Hamburg. Politik und Anwohner beklagen: OMR hat zu spät informiert. Linken-Bezirksfraktion spricht von einem „Kommunikationsdesaster“.

Von Tennis-Legende Serena Williams bis Fitness-Influencerin Pamela Reif: Das Online Marketing Rockstars (OMR) Festival in Hamburg lockt mit bekannten Teilnehmerinnen, die bei der Veranstaltung sprechen werden. Mehr als 800 Menschen der Digital- und Marketingszene werden auf Konferenzen, Masterclasses und Side-Events als Speaker am Start sein. Interessierte können für nicht gerade wenig Geld – knapp 400 Euro – ein Ticket für das Event am 9. und 10. Mai in Hamburg kaufen.

Für die mehr als 70.000 erwarteten Besucherinnen und Besucher wird sogar die an die Messehallen angrenzende Karolinenstraße gesperrt. Vier Tage lang können diese weder Autos, noch Fahrradfahrer oder Fußgänger nutzen. Die Vollsperrung wurde vom Veranstalter jedoch erst kurzfristig kommuniziert. Anwohner sowie Kommunalpolitiker sind darüber alles andere als erfreut.

OMR Festival: Quartiersbeirat ist gegen Sperrung der Karolinenstraße

„Der öffentliche Raum ist ein kostbares, gesellschaftliches Gut. Eine Einschränkung der Nutzung der öffentlichen Flächen bedarf deshalb wesentlicher Gründe und insbesondere eine rechtliche eindeutige Grundlage. Beides scheint aktuell nicht vorzuliegen“, so Mario Bloem, Mitglied des Quartierbeirats Karolinenviertel.

Im letzten Jahr sei deutlich geworden, dass der Skywalk zwischen den beiden Messebereichen A und B nicht für die vielen Festival-Besucher ausreiche. Daraufhin habe der Veranstalter den Dienstleister Argus beauftragt: Dieser erstellte ein entsprechendes Verkehrskonzept, wie die Besucherströme entzerrt werden können. „Die Sperrung dient primär der sicheren Querung der Besucherinnen und Besucher zwischen den Messehallen“, erklärt Wencke Thielert, Sprecherin von OMR.

Vollsperrung Karolinenstraße: Bezirkspolitik habe zu spät davon erfahren

Das Problem: Sowohl Bezirkspolitikerinnen und -politiker als auch Anwohnerinnen und Anwohner haben erst dann von der Straßensperrung erfahren, als die Genehmigung schon erfolgt war. Und das nur, weil OMR einen Antrag auf Sondernutzung des öffentlichen Raums stellen musste, um Food Trucks oder Möblierung auf der Straße aufzustellen – darüber muss die Bezirkspolitik abstimmen.

„Ohne diese Sondernutzungen hätten wir als Politik und damit wohl auch die Anwohnerinnen und Anwohner im Vorfeld der Veranstaltung gar nicht von der geplanten Sperrung erfahren“, sagt Manuel Muja, Grünen-Fraktionsvorsitzender in Hamburg-Mitte. Die Genehmigung der Straßensperrung erfolgte über die untere Verkehrsbehörde – also die Polizei Hamburg.

Oliver Sträter: „Wir hätten uns eine frühzeitige Kommunikation gewünscht“

Auch Oliver Sträter, SPD-Fraktionsvorsitzender im Bezirk Hamburg-Mitte, erklärt, dass die Kommunalpolitik erst sehr spät eingeschaltet wurde: „Wir hätten uns eine frühzeitige Information gewünscht, um mit dem Veranstalter für die Menschen im Karolinenviertel weitere Erleichterungen zu verhandeln.“

Manuel Muja, Grünen-Fraktionsvorsitzender von Hamburg-Mitte, kritisiert die geplante Sperrung der Karolinenstraße – und die Kommunikation des Veranstalters (Archivbild).
Manuel Muja, Grünen-Fraktionsvorsitzender von Hamburg-Mitte, kritisiert die geplante Sperrung der Karolinenstraße – und die Kommunikation des Veranstalters (Archivbild). © FUNKE Foto Services | Andreas Laible

Muja sieht es ähnlich – seine Fraktion lehnt die Straßensperrung für das OMR Festival ab: „Wir kritisieren, dass sowohl die Bezirkspolitik als auch die Anwohnerschaft nicht frühzeitiger eingebunden wurden und glauben, dass in diesem Fall eine verträglichere Lösung für das Karoviertel hätte gefunden werden können.“

Sperrung für OMR – Theresa Jakob: „Wir sind zu Recht auf Zinne“

„Augenscheinlich ist OMR von der eigenen Wichtigkeit und Strahlkraft der Veranstaltung so überzeugt, dass ihnen nie in den Sinn kam, dass rund um die Messe Menschen wohnen“, sagt Theresa Jakob, Fraktionsvorsitzende der Linken im Bezirk Hamburg-Mitte. Sie spricht von einem „Kommunikationsdesaster“: „Wir sind zu Recht auf Zinne – wir fühlen uns nicht wahrgenommen und nicht wertgeschätzt.“

OMR-Sprecherin Thielert hingegen erklärt: „Eine Information der Nachbarschaft kann erst dann erfolgen, wenn die Genehmigung vorliegt.“ Bereits in den Vorjahren habe es Beschwerden über den Lärm der Veranstaltung und über die starke Beleuchtung gegeben – dies müsse OMR bewusst gewesen sein, so Jakob. „Für diese Haltung habe ich weder als Anwohnerin noch als Fraktionsvorsitzende Verständnis.“

Straßensperrung wegen OMR Festival: Umwege für Verkehrsteilnehmer

Der belebte Abschnitt der Karolinenstraße zwischen der Lagerstraße und der St. Petersburger Straße soll ab dem 8. Mai (19 Uhr) bis zum 11. Mai (5 Uhr) gesperrt werden. In der Zeit werde der Rad- und Autoverkehr umgeleitet.

Wer zu Fuß unterwegs ist, müsse statt dem vierminütigen Weg einen Umweg von dreifacher bzw. vierfacher Länge nehmen, wie auf der Website des Quartierbeirats Karolinenviertel zu lesen ist. Der Beirat bemängelt, dass die längeren Umwege besonders in der Nacht für Fußgängerinnen und Fußgänger „kein ausreichend angenehmes und sicheres Umfeld“ darstellen.

OMR Festival: Shuttleservice für Fußgängerinnen

Außerdem werde es einen Shuttleservice geben: „Damit Anwohnerinnen und Anwohner sich möglichst uneingeschränkt in der Karolinenstraße bewegen können, richtet OMR einen Shuttleservice ein, der während des Zeitraums durchgängig mit sechs Fahrzeugen im Einsatz ist und auch barrierefreies Überqueren ermöglicht“, sagt OMR-Sprecherin Thielert.

„OMR-Chef Philipp Westermeyer hatte in kleiner Runde vorgeschlagen, dass Anwohner aus dem Karoviertel einen kostenlosen Zugang zum Gelände erhalten könnten“, so Mario Bloem. Das Angebot sei vorerst sehr vage formuliert worden – doch OMR-Sprecherin Thielert verspricht: „Anwohnerinnen und Anwohner von OMR wurden mit Postwurfsendungen vorab informiert und darin auch dazu eingeladen, das OMR Festival kostenfrei zu besuchen. Alle Informationen dazu finden Anwohnerinnen und Anwohner auf dem Handzettel.“

Philipp Westermeyer ist der Chef von OMR. Er will Anwohnerinnen und Anwohnern des Hamburger Karolinenviertels ein kostenloses Messeticket bieten (Archivbild).
Philipp Westermeyer ist der Chef von OMR. Er will Anwohnerinnen und Anwohnern des Hamburger Karolinenviertels ein kostenloses Messeticket bieten (Archivbild). © picture alliance/dpa | Jonas Walzberg

Sperrung Karolinenstraße: Vorschläge der Anwohner wurden ignoriert

Theresa Jakob stellt diese Lösung nicht zufrieden – im Gegenteil: „Was soll ich mit einem Ticket von einer Messe, die mich inhaltlich nicht interessiert?“

Am 14. März habe der Quartiersbeirat Karolinenviertel die Möglichkeit erhalten „die Belange der Anwohnerinnen“ vorzutragen, so Thielert. „Sämtliche konstruktiven Vorschläge des Karolinenviertels, wie die Querung für Festivalbesucher ermöglicht werden kann, ohne die Karolinenstraße vollständig zu sperren, wurden von OMR entweder grundsätzlich abgelehnt oder ignoriert“, so Mario Bloem.

Nach dem Festival, am 8. Juni, soll ein erneuter Austausch zwischen dem Veranstalter und dem Quartiersbeirat stattfinden, um die Umsetzung des Events zu evaluieren.