Hamburg. Dirigentin Mirga Gražinytė-Tyla dominiert das Programm “Britain Calling“. Ungewöhnliche Aktion auf der Plaza der Elbphilharmonie.
Ist sie nun eine angehende Star-Dirigentin oder vielleicht schon ein Superstar wie der „junge“ Teodor Currentzis (47)? Mirga Gražinytė-Tyla (33) wird in der Elbphilharmonie in Hamburg am 6., 7., 8. und 9. Oktober im Rahmen des 2019er Programms „Britain Calling“ (6. Bis 16. Oktober) spielen. Für einzelne Konzerte gibt es noch Tickets.
Als Litauerin und Wahl-Britin in der am meisten dem Vereinigten Königreich verbundenen Stadt Deutschlands beschwört Gražinytė-Tyla mit ihrem Programm zum 100-jährigen Bestehen des von ihr geleiteten City of Birmingham Symphony Orchestra den europäischen Geist – und das wenige Tage vor einem „ungeordneten“ Brexit.
Elbphilharmonie: Aktion auf der Plaza
„Das war so nicht geplant“, heißt es in der Elbphilharmonie zu dem aktuellen programmatischen Schwerpunkt, der an „London Calling“ von The Clash erinnert und an den von Premierminister Boris Johnson in diesen Tagen erneut forcierten Brexit. Die Konzerte sind lange vorher gebucht, Verhandlungen in Brüssel können nicht berücksichtigt werden.
Die Elbphilharmonie, Hamburgs bedeutendstes Konzerthaus (und Wahrzeichen), will also bestenfalls augenzwinkernd den Brexit kommentieren. Mit dem Polit-Clown Johnson gibt es ja bereits einen professionellen Unterhalter des staunenden Publikums.
Das Programm in der Elbphilharmonie enthält Werke von John Dowland, Henry Purcell, Edward Elgar, William Walton, Benjamin Britten, Michael Tippett und George Benjamin. Unter den neuen Komponisten, die gespielt werden, darauf legen die Programm-Macher wert, seien „erfreulich viele Frauen“ wie Rebecca Saunders, Ruth Gipps oder Thea Musgrave.
Als Solist wird im ersten Teil des Programms am Mittwoch der Cellist Sheku Kanneh-Mason (Violoncello) spielen, der erst 20 Jahre alt ist. Er musizierte unter anderem bei der königlichen Hochzeit von Harry und Meghan.
Kritikerpreis für Mirga Gražinytė-Tyla
Auf der Plaza der Elbphilharmonie steht passend zum Festival und den schlechten Verbindungen ins politische London eine rote Telefonzelle. Hier können sich Gäste verewigen, wenn sie etwas zum Brexit beitragen wollen. Freitags und sonnabends zwischen 14 Uhr und 18.30 Uhr treten dort britische Musiker auf. Am 11. Oktober (17.30 und 18.30 Uhr) und 12. Oktober (14 und 15 Uhr) spielt hier der bekannte Duncan Townsend.
Und Mirga Gražinytė-Tyla wird eine „Zugabe“ bekommen: Die Dirigentin erhält am Mittwoch in der Elbphilharmonie nach dem Konzert den Preis der Deutschen Schallplattenkritik. In der Jury sitzt auch Abendblatt-Kritiker Joachim Mischke.