Hamburg. Die Polizei hofft doch noch irgendeinen Hinweis auf den Mörder von Victor E. zu finden und ermittelt weiter “in alle Richtungen“.

Vier Wochen nach dem Mord an einem 16-Jährigen an der Kennedybrücke hat die Polizei am Dienstag erneut in der Alster nach der Tatwaffe gesucht. Ein Polizeiboot und ein Taucher waren am Vormittag im Einsatz. Neue Hinweise, die eine erneute Suche nötig gemacht hätten, seien jedoch nicht eingegangen. Vielmehr hofft die Polizei doch noch irgendeinen Hinweis auf den Mörder von Victor E. zu finden. „Die Hoffnung ist natürlich, dass sich noch unentdeckte Spuren finden lassen“, sagte ein Polizeisprecher.

Polizei ermittelt "in alle Richtungen"

Der Mord unter der Kennedybrücke hatte bundesweit Entsetzen ausgelöst. Die Polizei präsentierte zwar nach dem tödlichen Messerangriff auf einen 16 Jahre alten Jungen ein Phantombild, das den unbekannten Täter zeigen soll. Doch der erhoffte Durchbruch blieb bislang aus. Einen Monat nach der Tat am 16. Oktober ermittelt die Mordkommission immer noch „in alle Richtungen“. Damit ist klar: Es gibt keinerlei „heiße Spur“.

Das Opfer war ein 16-Jähriger aus „gutem Hause“, der Sohn einer Schauspielerin. Gegen 22 Uhr griff ihn ohne jede Vorwarnung ein etwa 23 bis 25 Jahre alter Mann an. Von mehreren Messerstichen getroffen, brach der Gym­nasiast zusammen. Unter Wieder­belebungsmaßnahmen wurde er ins Krankenhaus gebracht. Dort erlag er seinen schweren Verletzungen. Seine ein Jahr jüngere Freundin, mit der er unter der Brücke auf den Stufen gesessen hatte, überlebte den Angriff. Sie war von dem Täter ins Wasser gestoßen worden und hatte sich selbst retten können.

Die Suche per E-Mail bei Ärzten blieb erfolglos

Die Mordkommission hatte nach der Tat auch das Umfeld des Opfers durchleuchtet und mögliche Gründe für eine derartige Tat gesucht – vergebens. Auch eine große E-Mail-Aktion, bei der die Polizei rund 11.500 Ärzte anschrieb, weil sich der Täter bei dem Angriff selbst an der Hand verletzt haben soll, blieb erfolglos. Niemand kannte einen Patienten, der sich wegen so einer Verletzung behandeln ließ. Ermittlungen in der nahen Obdachlosenszene blieben ebenso erfolglos wie die Überprüfungen innerhalb der Partyszene auf dem Jungfernstieg, die in den Wochen vor dem Messerangriff wegen Straftaten und Übergriffen zu einem Brennpunkt für die Polizei geworden war.

Phantombild des Mörders von der Kennedy-Brücke
Phantombild des Mörders von der Kennedy-Brücke © Polizei Hamburg | Polizei HH

Anfang November schöpfte die Polizei Hoffnung. Eine Zeugin brachte durch die Berichterstattung in den Medien eine Beobachtung, die sie kurz vor der Tat gemacht hatte, mit dem Messerangriff in Verbindung. Ihr war ein junger Mann an der benachbarten Lombardsbrücke aufgefallen. Die Frau konnte sich sehr gut an die Begegnung erinnern und eine sehr genaue Beschreibung des Mannes abgeben.

„Die nach ihren Angaben erstellten Phantomskizze ist nach unserer Einschätzung sehr gut“, sagt Timo Zill. Auch die 15-Jährige, die den Angriff überlebte, konnte sich an so viele Details erinnern, dass sich die Polizei sicher ist, dass die Skizze den Täter zeigt.

Ein IS-Attentat wird weitgehend ausgeschlossen

Eine Verbindung des Täters zum Islamischen Staat halten die Ermittler nach wie vor für unwahrscheinlich. Das IS-Sprachrohr „Amak“ verbreitete einige Zeit nach der Tat ein Bekenntnis der Terrormiliz Islamischer Staat.

Die Bekennungen waren jedoch fehlerhaft, kamen erst zwei Wochen nach der Tat und enthalten keinerlei sogenanntes Täterwissen, das nur der Angreifer kennen kann und das den Verdacht untermauern würde. So sagt Polizeisprecher Timo Zill mittlerweile zu der von vornherein äußerst umstrittenen IS-These: „Das schließen wir nach eingehender Analyse weitestgehend aus.“