Hamburg. Chefs der Bürgerschaftsfraktionen mahnen ein Ende des internen Streits in der Wirtschaftsvertretung an.
Angesichts des internen Streits der Handelskammer haben alle in der Bürgerschaft vertretenen Parteien für eine starke Interessenvertretung der Hamburger Wirtschaft plädiert. „Wir wünschen uns eine starke Kammer“, sagte FDP-Fraktionschefin Katja Suding gestern während einer Diskussionsrunde.
Ihr CDU-Kollege Andre Trepoll meinte, die Politik sei auf die Beratung der Wirtschaftsexperten angewiesen. Der Vorsitzende der SPD-Fraktion, Andreas Dressel, forderte eine faire Auseinandersetzung, in der mit Sachargumenten gepunktet werde. Seine Kollegin von der Linken, Sabine Boeddinghaus, hob die Bedeutung der Handelskammer für die Berufsausbildung hervor.
PDF: Die Thesen der drei Gruppierungen
Die Kammer hatte gestern aus Anlass ihrer Gründung vor 352 Jahren zu einer Festveranstaltung geladen. Die Podiumsdiskussion der Fraktionschefs war ein Teil davon. Die Politiker scheuten sich dabei nicht, die rund 160.000 Mitgliedsunternehmen der Handelskammer an ihre gesellschaftliche Verantwortung zu erinnern, und mahnten ein Ende des Streits an. Daher müssten die unterschiedlichen Interessengruppen „ihre Sprachlosigkeit überwinden“ und aufeinander zugehen, sagte der Grünen-Fraktionschef Anjes Tjarks.
Hintergrund sind die seit dem vergangenen Montag laufenden Wahlen des Plenums der Kammer. Seit Monaten tobt unter den drei Bündnissen, die zur Wahl der 58 Plenumssitze antreten, ein heftiger, unversöhnlicher Streit. Da sind die sogenannten Rebellen „Die Kammer sind WIR!“, die „Reformer“ der Gruppe „Unternehmer für Hamburg“ und die „Traditionalisten“ von „Vorfahrt für Hamburg“, die weitgehend an den bisherigen Strukturen festhalten wollen.
SPD verteidigt Pflichtmitgliedschaft
Hauptstreitpunkte sind das Gehalt des Hauptgeschäftsführers der Handelskammer, öffentliche Meinungsäußerungen von Kammerpräses Fritz Horst Melsheimer und die Frage, ob die Pflichtbeiträge und damit verbunden die Pflichtmitgliedschaft abgeschafft gehören.
SPD-Fraktionschef Andreas Dressel verteidigte ausdrücklich die Pflichtmitgliedschaft von Unternehmen. Ihr liege ein Solidarprinzip zugrunde, das gerade in dieser Zeit hochgehalten werden müsse. Dressel verwies auf die Leistungen der Kammer im Bereich der Ausbildung und der Dienstleistungen. Auch AfD-Fraktionschef Jörn Kruse mochte auf das Prinzip der Pflichtbeiträge nicht verzichten. Der Verzicht darauf könne zum „Rosinenpicken“ führen, bei dem Unternehmen nur dann für Leistungen zahlten, wenn diese ihnen nutzten. Die Folge seien geringe Einnahmen, und der Einfluss der Kammer in der Stadt würde schwinden, sagte Kruse.
Demokratische Teilhabe
Präses Fritz Horst Melsheimer hatte zu Beginn der Veranstaltung für die Kammer in ihrer jetzigen Verfasstheit geworben. Keine andere Handelskammer in Deutschland praktiziere mehr demokratische Teilhabe als die Hamburger Institution. Zudem betonte Melsheimer die Bedeutung der Tradition und warnte: Wer den Zeitgeist heirate, laufe Gefahr, rasch Witwer zu werden.