Hamburg. Nicht alle Hamburger freuen sich auf den Hafengeburtstag am Wochenende. Sie feiern das Event auf ihre eigene Art.
Hoch sollst du leben oder Happy Birthday? Ob jemand dem Hafen an seinem Geburtstag ein Ständchen singen wird, bleibt abzuwarten. Fest steht hingegen, dass ein gewaltiges Feuerwerk in den Himmel emporschießen wird. Bis zu eine Million Gäste und 250 Schiffe werden bei den Feierlichkeiten am Wochenende dabei sein.
Doch bei all der strahlenden Freude: Der 834. Hafengeburtstag in Hamburg hat auch seine Schattenseite – und Kritiker wettern nach wie vor gegen die Großveranstaltung.
Hafen Hamburg: Nabu kritisiert Feuerwerk am Wochenende
„Energie sparen, die Umwelt schützen – das ist den Menschen schwierig zu verkaufen, wenn man mit PS-starken Schiffen den Hafengeburtstag feiert“, sagte Jonas Voß, Sprecher des Naturschutzbundes Deutschland e.V. (Nabu) Hamburg, dem Abendblatt.
„Dass es zudem mitten in der Vogelbrutzeit wieder ein großes Feuerwerk geben soll, ist im Sinne des Artenschutzes wirklich bedauerlich“, teilte auch Malte Siegert, Vorsitzender des Nabu Hamburg, mit. „Wir fänden es gut, wenn Alternativen hierzu gesucht werden – eine Licht- oder Lasershow zum Bespiel“, so Voß.
Nabu: Hafengeburtstag habe Potenzial zu mehr Nachhaltigkeit
Es gebe immer wieder Ideen seitens der Veranstalter, umweltfreundlichere Lösungen zu finden. „Aber dann doch nicht – an dem Konzept ändert sich nicht wirklich was“, so Voß. Gerade der Hafengeburtstag biete jedoch eine gute Möglichkeit, neben den traditionellen Booten und den gewaltigen Kreuzfahrtschiffen, auch moderne Optionen der Schifffahrt vorzustellen – etwa Schiffe, die mit weniger fossilem Kraftstoff fahren können.
„Konstruktiv nach vorne denken“, das sei laut Voß nicht das Motto auf dem Hafengeburtstag. Die Großveranstaltung abzusagen, sei nicht das Ziel des Nabu – mehr daraus zu machen hingegen schon: ein nachhaltiges Event mit Vorbildcharakter und ein Schaufenster für umweltfreundlichere Schiffe. Doch laut Voß gingen die Bestrebungen der Veranstalter nicht weit genug.
Nabu veranstaltet Protestaktion am Hamburger Hafen
„Als ob es keinen Ukraine-Krieg, keine Debatte um Energieknappheit und keine Klimakrise gäbe, wird der Hafengeburtstag nach dem bekannten Muster ablaufen. Das ist für eine Stadt, die sich Nachhaltigkeit auf die Fahnen schreibt und zudem die energetische Transformation gestalten will, einfach zu wenig“, urteilt Siegert.
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Pünktlich zum Beginn des Hafengeburtstages veranstaltet der Nabu eine Protestaktion gegen schmutzige Kreuzfahrten: Am Freitag um 11 Uhr startet die Demonstration gegen Schweröl an den Hamburger Landungsbrücken (auf Höhe der Ditmar-Koel-Straße). Der Großteil der Kreuzfahrtschiffe, denen auf dem Event eine Bühne geboten wird, nutze laut Nabu weiterhin giftiges Schweröl.
Petition gegen Schweröl: 20.000 Menschen haben unterschrieben
Hintergrund der Protestaktion ist eine Petition des Nabu, die bereits 20.000 Menschen unterschrieben haben. Diese fordert Unternehmen wie Aida, Tui Cruises und Costa Crociere dazu auf, auf umweltfreundlichere Antriebe umzustellen. Malte Siegert sowie Sönke Diesener, Nabu-Schifffahrtsexperte, werden ebenfalls vor Ort sein.
„Hafengeburtstag – was gibt’s denn da zu feiern?“ – diese Frage stellt sich Klaus Baumgardt, Mitglied des Förderkreises „Rettet die Elbe“. Der 73-Jährige bietet unter diesem Motto parallel zu den Feierlichkeiten eine alternative Fahrradtour an – Baumgardt wird Interessierte auf eine historische Reise durch den Hafen mitnehmen und dabei die dunklen Ecken beleuchten.
Hafen Hamburg: „Großes Lager für Raubgut der Nazis“
„Das wird alles so toll und so positiv dargestellt“, bemängelt Baumgardt. Doch kritisch betrachtet werde die Geschichte des Hafens selten. Dass beispielsweise die Hafenwirtschaft im 19. Jahrhundert nur durch Freihandel und Kolonialismus aufblühen konnte, werde selten aufgezeigt. Die Speicherstadt sei laut Baumgardt lange dafür genutzt worden, um Gestohlenes aus den Kolonien aufzubewahren.
Dass der Hafen auch von Politikern wie Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) stets nur als etwas Glorreiches dargestellt werde, welches Wohlstand und Fortschritt in die Hansestadt bringe, kritisiert Baumgardt besonders: „Der Hafen war das große Lager für das Raubgut, das die Nazis den Juden genommen haben.“
Auch das viel diskutierte Bismarck-Denkmal werde Thema und Halt auf der Radtour sein. Die Tour startet am Sonntag um 12 Uhr am Mahnmal St. Nikolai-Kirche und endet um 16 Uhr am Bismarck-Denkmal. Mitveranstaltet wird die Tour vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC). Interessierte können einfach vorbeikommen.
Gegenveranstaltung: Roter Hafengeburtstag mit günstigeren Drinks
Seit zehn Jahren findet parallel zum großen Event der Rote Hafengeburtstag im Park Fiction statt. Veranstaltet wird dieser vom Kulturzentrum „Lüttje Lüüd“ sowie linken und antifaschistischen Gruppierungen. Ziel sei es, ein unkonventionelles Event anzubieten, auf dem Menschen auch für wenig Geld am Wochenende des Hafengeburtstages feiern können.
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„Der Hafengeburtstag wird immer teurer, ein richtiges Touri-Ereignis – bei uns wird es Getränke gegen Spende geben“, erklärt Mitveranstalter Halil. Neben Essens- und Info-Ständen wird es auf der großen Grünfläche in der Nähe des Fischmarkts auf St. Pauli verschiedene Redebeiträge geben. Auch ein DJ wird vor Ort sein und für das Musikalische sorgen.
Veranstalter des Roten Hafengeburtstages kritisiert Bundeswehr-Präsenz
Ab Freitagmittag starten die Veranstalter mit dem Aufbau – hauptsächlich werde jedoch am Sonnabend gefeiert. Halil rechnet mit 200 bis 300 Menschen. Die Redebeiträge sollen kritische Perspektiven auf den Hafengeburtstag ermöglichen: „Wir protestieren auch gegen den militaristischen Aspekt und das Auflaufen der Bundeswehr auf dem Hafengeburtstag,“ erklärt Halil.
Dass die Einsatzschiffe der Bundeswehr zu Zeiten des Krieges in der Ukraine feierlich gezeigt werden, ist für ihn inakzeptabel: „Der Beruf des Soldaten soll hier normalisiert werden, die Bundeswehr will hier rekrutieren. Das spricht gegen eine pazifistische Grundhaltung.“