau des Elbtowers beauftragt.

Am Tag nach dieser Nachricht kommen die Hintergründe ans Licht. Bemerkenswert ist die Kommunikation zwischen der städtischen HafenCity Hamburg GmbH – die für die Entwicklung von Hamburgs jüngstem Stadtteil verantwortlich ist – und der Signa bei dem wichtigsten Bauprojekt in der Hansestadt.

HafenCity Hamburg GmbH und Stadtentwicklungsbehörde wussten nichts von Elbtower-Baustopp

„Die HafenCity Hamburg GmbH ist bislang nicht von der Bauherrin über eine mögliche Bauunterbrechung informiert worden. Auch wiesen die regelmäßigen Berichte des externen Baucontrollers nicht auf eine zu erwartende Bauunterbrechung hin. Der Vorstand der Signa ist unverzüglich gebeten worden, Stellung hierzu zu nehmen“, heißt es auf Anfrage in einer Stellungnahme der HafenCity Hamburg GmbH und der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen. Die Stadt hat also erst durch den Abendblatt-Bericht von dem Baustopp erfahren und daraufhin gehandelt.

Der Elbtower in der Hamburger HafenCity ist schon mehr als 100 Meter hoch. Aber aktuell wird der Wolkenkratzer nicht weitergebaut.
Der Elbtower in der Hamburger HafenCity ist schon mehr als 100 Meter hoch. Aber aktuell wird der Wolkenkratzer nicht weitergebaut. © Funke Foto Services | Roland Magunia

Erst Anfang des Jahres hatte die Stadt das Grundstück final an die Signa übergeben, nachdem alle vertraglichen Pflichten erfüllt waren. Dazu gehörte zum Beispiel der Vorvermietungsnachweis für 30 Prozent der insgesamt rund 77.000 Quadratmeter Bürofläche.

Elbtower in HafenCity: SPD-Fraktionschef Kienscherf spricht von „Blamage für die Signa“

Jetzt ist die Aufregung groß. „Der Baustopp beim Elbtower ist eine Blamage für die Signa. Wir erwarten nun umgehend eine Erklärung der Signa, wie es jetzt weitergehen soll. Aus Sicht der Stadt müssen die Bauarbeiten umgehend wieder aufgenommen werden, damit wie geplant das Gebäude bis 2025 fertiggestellt werden kann“, sagte SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf dem Abendblatt.

Besorgt zeigt sich CDU-Stadtentwicklungsexpertin Anke Frieling: „Erst Baustopp am Gänsemarkt, nun beim Elbtower. Man kann für die Stadt nur hoffen, dass Signa zumindest dieses Projekt noch bewältigt. Wenn der Elbtower nicht klappt, gehen alle anderen Projekte in der Innenstadt auch in die Krise. Das wird sich zumindest für einige Zeit verheerend auswirken.“

Das Abendblatt hatte in der vergangenen Woche aufgedeckt, dass auch der Neubau auf dem Areal der ehemaligen Gänsemarkt-Passage in der Hamburger Innenstadt zunächst nicht realisiert wird. Die finanziell angeschlagene Signa hat keine Mieter und bekommt deshalb für das 250-Millionen-Projekt auch keinen Kredit von den Banken.

Signa von Milliardär René Benko steht wirtschaftlich stark unter Druck

Signa steht Medienberichten zufolge wirtschaftlich stark unter Druck. Betroffen sind demnach diverse Bereiche des verzweigten Firmengeflechts des österreichischen Unternehmers. Zuletzt hatten binnen einer Woche die beiden Online-Sporthändler Tennis-Point und Fahrrad.de Insolvenz angemeldet, die zu Benkos Sporthandelsplattform Signa Sports United gehören. Auch diese hat inzwischen Insolvenz angemeldet. Hintergrund ist, dass die Muttergesellschaft Signa eine zentrale Finanzierungszusage in Höhe von 150 Millionen Euro gekappt hatte.

Auch Sportscheck, eine ehemalige Otto-Tochter, wurde gerade nach nur drei Jahren an den britischen Sport- und Modehändler Frasers weiterverkauft. Hohe Baukosten und steigende Kreditzinsen setzen der Signa-Gruppe, zu der unter anderem auch die angeschlagene Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof gehört, massiv zu.

Nach einer Meldung des Wiener Nachrichtenmagazins „News“ soll die Signa-Holding im Geschäftsjahr 2022 einen Verlust von etwa einer halben Milliarde Euro verbucht haben – nachdem im Vorjahr noch ein Gewinn in ähnlicher Höhe in den Büchern gestanden hatte.

HafenCity Hamburg: Auch eine Commerzbank-Tochter ist am Elbtower beteiligt

Benko sucht schon seit Monaten nach Investoren. Vor einigen Tagen wurde bekannt, dass er den erfahrenen Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Arndt Geiwitz als Berater an Bord geholt hat.

Unternehmensberater Roland Berger hat gerade die Reißleine gezogen und angekündigt, sich von seinem Anteil an Signa Prime in Höhe von 1,64 Prozent trennen zu wollen. Zuerst hatte darüber die „Wirtschaftswoche“ berichtet. Seinen Anteil an der Immobilienentwicklers Signa Development wolle er demnach aber behalten.

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Folgen hat der Baustopp am Elbtower auch für die Commerz Real AG. Die Commerzbank-Tochter ist mit 25 Prozent über ihren offenen Immobilienfonds Hausinvest an dem Bauprojekt Elbtower beteiligt.

Baustopp Elbtower: Signa reagiert nicht auf Abendblatt-Anfrage

„Wir bestätigen die Unterbrechung der Bauarbeiten. Wir sind sowohl mit Lupp als auch mit Signa im Gespräch, um rasch eine Lösung zu finden“, sagte ein Sprecher der Commerz Real AG auf Abendblatt-Anfrage, und führte weiter aus: „Wir sind nach wie vor vom Elbtower überzeugt und gehen davon aus, dass die Bauarbeiten bald wieder aufgenommen werden können.“

Das Abendblatt hat natürlich auch die Signa um eine Stellungnahme zum Baustopp gebeten. Bislang gab es keine Reaktion auf die Anfrage.