Hamburg. Unternehmensberater ist Sprecher des Bündnisses “Die Kammer sind WIR“. Die Wahlsieger kündigen erste konkrete Schritte an.

Nach ihrem Sieg bei der Wahl zum Plenum der Handelskammer Hamburg hat das Bündnis „Die Kammer sind WIR“ die Abschaffung der Kammer-Pflichtbeiträge angekündigt. „Wir haben ja vor der Wahl gesagt, was wir ändern wollen, wir wollen die Zwangsbeiträge abschaffen und das werden wir machen“, sagte der Sprecher des Bündnisses, Tobias Bergmann, am Sonnabendabend in der NDR- Fernsehsendung „Hamburg Journal“.

Die ins Plenum gewählten Kandidaten

Am Sonntag wurde Bergmann von dem Bündnis als Kandidat für das Amt des Präses der Handelskammer nominiert. Dies ist ein einflussreiches Amt in Hamburg. Bergmann ist Geschäftsführer einer Unternehmensberatung mit 30 Mitarbeitern und gehört dem Plenum der Handelskammer bereits seit 2011 an. Das neue Kammerplenum tritt im April zusammen und wählt im Mai ein neues Präsidium und einen neuen Präses.

Bergmann weist Gebühren-Einwände zurück

Einwände, für eine Abschaffung der Kammer-Pflichtbeiträge müssten Gesetze geändert werden, wies Bergmann in der NDR-Sendung zurück: „Wir können die Gebührenordnung in Hamburg entscheiden und die Gebühren, die Zwangsbeiträge werden genau null Euro sein. Das können wir machen. Wir müssen natürlich die Kammer so aufstellen, dass sie sich ohne Zwangsbeiträge mit freiwilligen Beiträgen finanzieren kann.“

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Es gebe viele Organisationen, die mit freiwilligen Beiträgen arbeiteten, sagte Bergmann. „Die Kammern in der Schweiz sind ein ganz hervorragendes Beispiel, die mächtig sind, die einflussreich sind, wo die Schweizer oder Schweizer Unternehmer sagen „Wir zahlen freiwillig".“

Duale Ausbildung auf der Agenda

Ein weiterer Fokus des Bündnisses werde das Thema duale Ausbildung in Hamburg sein, das in den vergangenen Jahren stiefmütterlich behandelt worden sei, sagte Bergmann. Die Versorgung mit Fachkräften sei eine zentrale Frage. Vor dem Hintergrund der Digitalisierung müsse geklärt werden, wie die duale Ausbildung weiterentwickelt werden und wie auf Unternehmen anders zugegangen werden müsse. „Da hat man sich zu lange auf Lorbeeren ausgeruht und da werden wir jetzt auch wirklich mit neuem, frischem Wind anpacken“, sagte Bergmann.

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Die "Kammer-Rebellen" feiern im Haus 73 am Schulterblatt ihren Erfolg © Michael Rauhe | Michael Rauhe

Die sogenannten Kammerrebellen hatten bei der Handelskammerwahl einen spektakulären Sieg errungen. Die Kammerkritiker stellen 55 von 58 gewählten Vertretern im neuen Plenum, wie die Kammer nach Auszählung der Wahlergebnisse am Freitag mitteilte. Die Wahlbeteiligung lag mit 17,6 Prozent fast doppelt so hoch wie bei der jüngsten Wahl 2014 und war damit mit Abstand die höchste bei vergleichbaren Kammerwahlen in Deutschland. Die Gruppe „Die Kammer sind WIR“ war mit der Forderung nach Abschaffung der Kammer-Pflichtbeiträge in den Wahlkampf gezogen.

Präses Melsheimer reagiert enttäuscht

Präses Fritz Horst Melsheimer äußerte sich enttäuscht über den Ausgang der Kammerwahl. „Die Behauptung, die Kammer könne die Pflichtbeiträge abschaffen, hat offenbar bei einer Mehrheit derer verfangen, die ihre Stimme abgegeben haben“, sagte er.

Deutlich schärfer äußerte sich das unterlegene Wahlbündnis „Vorfahrt für Hamburg“. „Wir bedauern, dass es der WIR-Gruppe gelungen ist, eine so deutliche Mehrheit der Wähler mit ihren populistischen Parolen, persönlichen Anfeindungen und unseriösen Versprechungen hinter sich zu bringen“, erklärte Willem van der Schalk von dem Bündnis. „Für die Hamburger Wirtschaft und den Standort ist das keine gute Nachricht.“

Die Hamburger Grünen begrüßten dagegen das Ergebnis der Kammerwahl. „Das Wahlergebnis zeigt, wie unzufrieden viele Unternehmer mit den Positionen, der Haltung und dem Vorgehen der Handelskammerführung sind“, erklärte Fraktionsvorsitzender Anjes Tjarks. „Das Bündnis 'Die Kammer sind WIR' hat einen mutigen Wahlkampf geführt und ist nun eindrucksvoll belohnt worden.“

Ruppiger Wahlkampf dreier Gruppen

Die 160.000 Mitgliedsunternehmen der Kammer konnten vom 16. Januar bis zum 14. Februar schriftlich ihre Stimme abgeben. Kammerwahlen finden in der Regel wenig öffentliche Beachtung, doch traten dieses mal drei Wahlbündnisse gegeneinander an und lieferten sich einen intensiven, teilweise ruppigen Wahlkampf. Die nunmehr siegreiche Gruppierung will nicht nur die Pflichtbeiträge zur Kammer abschaffen, sondern auch die Geschäftsführung auswechseln und verkleinern, das Plenum öffentlich tagen lassen und Personal abbauen.

Durch den überraschenden Wahlerfolg der „Kammerrebellen“ sind kaum noch namhafte Hamburger Unternehmer im Plenum vertreten. In den vergangenen drei Jahren gehörten zum Beispiel die Chefs von Vattenfall, der Haspa, Globetrotter, Hansewerk, Hamburger Volksbank, Flughafen Hamburg, Warburg oder Siemens dem Plenum an sowie Vorstände von Airbus, Hochbahn und SAGA. Von ihnen ist lediglich Haspa-Chef Harald Vogelsang übrig geblieben. Die nunmehr gewählten Vertreter der Hamburger Wirtschaft sind weitgehend unbekannt, ebenso die meisten der Unternehmen, die sie leiten.