St. Pauli. Die PlanBude für die Zukunft des Areals auf St. Pauli stößt auf riesige Resonanz bei den Anwohnern.
Sie haben Legosteine aufeinandergestapelt und Knetberge zu Fassaden geformt, haben sich die Hände wundskizziert und seitenlange Aufsätze verfasst, haben Zeit, Energie und Hirnschmalz geopfert: Viele Menschen, nicht nur aus St. Pauli, haben in den vergangenen Monaten die Chance genutzt, ihre Ideen für die geplante Neubebauung des Esso-Areals miteinzubringen. Zuletzt war die Ideensammlung der PlanBude nach den Worten der Initiatoren „pickepackevoll“.
Mit Spannung dürften daher viele auf die Stadtteilversammlung hingefiebert haben. „Wir haben jedoch noch nicht alles gesichtet“, stellt Renée Tribble von der PlanBude zu Beginn klar. Kein Wunder: Bei mehr als 2000 Beiträgen haben die Macher derzeit auch alle Hände voll zu tun. „Wir sind mit dem Feedback aus dem Stadtteil mehr als zufrieden“, sagt Kollegin Margit Czenki. „Es ist für uns schön zu sehen, dass sich so viele Menschen aus allen Altersschichten beteiligt haben.“
Ist der St. Pauli Code denn jetzt geknackt? Nun ja, zumindest einige griffige Thesen haben die PlanBuden-Macher aus den vorliegenden Beiträgen bereits zusammengefasst. „Unterschiedlichkeit statt Homogenität“ zählt ebenso dazu, wie „günstig statt teuer“ oder die Forderung nach „alt vor neu“. Gewünscht wird „schmuddeliger Glamour, echt und lebendig, statt Hochglanzfassade“. Noch mehr Büros, Musicals, Luxushotels oder Supermarktketten erteilt eine Vielzahl der Teilnehmer dagegen eine deutliche Absage.
Ganz weit oben auf der Agenda steht für viele vor allem das Thema Mieten. So wünschen sich 52 Prozent der Befragten vor allem bezahlbaren Wohnraum auf dem Esso-Areal. Kleine und günstige Wohnungen für Alleinerziehende und Senioren, aber auch für Flüchtlinge und Obdachlose, werden ebenso befürwortet, wie der Wunsch nach familiengerechtem und gemeinschaftlichem Wohnen.
Ein Dachgarten ist eine der vielen Ideen, die es für den Neubau gibt
Überhaupt scheint der Wunsch nach einer informellen Begegnungsstätte, einem mehr oder weniger öffentlichen Ort des Miteinanders, vielen Teilnehmern sehr wichtig zu sein. Dies betrifft sowohl Räume für die Bewohner selbst (wie eine Werkstatt oder ein Proberaum für Musiker), ebenso aber auch Orte, die für alle jederzeit zugänglich sein sollen. Ginge es nach den Teilnehmern, wäre ein Dachgarten auf dem Neubau daher quasi schon beschlossene Sache – ob mit Palmen oder ohne. „Auf die Dächer muss Leben“, fasst Christoph Schäfer die allgemeine Stimmung zusammen.
Manch einer der Anwesenden hält die vorgestellten Ideen jedoch für „beinahe komplett realitätsfern“. Der Aspekt der Finanzierung und Wirtschaftlichkeit sei völlig außer Acht gelassen worden. „Die Vorschläge haben Hand und Fuß“, widerspricht hingegen Andreas Gerhold von den Piraten.
Auch Bezirksamtsleiter Andy Grote (SPD) zeigte sich beeindruckt. Die hohe Zahl der Teilnehmer sei bereits ein Erfolg in sich. „Die Intensität, wie man über viele Fragen nachgedacht hat, ist beeindruckend und verdient Wertschätzung“, sagt Grote. Besonders an der Idee eines Dachgartens scheint der Bezirksamtsleiter Gefallen gefunden zu haben. Viele Ideen und Anregungen seien jedoch zum Teil sehr kleinteilig und in mancher Hinsicht widersprüchlich. „Die Frage wird sein: Wie kriegen wir das unter?“
Auf die Frage nach der Umsetzbarkeit zeigt sich Grote optimistisch, betont aber: „Wir kommen jetzt in die kritische Phase.“ Konfrontation sei dabei nicht ausgeschlossen. „Ein Risiko besteht immer.“ Demnach werde der Eigentümer, die Bayerische Hausbau, am Ende wohl nur bauen, wenn es eine gesamtwirtschaftliche Finanzierungsgrundlage gibt. „Wir werden daher eine Balance zwischen den verschiedenen Nutzungsarten finden müssen.“
Der eigentliche Stresstest für das Projekt PlanBude steht somit erst noch bevor. Die spannende Frage, ob und wie genau bestimmte Vorschläge in der Aufgabenstellung für den anstehenden Architektenwettbewerb, der im Juni starten soll, festgeschrieben werden können, wird man wohl erst in einigen Wochen beantworten können. „Wir haben bereits eine gute Übersicht zusammengestellt“, sagt Renée Tribble von der PlanBude. Nun gehe es darum, die bereits ausgewerteten Tendenzen weiter zuzuspitzen und die „Hard Facts“ herauszuarbeiten. Diese sollen dann bei der nächsten Stadtteilversammlung am 11. April erörtert werden.