Staatsanwaltschaft Hamburg leitet Vorermittlungsverfahren ein. Untreue, Betrug oder Täuschung möglich. Ein möglicher Ansatz für staatsanwaltschaftliche Ermittlungen findet sich im PUA-Bericht.

HafenCity/Neustadt. Hamburgs größter Bauskandal beschäftigt jetzt auch die Staatsanwaltschaft. „Wir haben am 25. April ein Vorermittlungsverfahren eingeleitet“, bestätigte Nana Frombach, Sprecherin der Staatsanwaltschaft, gegenüber dem Abendblatt das Vorgehen der Justiz. In dem Verfahren soll geklärt werden, ob der Bericht des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses (PUA) Elbphilharmonie Hinweise für verfolgbare Straftaten enthält. Dabei könnte es sich um Untreue, Betrug oder Täuschung handeln. „Für eine Einschätzung, ob sich aus dem Bericht gegen einzelne Personen zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für nicht verjährte Straftaten ergeben werden, ist es allerdings noch zu früh“, sagte Nana Frombach.

Für ein Ermittlungsverfahren bedarf es eines konkreten Anfangsverdachts

Die Staatsanwaltschaft ist im Moment dabei, den 640 Seiten starken Bericht des Untersuchungsausschusses zu lesen, der Anfang April fertiggestellt worden ist. „Danach werden wir bewerten, ob es Ansätze zu einem Ermittlungsverfahren gibt“, sagte Frombach. Dazu bedarf es eines konkreten Anfangsverdachts für eine Straftat. Bloße Mutmaßungen oder allgemeine Vorurteile genügen nicht, um ein Ermittlungsverfahren gegen Personen oder gegen unbekannt einzuleiten.

Die Geschichte der Elbphilharmonie ist eine Aneinanderreihung von Fehleinschätzungen und Desinformation, Alleingängen und mangelndem Fachwissen. Als die Bürgerschaft im Februar 2007 einstimmig beschloss, das Jahrhundertbauwerk an der Elbe zu bauen, waren die Kosten für den Steuerzahler überschaubar: 114,3 Millionen Euro sollte das Konzerthaus kosten. Und schon damals wurde kritisiert, dass der öffentliche Finanzierungsanteil im Verhältnis zu den 77 Millionen Euro aus der Machbarkeitsstudie vom Sommer 2005 um 48 Prozent gestiegen war. Nun soll die Elbphilharmonie im Frühjahr 2017 eröffnet werden und den Steuerzahler 789 Millionen Euro kosten.

Als Hauptverantwortliche für die Kostenexplosion werden im PUA-Bericht namentlich als einzelne Personen der ehemalige Bürgermeister Ole von Beust (CDU), sein Staatsrat Volkmar Schön (CDU), die damalige Senatorin Karin von Welck (parteilos), die Chefs der städtischen Realisierungsgesellschaft ReGe, Hartmut Wegener und Heribert Leutner, sowie die beratende Rechtsanwältin Ute Jasper genannt. Dazu kommen die Architekten von Herzog & de Meuron sowie Höhler + Partner, und der Baukonzern Hochtief.

Ein möglicher Ansatz für staatsanwaltschaftliche Ermittlungen findet sich im PUA-Bericht, der für jeden zugänglich in der Parlamentsdatenbank zu finden ist. Dort heißt es zur Information der Öffentlichkeit durch den Senat auf Seite 489: „Eine teils fehlerhafte und teils bewusste falsche Information der Bürgerschaft durch den Senat – größtenteils auf der Grundlage von Informationen der ReGe – zieht sich wie ein roter Faden bei dem Projekt der Elbphilharmonie durch alle Phasen, von den Kostenprognosen über den Vertragsabschluss bis hin zu den Kostensteigerungen und den daraus resultierenden Nachträgen.“

So ist die Bürgerschaft zum Beispiel nicht darüber informiert worden, dass in einem Bürgermeistergespräch im Juni 2006 die Entscheidung getroffen wurde, dass die Stadt selbst zum Bauherren für Hotel, Parkhaus und Gastronomie wird. In ihrem Minderheitsbericht zum Abschlussbericht hat die Fraktion Die Linke errechnet, dass diese Entscheidung zu Mehrkosten von 288 Millionen Euro geführt hat.

Der Senatsbeschluss vom Januar 2005 sah für diesen kommerziellen Bereich eigentlich einen privaten Investor vor, der Kosten und Risiken der sogenannten Mantelbebauung trägt. Dazu heißt es im PUA-Bericht: „Diese Vorgehensweise wirft die Frage auf, ob der Erste Bürgermeister von Beust seine Befugnisse überschritten hat, indem er die ursprünglich vom Senat als Kollegialorgan getroffene Entscheidung am 28. Juni 2006 nur mit einigen Senatoren unter Beteiligung Herrn Wegeners abänderte.“

Eine Täuschungshandlung kann auch bei Unterlassen vorliegen

Eine Täuschungshandlung kann auch bei Unterlassen vorliegen. Ist die Bürgerschaft also getäuscht worden, als sie nicht darüber informiert wurde, dass plötzlich die Stadt Bauherr eines Luxushotels wird? „Ob der Senat rechtlich zwingend in dieser Angelegenheit über seinen gegenläufigen Beschluss hätte entscheiden müssen, lässt sich folglich nicht mit Bestimmtheit sagen“, so der PUA-Bericht. Nun muss also die Staatsanwaltschaft klären, ob hier eine Straftat Einzelner vorliegt. Heute tagt auch die Bürgerschaft zu dem Thema.