Hamburg. Ein neues Buch über Bettina Hagen ist eine Hommage an die Vergangenheit. Und an eine Frau, die nicht nur optisch Pippi Langstrumpf ähnelt.

Sommersprossen, rötliche Haare, blaue Augen, kräftige Zähne – Bettina Hagen aus Harvestehude sieht so aus, wie wohl auch Pippi Langstrumpf als 78-Jährige ausgesehen hätte. Tatsächlich hat das ehemalige Topmodel aus Hamburg, das später auch als Modedesignerin und Malerin erfolgreich war, der schwedischen Kinderbuchheldin schon immer geähnelt. Nicht nur äußerlich. Auch Bettina Hagen, die mit ihrem Mann in einer ausgefallen eingerichteten Altbauwohnung lebt, hat immer nur das gemacht, was ihr gefällt.

Ihr neustes Projekt ist das reich bebilderte Buch „Bettina Hagen. Im Rhythmus der 70er-Jahre. Die Welt eines Topmodels“. Es ist eine Hommage an die Modewelt der 70er-Jahre, als die junge Hamburgerin mit weltbekannten Modedesignern zusammenarbeitete, vor den Kameras von Peter Lindbergh, Clive Arrowsmith, F.C. Gundlach oder Sarah Moon stand – und ihre Bilder die Cover von Magazinen wie „Vogue“ und „Elle“ zierten.

Hamburger Topmodel: Bettina Hagen war auch als Künstlerin und Designerin erfolgreich

Doch das Buch ist auch eine Hommage an die Mode der 80er-Jahre, die Bettina Hagen entwarf, nachdem sie 1974 ihren Mann Ralph Larouette kennengelernt und den Model-Job an den Nagel gehängt hatte. Und es zeigt natürlich auch die verträumten, farbenprächtigen Bilder, die sie seit Jahrzehnten mit Leidenschaft malt.

Zustande gekommen ist das hochwertig gedruckte Buch eher zufällig. Bettina Hagen lernte Christina Dumont kennen, die in einer Designagentur Verpackungen für hochwertige Produkte entwirft. Sie war so begeistert, als sie die vielen Fotos aus dem Fundus des ehemaligen Models sah, dass sie sofort vorschlug, gemeinsam ein Buch zu gestalten.

Mutter des Hamburger Topmodels hob alle Fotos und Magazinseiten auf

„Bettina verkörpert eine Ära, in der Kreativität und Ausdruckskraft auf eine Weise zelebriert wurden, die heute oft verloren geht“, schreibt sie im Vorwort. „Die 70er-Jahre, mit ihrer unvergleichlichen Energie und ihrem stilistischen Reichtum, bieten uns unermessliche Lernmöglichkeiten.“ Doch nicht nur die Designerin, die das Buch layoutete und auch einige Texte schrieb, war wichtig für sein Zustandekommen.

„Ohne meine Mutter hätten wir niemals aus einer so großen Menge Fotos auswählen können“, sagt Bettina Hagen. „Sie bewahrte alles auf, was je von mir erschienen ist.“

Etwa ein Drittel aus diesem Fundus ist im Buch gelandet. Teilweise waren die Magazinseiten und -cover zerknickt oder brüchig geworden. Doch das Ausbessern der betroffenen Stellen war für die Malerin kein Problem – sodass die abfotografierten Seiten im Buch aussehen wie die Originale.

Bettina Hagen verlegt ihr Buch zunächst im Selbstverlag – „das geht schneller“

Der Druck ist erstaunlich hochwertig. „Ich hatte das Glück, eine kleine Druckerei in der Nähe von Frankfurt zu finden, die es nicht ablehnte, alte Fotos wegen ihrer schlechten Auflösung zu verarbeiten“, sagt Bettina Hagen. Im Gegenteil. Der Drucker sei begeistert von dem Auftrag gewesen, sagt die Hamburgerin.

Anfang November hielt sie die ersten vier Exemplare in der Hand. Und machte sich damit direkt auf den Weg zu zwei Eppendorfer Buchhandlungen. Als sie Buchhändlerin Barbara Taterka von „Das Buch in Eppendorf“ erzählt habe, dass sie einen Verlag für ihr Buch suche, habe diese ihr empfohlen, es zunächst im Selbstverlag herauszubringen. „Das war eine gute Idee“, findet Bettina Hagen, „denn so geht es viel schneller – und ich kann das Buch noch vor Weihnachten auf den Markt bringen.“

Hamburger Topmodel: Arm in Arm mit Yves Saint Laurent und Pierre Cardin

Wer es durchblättert, fühlt sich wie auf einer Zeitreise. Man sieht Bettina Hagen 1972 in New York – in Latzhose und selbstgestrickter Jacke, mit ihrer Präsentationsmappe unterm Arm, um sich bei einem Fotografen vorzustellen. Arm in Arm mit den großen Modedesignern Yves Saint Laurent und Pierre Cardin. In Haute Couture, in verspielter Wäsche, im Kostüm, in Jeans, in Strick, im Minirock und im Maxikleid.

„Ich konnte alles: vom Rotznasen-Look über die Madame bis zur Grand Dame“, sagt Bettina Hagen. Dabei habe sie sich nie „als Kleiderständer gefühlt“, sondern „als Botschafterin einer neuen Zeit, in der Mode und Lebensgefühl neue Wege gingen.“ An diese Ära erinnert sie auch in Texten, die sie zu dem Buch geschrieben hat.

Mehr News aus Hamburg

• Coole Streetart und die große Frage: Wo bleibt der Künstler?
• Straßenkunst in Ottensen – Maler arbeitet fast ohne Lohn
• Ein „Salon“ am Isemarkt: Galerie eröffnet neben Kult-Lokal

Ex-Topmodel Bettina Hagen und Ralph Larouette führten in Hamburg das Restaurant 3Tageszeiten

Nach ihrer Rückkehr nach Hamburg bezog sie mit ihrem Mann Ralph Larouette ein Loft in Winterhude, strichen die Wände in verschiedene Rosa-Tönen – gemeinsam mit ihrem Freund Martin Kippenberger, der später ein bekannter Künstler wurde – und veranstalteten Dinnerpartys, bei denen Ralph Larouette kochte. Gemeinsam gründeten sie erst das Stricklabel „Viva“, das schnell zur Kult-Marke wurde, und betrieben später das Lokal 3Tageszeiten am Mühlenkamp in Winterhude.

1989 find sie an, zu malen – was bis heute ihre große Leidenschaft ist. Auch dieser Ära widmet sich das Buch. Mehr als 600 Bilder hat sie bislang gemalt – romantische Landschaften, Sonnenuntergänge, oft gepaart mit fernen Fabrikschloten und Silhouetten von Mega-Städten, außerdem Stillleben und Porträts.

Das Buch „Bettina Hagen. Im Rhythmus der 70er-Jahre. Die Welt eines Topmodels“ (229 Seiten, 39 Euro) ist voraussichtlich ab 22. November erhältlich. Angeboten wird es in der „Buchhandlung Heymann“ (Eppendorfer Baum 27) und bei „Das Buch in Eppendorf“ (Eppendorfer Landstraße 56), wo Bettina Hagen es an den vier Adventssonnabenden auch signieren wird.