Hamburg. Der Angeklagte soll die 35-Jährige mit zwei Messerstichen getötet haben. Staatsanwaltschaft wirft ihm Mord vor. War es Rache?

Die Trennung lag zwei Jahre zurück, auch die Scheidung war bereits durch. Vielleicht hat Johanna A. geglaubt, alles wäre zum Besten geregelt – und sie habe nichts von ihrem Ex-Mann zu befürchten. Doch kurz nachdem die 35-Jährige ihren früheren Partner in ihre Wohnung gelassen hat, war die junge Mutter tot: Johanna A. erlitt zwei Messerstiche in den Bauch. Sie ist verblutet.

Wenig später nahm die Polizei Hamburg ihren Ex-Mann Nadeem M. (Name geändert) fest. Ja, er sei für die Tat verantwortlich, sagte der 52-Jährige damals sinngemäß. Seitdem sitzt der Mann in Untersuchungshaft. Am Mittwoch begann der Prozess gegen Nadeem M. vor dem Schwurgericht. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Mord vor, von niedrigen Beweggründen ist in der Anklage die Rede.

Prozess Hamburg: Mord an Ex-Frau – aus niedrigen Beweggründen

Nadeem M.s Blick ist auf den Boden gerichtet, als er in den Verhandlungssaal gebracht wird. Er ist ein schmaler Mann mit grauem Haar und hoher Stirn. Unbewegt lauscht er der Anklage. Am nächsten Verhandlungstag werde es voraussichtlich eine Einlassung ihres Mandanten zur Sache geben, kündigt Verteidigerin Ina Franck an. Sie sagt aber auch – nach dem ersten Verhandlungstag auf dem Flur vor dem Gerichtssaal – die Tat sei nicht aus „einem Besitzdenken“ heraus verübt worden.

Die Anklage geht allerdings sehr wohl davon aus, dass das Ende der Beziehung und die Tatsache, dass Johanna A. sich einem anderen Mann zugewandt habe, das Motiv für die Tat ist. Demnach handelte Nadeem M. „aus Wut und Ärger“ darüber, dass Johanna A. sich zwei Jahre zuvor von ihm getrennt hatte, das Paar inzwischen geschieden war – und sie jetzt einen anderen Mann kennengelernt hatte, mit dem sie auch intim geworden sei. Der Angeklagte ist nicht vorbestraft. Es soll aber Hinweise auf mögliche Gewalt gegen seine Ex-Frau gegeben haben.

Prozess Hamburg: Junge Mutter verblutete in ihrer Wohnung

So soll die Tat abgelaufen sein: An jenem 4. November kam Nadeem M. am Vormittag zur Wohnung seiner Ex-Frau in Lohbrügge. Es entwickelte sich ein Streit. Dann stach der 52-Jährige seiner früheren Partnerin mit einem Messer mit einer Klingenlänge von etwa zwanzig Zentimetern in den Bauch, „unter Inkaufnahme tödlicher Verletzungen“, wie es in der Anklage heißt. Gleich zweimal wurde ihre Beckenhauptarterie durchtrennt. Nadeem M. betätigte seinerzeit zwar noch selber den Notruf. Doch für die Frau kam jede Hilfe durch Rettungskräfte zu spät. Sie verblutete noch in der Wohnung.

Fünf Angehörige von Johanna A. haben sich dem Verfahren vor dem Schwurgericht als Nebenkläger angeschlossen. Am ersten Verhandlungstag sitzen der Vater und der Bruder des Opfers mit im Verhandlungssaal. Die Mutter der 35-Jährigen wird später noch als Zeugin aussagen.

Prozess Hamburg: Zwei kleine Kinder haben ihre Mutter verloren

„Für Eltern ist es immer ganz schlimm, ein Kind zu verlieren“, sagt Rechtsanwältin Claudia Krüger, die die Eltern und den Bruder vertritt. „Und hier haben auch noch zwei kleine Kinder ihre Mutter verloren.“ Die beiden Jungen sind vier und zwölf Jahre alt und leben seit dem Tod ihrer Mutter bei der Oma. Man mag erahnen, wie furchtbar sie unter dem Verlust der Mutter leiden.

Besonders schwer fällt es laut Krüger auch dem Bruder des Opfers, den Tod seiner Schwester zu ertragen. Beide, Johanna A. und ihr Bruder, haben als Krankenschwester beziehungsweise als Krankenpfleger gearbeitet – in derselben Klinik. So werde der Bruder auch im Job ständig an die Tat und seinen schlimmen Verlust erinnert. Der Mann, erzählt Krüger, sei mittlerweile arbeitsunfähig.

Dem Angeklagten droht eine lebenslange Freiheitsstrafe

Fünf Verhandlungstage sind für den Prozess gegen Nadeem M. vorerst anberaumt. Ein Urteil könnte nach derzeitiger Planung am 7. Juni verkündet werden. Neben der Einlassung ihres Mandanten sei auch zu erwarten, dass der 52-Jährige wohl auch auf Fragen antworten werde, sagt Verteidigerin Franck. Wie es um die psychische Verfassung des Angeklagten bestellt ist, bleibt abzuwarten. Ein psychiatrisches Gutachten ist in Arbeit, jedoch hat die Sachverständige erst einmal ein Treffen mit dem Angeklagten abgehalten. Mindestens ein weiteres Mal wird sie noch mit ihm sprechen wollen.

Ob Nadeem M. dann einen Einblick in seine Beweggründe geben wird? Kommt das Gericht, so wie es die Anklage zunächst sieht, zu einer Verurteilung wegen Mordes, wäre eine Verurteilung zu lebenslanger Haft durchaus wahrscheinlich.