Ausmaß der Verschleierung nimmt weiter zu. Das Bauwerk entfaltet mehr und mehr seinen Reiz. Teil 4 der Elbphilharmonie-Serie im Abendblatt.

Anfang 2009 kehren die Abgeordneten langsam aus den Weihnachtsferien zurück. Die 38 Seiten starke Drucksache über den Nachtrag 4, die der Senat der Bürgerschaft kurz vor Weihnachten unter den Tannenbaum gelegt hatte, haben die meisten noch gar nicht registriert, geschweige denn gelesen. Sie wissen noch nicht, in welchem Umfang sie hinters Licht geführt werden. Aber Hartmut Wegener hat sie gelesen, Und er ist erbost.

Am 6. Januar nimmt er ein Blatt Papier und einen Füller zur Hand und schreibt an Ole von Beust – „persönlich“. Auf einer DIN-A4-Seite beklagt er sich, dass in der Senatsdrucksache ein Zusammenhang hergestellt werde zwischen dem „für die Stadt sehr ungünstigen Ergebnis“ des Nachtrags 4 und seinen Verhandlungen mit Hochtief. Er bittet um Korrektur der „irreführenden Passagen“. Das bleibt bis heute sein Credo: Mit mir wäre das nicht passiert!

Es gibt zwar kaum Beteiligte, die diese Haltung teilen. Aber Wegener liegt mit der Einschätzung richtig, dass der Nachtrag 4 für die Stadt eine Katastrophe ist. Schon bald wird der Streit wieder von vorn beginnen, er wird sich vier Jahre lang hochschaukeln und eskalieren, bis das Projekt Elbphilharmonie 2012 nur durch eine glückliche Fügung des Schicksals kurz vor dem Aus gerettet wird.

Anfang des Jahres befasst sich die Bürgerschaft mit der neuen Lage. Am 23. Januar 2009 preist Karin von Welck vor dem Haushaltsausschuss den Nachtrag 4 als großen Wurf: „Alle heutigen Projektverantwortlichen haben aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt, und daher wurde das Projekt in seiner Struktur“ – das betont sie noch einmal – „in seiner Struktur neu aufgestellt.“ Das ist eine merkwürdige Sichtweise, denn an den Projektstrukturen hat sich gar nichts geändert: Unfertige Planung, unvollständiges Bausoll, nicht gedeckelte Budgets, komplizierte Aufteilung der Planung zwischen Baufirma und Architekt – alles noch da.

Doch das Ausmaß der Verschleierung nimmt noch zu. Dabei geht es um die 48,2 Millionen Euro, die Hochtief für Projektänderungen erhalten hatte. Die Forderungen waren im Herbst 2008 nie detailliert geprüft worden. Als die SPD nun Anfang 2009 beantragt, dass alle Akten der Bürgerschaft übergeben werden sollen, bekommt man bei der ReGe kalte Füße und fordert die Architekten auf, nachträglich detaillierte Begründungen für jede PÄM zu erstellen.

Damit beauftragt wird der Ingenieur Birger Bannier. Er ist erstaunt, liefert aber die Unterlagen. Etwa 60Ordner, voller Gutachten und juristischer Stellungnahmen, alles undatiert. Warum kein aktuelles Datum? „Das war vonseiten der ReGe nicht gewünscht“, so Bannier. Denn die Akten sollen ja den Eindruck erwecken, sie seien im Herbst 2008 entstanden.

ReGe-Chef Heribert Leutner bestätigt zwar den Vorgang an sich, weist aber jeden Manipulationsvorwurf zurück. In den hektischen Verhandlungen zum Nachtrag 4 sei man einfach nicht mehr dazu gekommen, die Akten zu pflegen, daher sei das nachträglich geschehen.

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