Hamburg. Frühstücken, spielen und Beratung: Im Hebammencafé in Mümmelmannsberg erhalten junge Mütter Informationen und Hilfe.

Maya ist in hervorragender Frühform an diesem Dienstagmorgen. Fidel strampelt sie auf der gepolsterten Matte, kreischt begeistert, wirft ihre Ärmchen in die Höhe. Der Kontakt mit Gleichaltrigen fördert Lebenslust.

Hebammencafé Mümmelmannsberg: Stützpunkt mit Herz für die Jüngsten

Gut ein Dutzend Mütter betrachtet das fröhliche Tohuwabohu ihres Nachwuchses mit Wohlgefallen. Einige der ganz Kleinen schauen auf das Gewusel vorsichtshalber von den Armen der Erwachsenen aus, lassen neugierig ihre Blicke wandern. Das Hebammen-Café in Mümmelmannsberg ist ein beliebter Treff für junge Mütter mit Babys. Nur auf den ersten Blick dreht es sich dort ausschließlich um Remmidemmi und Spielspaß unter Gleichaltrigen.

Zu dem Angebot gehören auch Beratung, Kontaktpflege, Rückbildungsgymnastik und praktische Hilfestellungen. Die meisten Kinder in der quirligen Runde sind ein paar Wochen oder Monate alt. Wie sollen sie ahnen, dass der Alltag Tücken und Fallstricke mit sich bringen kann?

Ein Fall für Hebamme Esma Cetin und ihre Mitstreiterinnen in der Elternschule im keinesfalls unkomplizierten und konfliktfreien Stadtteil Mümmelmannsberg. Im Gegensatz zu Vierteln mit gutbürgerlichen Strukturen und im Schnitt besser betuchten Familien sind östlich von Billstedt Hebammen Mangelware. Entsprechend wertvoll ist das Angebot des Hebammenprojekts am Kirchnerweg 6, zentral im Quartier gelegen.

Jedes Jahr nutzen etwa 1000 Eltern mit ihren Kindern die Anlaufstelle

Dahinter stehen die Elternschule Mümmelmannsberg als öffentlicher Stadtteiltreff für Familien sowie der Förderverein Fips. Die Bürgerstiftung Hamburg unterstützt die Initiative erheblich. Zielgruppe sind Mütter mit bis zu zwölf Monate alten Babys. Hin und wieder lassen sich auch Väter blicken.

Pro Jahr nutzen mehr als 1000 junge Gäste den kostenfreien Service in der Nachbarschaft – plus ebenso viele Elternteile. Daraus erwachsen Freundschaften, bei Groß wie Klein. Schwangere Frauen sind gleichfalls eingeladen.

„Der Bedarf ist enorm“, sagt Esma Cetin aus Erfahrung. „Unser Hilfsangebot wird dankbar und mit Respekt angenommen.“ Während es im Stadtgebiet etwa 50 Prozent zu wenig Hebammen gebe, sei die Situation in einem sozialen Brennpunkt wie Mümmelmannsberg noch misslicher. Entsprechend motiviert und engagiert schreiten sie und das Team zur Tat. Dienstags zwischen 10 und 14 Uhr dient das Hebammen-Café als Sprechstunde – locker in der Gruppe oder bei Bedarf einzeln.

Die Atmosphäre ist gemütlich, warm und liebevoll

Zuvor haben die Gastgeberinnen ein kleines Büffet angerichtet. Es gibt Tomaten, Gurken, Obst, Nussnougatcreme, Eier, Kaffee oder Tee. Teilweise werden die Lebensmittel gespendet. Der großflächig verglaste Kinderraum der Elternschule passt ins Bild: bunt, vielseitig ausgestattet, zweckmäßig. Holzhäuschen, Rutschen, Hüpfbälle, Bobby Cars. Auf den ersten Blick ist der liebevolle, individuelle Charakter zu erkennen. Unter der Decke schweben farbige Schmetterlinge aus Papier.

Esma Cetin ist Profi: Sie ist nicht nur seit 1991 als Hebamme tätig, sondern auch Mutter einer 15-jährigen Tochter und eines erwachsenen Sohnes. Neben ihrem Einsatz in Mümmelmannsberg ist sie auch im Agaplesion Diakonieklinikum in Eimsbüttel, an einer weiteren Elternschule sowie in der Praxis eines Frauenarztes aktiv. Mitstreiterinnen wissen: Mit 40 Arbeitsstunden in der Woche ist dieses Pensum nicht zu schaffen. Begeisterung und Herzblut verleihen Kraft.

Auch in Mümmelmannsberg ist Vielfalt Trumpf. „Ich arbeite nicht nach Schablonen“, sagt Cetin. Sie berät professionell in allen möglichen Lebenslagen, untersucht die Babys oder gibt Hilfestellung, wenn es im Kontakt mit Behörden oder Ärzten hakt. Esma Cetin selbst ist zu bescheiden, um es so auszudrücken: Ihr Fachwissen und Durchsetzungsvermögen, quasi als „Seelendoktorin“, sind unbezahlbar.

Die Expertise der Profis ist gefragt, oft leben die Verwandten weit weg

„Soziale Benachteiligung beginnt oft schon mit der Geburt. Wer den Kindern helfen will, muss deshalb die Eltern einbeziehen“, sagt die Vorstandsvorsitzende der Bürgerstiftung Hamburg, Dagmar Entholt-Laudien. „So wie Frau Cetin. Sie unterstützt junge Mütter bei den vielen Fragen rund um den Alltag mit Kindern und hilft bei den drängendsten Sorgen.“

„Die in der Regel jungen Mütter haben ein Füllhorn an Fragen“, sagt Birgit Sokolowski, Chefin der Elternschule Mümmelmannsberg. 18 Honorarkräfte, darunter zwei Männer, stehen der Sozialpädagogin als Kursleiterinnen zur Seite. Da die eigenen Mütter der jungen Mütter häufig nicht in der Nähe leben, mangelt es am Erfahrungsschatz der Älteren. Umso gefragter sind die Ratschläge im Hebammen-Café.

Wie oft und wie lange stillen? Ab wann kann ich hinzufüttern? Was darf mein Baby essen? Was mache ich, wenn es schreit? Wie reagiert man auf Schlafprobleme? Welcher Arzt ist zuständig? Was bedeuten Überweisungsscheine? Esma Cetin weiß Bescheid. Fast immer. Und wenn einmal nicht, dann kennt sie die geeignete Ansprechpartnerin.

Ein Segen, dass es Mitstreiterinnen wie Birgit Sokolowski gibt. Die Leiterin der Elternschule packt an diesem Dienstag mit an, um das Hebammen-Café auf gewohntem Niveau an den Start zu bringen. Isomatten werden ausgelegt, pastellfarbene Decken platziert, Spielbögen und quietschende Bälle geholt, das Büffet wird aufgebaut.

In der Hebammensprechstunde sind schon viele Freundschaften entstanden

Im Hintergrund erklingt dezent Jazz. Passt. Der gemütlich eingerichtete Untersuchungsraum im Zimmer nebenan ähnelt einer Kinderarztpraxis. Enorm wichtig: Was hier unter vier Augen besprochen wird, bleibt vertraulich. Wichtig zudem: Lachen verbindet. Meint nicht nur die Hebamme Esma Cetin.

Nach und nach treffen die Mütter mit ihrem Nachwuchs ein. Kinderwagen und Babytragen werden akkurat geparkt. Arhu hat fünf Kinder. Ihre beiden jüngsten, Maya und Marrick, sorgen für zusätzliche Belebung. Die Mutter braucht Hilfe bei einem Arzttermin.

Im Gegensatz zu Arhu ist Jenny in Mümmelmannsberg geboren und aufgewachsen. Schon mit ihrem nun dreijährigen Niclas kam sie gerne ins Hebammen-Café. Jetzt ist die neunmonatige Sophia dabei. Mutter und Kind haben sich mit Katharina und ihrem Sohn Miran angefreundet – über diese Begegnungsstätte hinaus. „Hier wird mit Kompetenz und Herz beraten“, so hat es Jenny erfahren – als Mutter und Mensch. Aus ihrer Sicht gibt es für einen Ort wie diesen nur einen Begriff, der eine Menge sagt: Stützpunkt.