St. Pauli. Kräne setzen die fehlende Rampe zum Stadtgarten ein. Eröffnungstermine des Hotels und der Georg-Elser-Halle bleiben aber unklar.

Der Grüne Bunker, Hamburgs spektakulärstes Stadtentwicklungsprojekt, geht seiner Vollendung entgegen. Am Dienstag wurde der sogenannte Bergpfad – der Weg auf das begrünte Dach – fertiggestellt. Dabei schwebten zwei jeweils rund 13,5 Tonnen schwere Stahltreppen auf der Westseite mithilfe zweier gigantischer Kräne in rund 40 Metern Höhe ein. Er war das letzte fehlende Stück zwischen dem unteren Bergpfad mit einer Länge von 330 Metern und dem oberen Teil, der 230 Meter misst.

Die Dimensionen dieses Projektes werden erst jetzt deutlich: 24 gigantische Arme aus Stahl, von denen jeder rund 5,5 Tonnen wiegt, sind in der Außenfassade befestigt und tragen die Rampe. In einem Aufbau wird dann das Substrat für die Begrünung aufgebracht. Nächsten Monat soll mit der Bepflanzung des Bergpfades im Szenestadtteil St. Pauli begonnen werden.

„Die Fertigstellung des Bergpfades im Rohbau ist ein Meilenstein“

„Die Fertigstellung des Bergpfades im Rohbau ist ein Meilenstein. Das war das wichtigste Teil“, sagt Ronny Erfurt, verantwortlicher Leiter des Gesamtprojekts und geschäftsführender Gesellschafter der Ingenieurgesellschaft Phase 10 aus Freiberg. Seit 2017 arbeitet er an der spektakulären Aufstockung und Begrünung des Weltkriegsbunkers. „Es ist das Projekt meiner Karriere“, sagt er. Der grüne Bunker ist nicht nur sehr ambitioniert, sondern zugleich extrem herausfordernd. Die Pandemie und Lieferengpässe führten zu Verzögerungen, die schwierige Logistik kam erschwerend hinzu.

Am Dienstag wurde der sogenannte Bergpfad fertiggestellt – die fehlenden Elemente wurden per Kran eingesetzt.
Am Dienstag wurde der sogenannte Bergpfad fertiggestellt – die fehlenden Elemente wurden per Kran eingesetzt. © dpa | Franziska Spiecker

Der neue Bergpfad erschließt den Dachgarten auf St. Pauli von außen und ist zugleich Rettungsweg. Der Name ist nicht zufällig gewählt – einerseits türmt sich der Aufbau 58 Meter über dem Straßenniveau, zum anderen ist das Klima auf dem ehemaligen Flakbunker rau – dort wachsen vor allem nordische oder Gebirgspflanzen. „Wegen des Windes sind wir schnell bei Pflanzen aus höheren Lagen gelandet, wie wir sie sonst in den Alpen oder den Pyrenäen finden“, sagt Felix Holzapfel-Herziger, verantwortlicher Landschaftsarchitekt des Büro L+.

Das Bergwandern auf St. Pauli wird zum Erlebnis

„Nach der baulichen Fertigstellung kann in den kommenden Wochen die Bepflanzung des Bergpfades beginnen, der ein wesentlicher Teil der Erlebniswelt des Grünen Bunkers St. Pauli sein wird“, sagt Projektsprecher Frank Schulze. Es ist ein Projekt der Superlative: Der rund 422 Tonnen schwere und fünf Meter breite Aufstieg startet ebenerdig auf der Nordseite des Bunkers und führt an den vier Fassaden auf 58 Meter Höhe: Jedem Bergwanderer auf St. Pauli wird sich bald ein abwechslungsreicher Blick auf die Stadt öffnen.

Die Gärtner sind seit Monaten am Pflanzen – insgesamt werden 4700 Gehölze und 16.000 Stauden gesetzt. Auf rund 10.000 qm Grün- und Gemeinschaftsflächen verwandeln sie den Feldstraßenbunker aus dem Zweiten Weltkrieg in einen Stadtgarten.

Der Grüne Bunker ist auch ein Forschungsprojekt

Zugleich ist der Grüne Bunker ein Forschungsprojekt: Um die Effekte einer Begrünung wissenschaftlich zu begleiten, installieren Experten der TU Berlin Sensoren und werten in den kommenden fünf Jahren die Daten aus, um die klimatischen Effekte auf das Gebäude und das Mikroklima im Viertel zu erfassen.

Auf dem grünen Bunker wachsen die Bäume und Stauden schon meterhoch.
Auf dem grünen Bunker wachsen die Bäume und Stauden schon meterhoch. © Matthias Iken (FMG) | Matthias Iken (FMG)

Der Bunker ist aber mehr als ein Garten. In der Aufstockung entstehen die Georg-Elser-Halle, Räume für Stadtteilkultur, Ausstellungsflächen, Unterkünfte für Stipendiaten und Künstler sowie ein Reverb by Hard Rock Hotel. Die Fertigstellung des Gesamtprojekts ist in den nächsten Monaten geplant, heißt es in einer Presseerklärung.

Ronny Erfurt verrät: „Wir sind auf der Zielgeraden.“ Der Glasboden in der Veranstaltungshalle soll Mitte/Ende Oktober fertig sein. Auch die Hotelzimmer sind fast fertig und können bald eingerichtet werden.

Eröffnung in den kommenden Monaten geplant

Wann Hotel und Veranstaltungshalle genau an den Start gehen, steht noch nicht fest. Im Mai hieß es, die Eröffnung des Hotels und der Gastro-Outlets werde „aktuell im Winter 2023“ anvisiert. Erste Buchungen für das Reverb by Hard Rock Hotel sollten im Spätsommer möglich sein. Bislang ist auf der Website allerdings noch kein Angebot ersichtlich. Leider könne man für die Eröffnung „noch keinen genauen Zeitpunkt nennen“, hieß es nun vage bei der RIMC Hotels & Resorts Gruppe als Mieter und Betreiber des Hotels.

In der vergangenen Woche gab die RIMC-Gruppe als Mieter bekannt, mit dem FC St. Pauli „einen neuen Partner aus der direkten Nachbarschaft für die kommenden zwei Jahre gewonnen“ zu haben. So habe das RIMC-Team Farbe ein eigenes Séparée im Millerntor mit Blick auf den Bunker. Der Kiezclub will im Gegenzug Fanartikel bereitstellen und gemeinsame Events veranstalten.

Der Grüne Bunker benötigt noch Zeit zum Wachsen

Konzerte in der Georg-Elser-Halle, benannt nach dem Hitler-Attentäter, gibt es ebenfalls noch nicht zu buchen. Ursprünglich sollte dort schon im Oktober 2022 aufgespielt werden – die bereits terminierten Konzerte, darunter eines von Tocotronic, mussten wegen der Bauverzögerungen verlegt werden.

Zwischenzeitlich hatte es Kritik gegeben, der Bunker werde nicht so grün, wie in den Visualisierungen gezeigt. Der Hamburger Immobilieninvestor Thomas Matzen, der Erbpachtnehmer des Bunkers ist, hatte sich dagegen verwahrt: „Der Bunker wird so grün wie geplant. Und die Pflanzen sehen schon jetzt prächtig aus. Jeder, der den Dachgarten aus der Nähe sehen konnte, ist begeistert über das Erscheinungsbild“, sagte Schulze. „Der endgültige Gesamteindruck entsteht erst dann, wenn die Gehölze sowie die Rank- und Kletterpflanzen ihre vorgesehene Größe erreicht haben. Dazu braucht es einfach etwas Zeit. Jeder Gärtner weiß: Geduld lohnt sich.“