“Voll auf Kurs mit Russisch“: Auf dem Ausbildungsschiff “Mir“ treten Hamburger Schüler bis Mittwoch bei einer Russisch-Olympiade an.

Hamburg. Die Sonne scheint, die Elbe plätschert und die Russen sind da. Richtig gehört, pünktlich zum gestrigen Tag der Befreiung hat das russische Segelschulschiff „Mir“ für den Hafengeburtstag seinen Weg nach Hamburg gefunden. Statt das Deck zu wienern und die Masten zu streichen, haben die Kadetten 60 Hamburger Schüler auf ihr Schiff eingeladen: Unter dem Motto „Voll auf Kurs mit Russisch“ veranstaltet der Hamburger Russischlehrerverband zum 36. Mal zur Russisch-Olympiade: Bei der kunterbunten Veranstaltung stellen die jungen Fremd- und Muttersprachler ihr Können unter Beweis. Und so ganz nebenbei lernen sie das wahre Leben an Bord kennen.

„So, ab jetzt sind wir in Russland“, ruft Mathias Burghardt, Vorsitzender des Hamburger Russischlehrer-Verband, während er eine Gruppe von Schülern unter Deck führt. Das Auditorium des Schiffs ist schon fast voll, ein buntes Stimmenwirrwarr aus Russisch und Deutsch erfüllt den Raum. Nachdem alle Schüler und sieben Lehrer unter Deck Platz gefunden haben, begrüßt Burghardt die wilde Meute: In lautstarkem russischen Kommandeurston leitet er die Veranstaltung ein – die Olympioniken johlen.

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Doch solch eine Russische Olympiade ist keine lauschige Freizeitveranstaltung: Bis einschließlich Mittwochnachmittag stehen für die Fremdsprachler Hör – und Leseverständnisübungen sowie kleine Schreibaufgaben an. Die Muttersprachler arbeiten mit deutschen Texten, die sie sinngemäß nacherzählen und interpretieren. Die große Kür steht ihnen zum Schluss bevor: eine mündliche Prüfung, die in Zweiergruppen und alleine abgehalten wird, „bei gutem Wetter vielleicht sogar an Deck“, freut sich Burghardt. Seit nunmehr neun Jahren engagiert er sich im Hamburger-Russischlehrer-Verein. Die Begeisterung ist an seinen Augen abzulesen: „So etwas gibt es für Französisch und Spanisch bestimmt nicht“, sagt er. Und trotzdem weiß er, dass die russische Sprache immer weniger Interesse findet. Genau deshalb organisiert er neben der Olympiade noch weitere Events. Unterstützt wird er dabei vom Deutsch-Russischen Jugendaustausch sowie der Behörde für Schule und Berufsbildung. Die Arbeit von ihm und seinen Kolleginnen hingegen ist ehrenamtlich. Für die Hamburger Schüler ist das ein Glücksfall.

Mit vor Aufregung roten Wangen sitzt eine Gruppe deutscher Schüler um einen Tisch: Sie besuchen die 10. Klasse der Stadtteilschule Bergedorf, lernen seit nunmehr drei Jahren Russisch. Die slawische Sprache ist nach Latein und Englisch ihre Drittwahl. Und macht ihnen eine Menge Spaß. Deshalb steht das Gewinnen bei der Olympiade auch im Hintergrund: „Für mich ist Mitmachen die Hauptsache“, erzählt ein Mädchen.

Mitmachen – das heißt auch in die engen Kajüten an Bord zu kriechen: Für die Hälfte der Schüler wurden Kajüten hergerichtet. „Die Bettdecken sind etwas dreckig“, beschwert sich eine Schülerin, trotzdem sind alle gespannt, was die Nacht bringen mag. Das Programm jedenfalls klingt vielversprechend: Damit der Spaß nicht zu kurz kommt spielt nach einem typisch russischen Abendessen an Deck eine Band der deutsch-russischen Kulturgruppe Rockfront . „Und dann gibt es noch ein bisschen Russendisko“, erzählt Burghardt. Er hofft, dass auch das ein oder andere Gespräch zwischen den Kadetten aus Petersburg und den Hamburger Schülern stattfindet. Doch gerade die deutschen Russischlerner haben Berührungsängste: „Wir würden schon total gern mit den reden – aber die antworten zu schnell. Da trauen wir uns nicht“, verrät einer der Jungen.

Bis es soweit ist, müssen ohnehin erst einmal die Köpfe rauchen: Kaum auf dem Schiff, steht schon erste Test an: Hörverständnis. Nach kurzer Zeit raufen sich die ersten die Haare, andere werfen einen verstohlenen Blick auf das Blatt des Nachbarn. Doch nach 45 Minuten ist die erste Prüfung schon geschafft. Wie es war? „Bei der ersten Aufgabe dacht ich noch: Digger, ist das einfach. Dann wurd es aber immer schwerer“, erzählt ein Mädchen.

Ob es trotzdem für einen Sieg gereicht hat, erfahren sie und ihre Mitstreiter am Mittwochnachmittag. Die Gewinner kehren dann noch einmal an Bord zurück: Sie bekommen eine Einladung für die Ein- und Auslaufparade des Hafengeburtstags am Wochenende. Zudem qualifizieren sie sich automatisch für die bundesweite Russische Olympiade, die im November ebenfalls in Hamburg stattfindet. Auch die anderen Teilnehmer werden für ihre Mühe belohnt. Neben Buchpreisen gibt es Kinogutscheine und andere Aufmerksamkeiten „keiner geht hier leer aus“, betont Burghardt. Und ganz sicher werden sich die Teenies noch lange an die schaukelnde Nacht an Deck erinnern – vielleicht sogar mit dem Klang russischer Kadettenlieder im Ohr.