Bald soll der Bau des Konzerthauses beginnen. Den Verantwortlichen geht es um Geheimhaltung. Teil 3 der Elbphilharmonie-Serie im Abendblatt.

Im Kaisersaal zeigt sich die ganze Pracht des Rathauses. Die hohen Decken und die Wände sind prunkvoll verziert, große Kronleuchter spenden festliches Licht, ein dicker roter Teppich dämpft die Schritte. Im zweitgrößten Saal des Rathauses hat schon Kaiser Wilhelm II. diniert. Heute sind Bürgerschaftsabgeordnete, viele Journalisten und ungewöhnlich viele Besucher über die breiten Treppen in den zweiten Stock des Rathauses hinaufgekommen. Manchmal werden auch Sitzungen des Haushalts- und des Kulturausschusses mit Spannung erwartet.

Es ist der 16. Januar 2007. Es geht um die Elbphilharmonie. In drei Monaten soll der Bau beginnen. Heute haben die Abgeordneten die Chance, sich direkt bei den Verantwortlichen über das Millionenprojekt zu informieren.

Um 17 Uhr begrüßt der Vorsitzende Ralf Niedmers (CDU) Senatorin Karin von Welck, Hartmut Wegener, Pierre de Meuron, Christoph Lieben-Seutter und „ganz herzlich” die „Vertreter der Investorenseite”. Ist ihm wirklich nicht klar, dass es im Prinzip gar keine Investoren mehr gibt? Dass die Stadt längst selbst zum Hotel-Investor geworden ist?

Was dann folgt, kann man getrost als Märchenstunde bezeichnen. Von Welck wirbt für das „Wahrzeichen des 21. Jahrhunderts”, das zu einem „Festpreis” entstehen werde. Sie muss doch wissen, dass die Kosten für viele Bereiche des Baus bisher nur grob geschätzt sind. Eben deswegen sind ja so viele „Budgets“ gebildet worden.

Wegener spricht von einer „intelligenten Gesamtkonzeption“, nach der die „privaten Investoren“ einen erheblichen Teil der Kosten für die Hülle, das Dach und die Erschließung tragen. Und genau deshalb, sagt Wegener, „liegen die Baukosten für den öffentlichen Bereich im internationalen Vergleich hochkarätiger Konzerthallen niedrig“. Wegener sagt weiter: „Unwägbare Risiken bestehen nicht – Punkt.“ Und: „Das Kostenrisiko liegt allein beim Bieterkonsortium IQ2.“

Nur für den Fall nachträglicher Planungsänderungen durch die Stadt, erläutert er, könne es zu Kostensteigerungen kommen. „Dies werden wir, soweit irgend möglich, ausschließen.”

Die Fakten sind komplett andere: Die Umplanungen für einen dritten Konzertsaal sind in vollem Gange. Zwischen Hochtief und den Architekten herrscht planerisches Chaos. Deren Terminpläne sind nicht aufeinander abgestimmt. Die Investorenplanung ist nicht integriert. Die Stadt ist selbst Investor für Hotel, Parkhaus und Gastronomie und trägt das Risiko. Die Strabag hatte kein Angebot abgegeben, weil die Leistungsbeschreibung so ungenau gewesen sei, dass man noch 100 Millionen Euro oben drauf legen müsste, um das Risiko zu minimieren. Hochtief hatte gar gedroht, den Vertrag nicht zu unterschreiben. Wegeners Projektleiter hatte vor der Unterschrift gewarnt. Es gibt ernst zu nehmende Zweifel an der Tragfähigkeit des Speichers.

Von alldem erfahren die Bürgerschaftsabgeordneten und damit die Öffentlichkeit an diesem grauen Januarabend – nichts.

Der Auftritt von Ute Jasper passt da ins Bild. Die Vergabe-Rechtlerin in Diensten der ReGe wird gefragt, ob es „keine auch noch so kleine Hintertür für Kostensteigerungen gibt?” Jasper: „Ja, wir können sicher sein. Es ist ein Pauschalfestpreis, und Baukostensteigerungen führen nicht zu Preisanpassungen.“

Auf die Frage eines Abgeordneten, ob die Rücknahme der Vergaberüge von Strabag Geld gekostet habe, sagt von Welck: „Es ist in diesem Zusammenhang kein Geld an die Strabag geflossen.” Das ist ganz geschickt formuliert. Sie sagt aber nicht, dass die Stadt der Strabag ein Zahlungsversprechen in Höhe von drei Millionen Euro abgegeben hat. Auch eine diesbezügliche Schriftliche Kleine Anfrage der SPD-Abgeordneten Gesine Dräger an den Senat bleibt mit Hinweis auf den Schutz von Geschäftsgeheimnissen unbeantwortet.

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