Der bewegende Film „buy buy St. Pauli“ ergreift Partei für die Bewohner der Esso-Häuser. Sie sind die Protagonisten der Langzeit-Doku über das Schicksal der jetzt abgerissenen Kult-Immobilie.
Hamburg. Es begann 2013 mit kleinen Porträts von Mietern. Andreas Hofstetter zum Beispiel, er wohnte seit 25 Jahren in den Esso-Häusern. Genauso lange wie Evi Madejski, die resolute Oma mit den Tattoos. Herr Vagt, Betreiber des Auto-Hotels, hielt seit 1979 hier die Stellung. Heinz Barth, lange zur See gefahren, zog 1976 ein. Platz eins hielt Ruth Oberdick mit sagenhaften 52 Jahren Mietzeit.
Sie sind die Protagonisten von „buy buy st. Pauli“, der Langzeit-Doku über das Schicksal der Esso-Häuser. Irene Bude, Olaf Sobczak und Steffen Jörg, die 2009 mit der Doku „Empire St.Pauli“ bekannt geworden sind, begleiteten die Mieter monatelang, in den letzten Wohnmonaten, während der nächtlichen Evakuierung im Dezember 2013 und danach. Jetzt ist der Film über St. Paulis berühmteste Baustelle endlich fertig. Bei der Premiere im Ballsaal des FC St. Pauli am Sonntag wurde er bejubelt – für viele im Stadtteil sind es 90 Minuten Wiedererkennungswert.
Gerade die Kontraste machen den Film so lebendig: oben die liebevoll verplüschten Wohnungen, während unten im Hof schon die Planierraupen fahren und die Fliederbüsche niederwalzen. Die Demos auf dem Spielbudenplatz mit Klobürsten, Bayrisch-Lernen und dem hinreißenden Megafonballett.
Schon die Eingangssequenz beeindruckt
Die etwas steife Darlegung von Bernhard Taubenberger, dem Sprecher des Investors Bayerische Hausbau, der lange vor der Räumung noch blühende Landschaften versprach. Interviews mit Stadtplanern und Bezirksamtsleiter Andy Grotes fast hilflose Ansprache bei jenem trübseligen Mieter-Kaffeetrinken am 4. Advent vorigen Jahres, als bei den frisch Evakuierten im Erdgeschoss der Tanzenden Türme keine Stimmung aufkommen wollte.
Schon die Eingangssequenz beeindruckt: eine lange (Luft-)Kamerafahrt auf die Esso-Häuser, als sie noch standen. Sie wurde nicht mit einem Kran, sondern mit einem Oktokopter gemacht, also einer Drohne, sagt Irene Bude. Mehr als zwei Jahre lang hat das Team gefilmt, interviewt, vertont und geschnitten. Animationen zeigen unter anderem das Konzerngeflecht der Schörghuber-Gruppe, zu der der Investor Bayerische Hausbau gehört. Schlusspunkt des Films ist die Einweihung der „Planbude“ am Spielbudenplatz am vorigen Wochenende, Symbol der Bürgerbeteiligung, die Anwohner und Initiativen für die Neugestaltung des Esso-Areals ertrotzt und erkämpft haben.
Der Film ergreift Partei – für die Mieter und eine soziale Stadtplanung. Der Fall Esso-Häuser steht exemplarisch für einen Verdrängungsprozess, aber St. Pauli stemmt sich mit viel Energie dagegen. Der Film wird in anderen Hamburger Stadtteilen und mehreren Programmkinos gezeigt sowie demnächst auch in Berlin und Wien.
„buy buy st. pauli“ u.a. 5.11., 19 Uhr, Bramfelder Brakula, 6.11., 19 Uhr, ella-Kulturhaus Langenhorn, 25.11., 20 Uhr, Eidelstedter Bürgerhaus; 1.12., 22.30 Uhr, Zeise Kino, 3.12., 19 Uhr, Kino 3001, 7.12., 17 Uhr und 18.12., 21.15 Uhr, Metropolis Kino, 14.12., 20.15 Uhr, Molotow; Termine und Informationen auf www.buybuy-stpauli.de