Hamburg. Bis zu 250 Wohnungen, davon 60 Prozent öffentlich gefördert, sollen entstehen. Außerdem Gastronomie, Einzelhandel und Hotel geplant.

Lange schienen die Interessen unvereinbar: Auf der einen Seite die Bayerische Hausbau mit ihren in erster Linie wirtschaftlichen Interessen; auf der anderen die Anwohner-Initiative, der vor allem an günstigem Wohnraum und kulturellen Angeboten gelegen ist. Dennoch ist es jetzt zu einer Einigung über die Zukunft des rund 6100 Quadratmeter großen Esso-Areals am Spielbudenplatz gekommen. Das Beteiligungsverfahren, das die „PlanBude“ im Auftrag des Bezirks durchgeführt und an dem sich rund 2000 Bürger beteiligt hatten, war ein für viele überraschender Erfolg.

Am Montag wurde das gemeinsame Konzept für die Neubebauung vom Bezirk Mitte, dem Investor Bayerische Hausbau und der PlanBude zunächst den Medien im St. Pauli Museum und später der Öffentlichkeit im Wirtschaftsgymnasium St. Pauli an der Budapester Straße vorgestellt. Die Esso-Häuser waren im vergangenen Jahr abgerissen worden, seitdem liegt die Fläche brach: Insgesamt sollen mit 14.800 Quadratmetern Wohnfläche bis zu 250 Wohnungen in sechs- bis neungeschossigen Gebäuden entstehen. Dabei sollen 60 Prozent öffentlich geförderte Wohnungen gebaut werden: 38,5 Prozent im ersten Förderweg mit Kaltmieten um 5,80 Euro pro Quadratmeter, weitere 20 Prozent sind für öffentlich förderungsfähige Baugemeinschaften beziehungsweise Genossenschaften vorgesehen. Nur rund 40 Prozent sollen frei finanzierte Mietwohnungen mit marktüblicher Miete werden. Eigentumswohnungen sind gar nicht geplant. Dafür aber gibt es rund 11.350 Quadratmeter Gewerbe mit Gastronomie, Nahversorgung und ein Hotel mit rund 6000 Quadratmetern Fläche. Die Gewerbeflächen sollen nicht an Filialisten vergeben werden, sondern an individuelle Betreiber. Auch eine Erweiterung des benachbarten „Panoptikums“ ist im Gespräch.

Weitere 2530 Quadratmeter Fläche sollen für „stadteilbezogene und innovative Nutzungen“ zur Verfügung stehen: Dazu sollen unter anderen eine Stadtteilkantine und Räume für das St. Pauli Museum gehören, das dann von der Davidstraße umziehen würde. Auch der legendäre Musikclub Molotow soll zurückkehren und in einem zweigeschossigen Untergeschoss zudem ein Saal für ein Theater oder Kino entstehen. Auch einen 24-Stunden-Shop soll es geben, der ein wenig an die Esso-Kulttankstelle erinnern soll, die Jahrzehnte am Spielbudenplatz ein Anlaufpunkt für Nachtschwärmer war.

Dass nun nach jahrelangen Diskussionen eine Einigung über die Zukunft der Fläche erzielt werden konnte, begrüßte Bezirksamtschef Andy Grote (SPD) überschwänglich: „Mit dieser einvernehmlichen Lösung im Interesse des Stadtteils ist etwas Großes gelungen. Wir haben die Weichen gestellt, für ein echtes, neues Stück St. Pauli mit Platz für alle und alles.“

Die Bayerische Hausbau als Eigentümer ist offensichtlich viele Kompromisse eingegangen, um das Bauvorhaben überhaupt in absehbarer Zeit realisieren zu können. Sofern es nun keine größeren Widerstände aus der Bevölkerung mehr gibt, ist ein Baubeginn in der zweiten Jahreshälfte 2017 realistisch. Geschäftsführer Bernhard Taubenberger sprach am Montag von „wirtschaftlichen Zugeständnissen, die wehtun“.

Besonders die 60 Prozent öffentlich geförderter Wohnraum, aber auch der Verzicht auf lukrative Eigentumswohnungen, dürften die Marge der Investoren deutlich schmälern.

Die Bayerische Hausbau hatte die Fläche bereits im Jahre 2009 erworben. Jahrelang gab es mit der „Initiative Esso-Häuser“ Streit um den Abriss der Gebäude. Immer wieder wurden Gutachten über den Zustand der Immobilien von beiden Seiten in Auftrag gegeben. Doch dann mussten die Bewohner im Dezember 2013 plötzlich ausziehen, weil bei den Esso-Häusern Einsturzgefahr bestand.

Aber der Bayerische-Hausbau-Geschäftsführer Taubenberger hat auch lobende Worte parat: „Wir haben einen guten Kompromiss gefunden, mit dem Politik, Verwaltung, Stadtteil und wir zufrieden sein können.“ Die Macher der PlanBude, die für die Begleitung des Beteiligungsverfahrens rund 100.000 Euro von der Stadt erhalten haben, zeigten sich denn auch zufrieden: Der PlanBuden-Prozess sei ein voller Erfolg und setze Maßstäbe für eine „partizipative Stadtentwicklung“, die auf das Wissen vieler setze, so die Mitglieder der PlanBude.

Der städtebauliche Wettbewerb soll von Juni bis September dieses Jahres laufen, und daran schließt sich das Bebauungsplanverfahren an.

Auch die Politik reagierte positiv: „Wir freuen uns, dass der erste große Schritt geschafft ist. Durch den intensiven Beteiligungsprozess mit den Bürgern, initiiert durch den Bezirk Mitte und umgesetzt durch die PlanBude, wurden viele gute Ideen und Forderungen erarbeitet“, sagte Grünen-Fraktionschef Michael Osterburg.

Die Zukunft nimmt Form an
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