Hamburg. Konzertprogramm für G20-Gipfel steht fest. Gängeviertel klagt gegen “Gefahrengebiet 2.0“. ADAC warnt vor “völligem Verkehrskollaps“.
Meyer: Polizei ist auf Terrorakte vorbereitet
Bei einem "Twitter-Tag" hat die Hamburger Polizei am Mittwoch Fragen zum G20-Gipfel beantwortet. Von 8 Uhr morgens an beantworten vier Polizisten bis 20 Uhr Fragen über Twitter, teilte Kristian Fehrmann aus dem Team mit. Insgesamt seien 320 Fragen beantwortet worden, teilte das Team zum Abschluss per Twitter mit. Die Bürger interessierten sich demnach offenbar vor allem für die Verkehrslage: „Viele fragen, wie sie von A nach B kommen, welche Straßen gesperrt sind und ob die Bahnen pünktlich fahren“, sagte Fehrmann.
Twitter-Nutzer und Polizeistellen aus anderen Bundesländern wünschten den Beamten für den Großeinsatz alles Gute. Auch brachten Menschen ihren Unmut über den Gipfel zum Ausdruck: „Es gab Unverständnis, warum so ein Ereignis in Hamburg stattfindet.“ Das Team versuchte, die Fragen sachlich zu beantworten und verwies bei komplexeren Thematiken auf das eingerichtete Bürgertelefon.
Polizeipräsident Ralf Martin Meyer stellte sich für zwei Stunden persönlich den Fragen der Nutzer. Dabei stellte er unter anderem klar, dass es keine konkreten Terrorhinweise gebe, aber Vorbereitungen getroffen würden. „Wir sind auf alles vorbereitet und sehr präsent.“ Auch äußerte sich Meyer zu möglichen Konsequenzen, sollten Gerichte die Demo-Verbotszone für unrechtmäßig erklären: „Dann erhöht sich die Gefahrenlage, die wir damit abwehren, ich rechne allerdings mit mehreren Instanzen bis zum Bundesverfassungsgericht.“
Erdogan findet keine Halle
Der Düsseldorfer ISS-Dome hat einen Auftritt des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan abgelehnt. Es habe eine Anfrage für eine Veranstaltung am 9. Juli gegeben, sagte eine Sprecherin der Veranstaltungsarena der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post". Die Multifunktionshalle stehe aber "aufgrund der in den Sommerwochen jährlich stattfindenden Sanierungsarbeiten nicht zur Verfügung".
Erdogan habe offenbar nach dem Besuch des G20-Gipfels am 7. und 8. Juli in Hamburg vor seinen Anhängern sprechen wollen, schreibt die Zeitung. Anfragen für Auftritte habe es auch in anderen NRW-Städten gegeben, darunter in Dortmund und Oberhausen. Auch dort sagten die Hallenbetreiber ab.
Dem "Kölner Stadt-Anzeiger" bestätigte Stefan Löcher, Geschäftsführer der Kölner Lanxess-Arena, eine offizielle Anfrage. Einen Auftritt des türkischen Staatspräsidenten in der Arena werde es aber einstweilen nicht geben. "Für Herrn Erdogan haben wir momentan keinen Platz frei", sagte Löcher.
Vor dem Verfassungsreferendums in der Türkei im April hatte es großen Streit um Wahlkampfauftritte türkischer Regierungsmitglieder in Deutschland gegeben. Mehrere Kommunen untersagten Auftritte und Politiker kritisierten türkischen Wahlkampf auf deutschem Boden. Der türkische Präsident warf Deutschland daraufhin "Nazi-Praktiken" vor.
Programm für G20-Konzert in der Elbphilharmonie steht fest
Die Eröffnung der Elbphilharmonie im Januar hat bei Angela Merkel offensichtlich Eindruck hinterlassen. Nachdem bereits bekannt war, dass die Bundeskanzlerin im Rahmen des G20-Gipfels die Staats- und Regierungschefs und deren Partner am ersten Abend (7. Juli) zu einem Konzert des Philharmonischen Staatsorchesters Hamburg, dirigiert von Kent Nagano, in der Elbphilharmonie einladen wird, greift sie nun auch inhaltlich auf Bewährtes zurück: „Das Orchester wird Ludwig van Beethovens 9. Sinfonie spielen“, teilte Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch mit und lüftete damit das Geheimnis um das Programm.
Als Solisten werden Christiane Karg (Sopran), Okka von der Damerau (Mezzosopran), Klaus Florian Vogt (Tenor) und Franz-Josef Selig (Bass) mitwirken. Das Finale der 9. Sinfonie stand bereits bei der Eröffnung auf dem Programm – seinerzeit allerdings gespielt vom NDR Elbphilharmonie Orchester unter Thomas Hengelbrock.
Die Linke beteiligt sich an Anti-G20-Kundgebungen
Die Linkspartei beteiligt sich an Kundgebungen gegen das Gipfeltreffen der führenden 20 Industrie- und Schwellenländer (G20) Anfang Juli in Hamburg. "Wir protestieren gegen dieses Treffen und wir unterstützen alle friedliche Proteste dagegen", sagte der Spitzenkandidat der Linkspartei, Dietmar Bartsch, am Mittwoch der Nachrichtenagentur Reuters.
Schon bei den G7-Treffen habe man gesehen, wie unzureichend und aus dem vergangenen Jahrhundert diese Zusammenkunft war, sagte Bartsch. Es habe nicht einmal ansatzweise Lösungen für von Hunger bedrohte Länder gegeben. Zudem müsse man wegen der Teilnahme des brasilianischen Präsidenten Michel Temer und seines türkischen Kollegen Recep Tayyip Erdogan hinter die Veranstaltung mehr als ein Fragezeichen setzen. Temer wird Korruption vorgeworfen, während Kritiker bei Erdogan beklagen, er unterdrücke die Opposition und schwäche die Demokratie.
30 Demonstrationen rund um den Gipfel
Nach Angaben des Polizeipräsidenten Ralf Martin Meyer (im Rahmen einer Fragestunde bei Twitter) wird es rund um den G20-Gipfel insgesamt 30 Demonstrationen geben. Wo diese genau stattfinden werden, ist aufgrund der Rechtsstreits um die Verbotszone, die 38 Quadratkilometer im Innenstadtgebiet umfasst, noch nicht klar, alle haben Demorouten zugewiesen bekommen, die außerhalb der Zone verlaufen.
Gängeviertel klagt gegen "Gefahrengebiet 2.0"
Gegen die Allgemeinverfügung, die während des G20-Gipfels eine 38 Quadratkilometer große Zone im Stadtgebiet ausweist, in der Demonstrationen verboten sind, hat nun auch das Gängeviertel Klage eingereicht. Die Initiative "Komm in die Gänge" erklärte, man strenge die Klage beim Verwaltungsgericht an, weil durch sie eine Bedrohung der "Grundrechte und des öffentlichen Raumes" gegeben sei: "Die Hamburger Innenstadt wird zum Gefahrengebiet 2.0 erklärt". Gleichzeitig stellte die Initiative am Mittwoch ihr Programm für die trotz des Verbots geplante Dauerkundgebung vom 4. bis zum 8. Juli im Gängeviertel vor.
Polizeipräsident rechnet mit Gerichtsstreit um Demo-Verbotszone
Im Rahmen der Fragestunde zum G20-Gipfel bei Twitter hat Hamburgs Polizeipräsident eine Einschätzung zum Bestand der Demonstrationsverbotszone vor Gericht abgegeben. Auf die Frage, was passieren würde, wenn die Gerichte die Verbotszone für unrechtmäßig erklärten, antwortete Ralf Martin Meyer: "Dann erhöht sich die Gefahrenlage, die wir damit abwehren, ich rechne allerdings mit mehreren Instanzen bis zum Bundesverfassungsgericht."
ADAC warnt vor "völligem Verkehrskollaps"
Nach Einschätzung des ADAC Hansa könnten die Sicherheitsmaßnahmen zum G20-Gipfel zu einem "völligen Verkehrskollaps" in und um Hamburg führen. Die Sperrungen rund um die Messehallen sowie kurzfristige Blockaden von Protokollrouten werden den Verkehr "zeitweise zum Erliegen bringen", warnt der Verkehrsclub und ergänzt, dass auch die Pannenhelfer von den Einschränkungen betroffen seien und unter Umständen nur mit großer Verzögerung oder gar nicht zu havarierten Autofahrern durchkommen.
Kommt das Protestcamp im Stadtpark doch?
Die öffentlichen Verkehrsmittel seien zudem keine echte Alternative, da auch sie unter Einschränkungen während des Gipfels leiden werden. Zudem befürchtet der ADAC Aktionen von "militanten G20-Gegnern", die weitere Ausfälle provozieren könnten. Die Geschäftsstelle in der Amsinckstraße bleibt während des Gipfels am 7. und 8. Juli geschlossen.
G20-Gegner melden Camp im Volkspark als Versammlung an
Obwohl ein Antrag auf Sondernutzung des Altonaer Volksparks für ein Zeltlager von G20-Gegnern bereits abschlägig beschieden wurde, gibt die Gruppe "NoG20 Camp AG" ihre Hoffnung nicht auf, doch ein Camp dort einrichten zu können. Am Dienstag meldete sie für die Spielwiese im Volkspark eine Versammlung an. Gleichzeitig mit der Anmeldung forderten die Organisatoren das zuständige Bezirksamt Altona auf, ihre Entscheidung über die Genehmigung so schnell wie möglich mitzuteilen. Bei einer Ablehnung wollen sie versuchen, das Zeltlager auf dem Rechtsweg durchzusetzen.
Allein aus NRW kommen 2200 Polizisten zum Gipfel
Zum Schutz des G20-Gipfels in Hamburg werden 2200 Polizisten aus Nordrhein-Westfalen an die Alster entsandt. Vom Wasserwerfer über den normalen Streifenwagen bis hin zum Polizeihubschrauber hätten die Beamten alles dabei, teilte ein Polizeisprecher in Duisburg am Mittwoch mit. Spezialeinheiten, Reiter, Hundeführer und sogar Polizeitaucher werden für den Gipfel nach Hamburg geschickt. Insgesamt werden in Hamburg mindestens 15 000 Polizisten im Einsatz sein.
Sonderurlaub und Freizeitkleidung statt Anzug
Hamburger Unternehmen greifen während des G20-Gipfels zu ungewöhnlichen Maßnahmen: Das Medienhaus Gruner + Jahr gibt allen gut 2000 Angestellten einen Tag Sonderurlaub am 7. Juli, die Drogeriekette Budni erwägt "bauliche Sicherungen" ihrer Filialen im Umkreis des Gipfels. Und einigen Bankangestellten in der Innenstadt wurde nach Abendblatt-Informationen empfohlen, statt im Anzug in legerer Freizeitkleidung zur Arbeit zu kommen – wohl, um Gipfelgegner nicht zu provozieren.
Hamburger Schulen im Umkreis der Tagungsstätte haben derweil den Eltern freigestellt, ihre Kinder zuhause zu lassen, falls sie Sicherheitsbedenken haben.
Polizei präsentiert Gefangenensammelstelle in Harburg
Hochbahn findet Fake-Plakate "nicht witzig"
Die Hochbahn hat noch einmal darauf hingewiesen, dass Plakate, die kostenlose Beförderung zum G20-Gipfel (und ab 2018 dauerhaft) ankündigen, nicht vom HVV stammen. Die mögliche Verunsicherung der Fahrgäste sei "nicht witzig", weswegen man um Hinweise auf weitere Plakate ähnlichen Inhalts bitte.
NDR produzierte gemeinsame G20-Sendung mit chinesischem TV
Der NDR hat nach eigenen Angaben erstmals in Europa gemeinsam mit dem chinesischen Fernsehen eine politische Diskussionsveranstaltung aufgezeichnet. Die Sendung «Dialog zu G20» beleuchte den G20-Gipfel in Hamburg und seine Bedeutung für die deutsch-chinesischen Beziehungen, teilte der NDR am Mittwoch mit. Die Sendung ist auf tagesschau.de zu sehen und wird am Freitag um 19 Uhr auf dem digitalen Sender tagesschau24 ausgestrahlt.
Kurzer Prozess für Gefährder: Die Gefangenensammelstelle des G20
Moderiert wurde die Diskussion gemeinsam von NDR TV-Chefredakteur Andreas Cichowicz und Yang Rui, der im chinesischen Auslandsfernsehen CGTN die tägliche Gesprächssendung «Dialogue» präsentiert. Gäste waren Sebastian Heilmann, Leiter des Mercator Institute of China Studies in Berlin, Gudrun Wacker von der Stiftung Wissenschaft und Politik, Han Chen, Co-Chef der europäisch-chinesischen Börse Ceinex in Frankfurt, und Charles Liu, Gründer des Investmentfonds Hao Capital in Peking. Themen waren unter anderem Klimapolitik, Globalisierung, Finanzmarktregulierung und Entwicklungspolitik.
NDR und CGTN hatten zuvor eine schriftliche Vereinbarung geschlossen. Darin verpflichten sich beide Sender dazu, die Aufzeichnung ungeschnitten im jeweiligen Land auszustrahlen. Eine weitere Sendung dieser Art soll im Herbst folgen.
Demobündnis reicht Klage gegen Verbotszone ein
Das Bündnis "Grenzenlose Solidarität statt G20" hat am Dienstag beim Hamburger Verwaltungsgericht Klage gegen die von der Stadt erlassene Demonstrationsverbotszone während des G20-Gipfels eingelegt. Bündnissprecher Yavuz Fersoglu sagt, man sei "zuversichtlich, dass das Gericht unserem Antrag stattgeben und die Abschlusskundgebung auf dem südlichen Heiligengeistfeld ermöglichen wird."
Den von der Versammlungsbehörde angebotenen Millerntorplatz hält das Bündnis, das mit bis zu 100.000 Teilnehmern bei der Großkundgebung rechnet, für nicht ausreichend. Dort hätten höchstens 35.000 Menschen Platz. Zudem sei die Gefahrenprognose der Polizei, die zur Begründung der Demoverbotszone herangezogen wurde, "abwegig" und stütze sich "in keiner Weise auf Tatsachen oder reale Anhaltspunkte". Die Polizei rechnet mit bis zu 10.000 gewaltbereiten Demonstranten.
Polizei beantwortet Fragen bei Twitter
Zweieinhalb Wochen sind es noch bis zum G20-Gipfel in Hamburg, der den wohl größten Polizeieinsatz der jüngeren Stadtgeschichte mit sich bringt. Wer Fragen zu den Auswirkungen hat, kann diese seit 8 Uhr am Mittwoch direkt an die Hamburger Polizei stellen, bei Twitter. Zwölf Stunden lang wird das Social-Media-Team zusammen mit Experten die Fragen von Bürgern beantworten, am Mittag zwischen 12 und 14 Uhr ist Polizeipräsident Ralf Martin Meyer ebenfalls über @PolizeiHamburg erreichbar.