Hamburg. 20 Jahre lang wurde die beliebte Alster-Laufstrecke beleuchtet, doch die Stadt will die Kosten nicht tragen. Diese Ängste haben Frauen.

Es ist stockdunkel, wenn Jogger morgens oder am frühen Abend an der Außenalster in Harvestehude laufen. Denn: Seit Kurzem funktioniert die Beleuchtung zwischen der Wasserschutzpolizei-Station und der Krugkoppelbrücke nur noch vereinzelt. Dass die kaputten Lampen entlang der beliebten Laufstrecke in Hamburg nicht ersetzt werden, sorgt bei vielen Läufern für Ärger und Unverständnis. Vor allem Frauen fühlen sich unsicher.

Wer eine Stirn- oder Handytaschenlampe dabeihat, ist klar im Vorteil, ansonsten ist es düster, wenn Läufer und Läuferinnen wie Melanie Knies-Wepler morgens ihre Runde um die Alster drehen. Denn mehr als die Hälfte der Leuchten in dem Abschnitt in Harvestehude sind ausgefallen. Von den 30 Pollerleuchten im Bereich des Uferweges an der Alster sind derzeit nur noch 14 in Betrieb.

Alster Hamburg: Joggerinnen fühlen sich auf dunkler Laufstrecke nicht sicher

Seit 2004 sorgen die gesponserten und energiearmen Lampen auf einer Strecke von 1,4 Kilometern für Licht. Es ist der Alsterbereich, der sonst völlig im Dunkeln liegen würde im Gegensatz zur anderen Alsterseite, die durch St. Georg und entlang beleuchteter Straßen führt. Damals hieß es, die Beleuchtung sei „ein lang gehegter Plan des Senats“. Mittlerweile sind die Leuchten marode und sollen laut der zuständigen Hamburger Verkehrsanlagen GmbH wohl Ende des Jahres oder Anfang nächsten Jahres entfernt und auch nicht ersetzt werden.

Das ärgert Melanie Knies-Wepler aus Hoheluft-Ost: „Ich fühle mich nicht mehr sicher so im Stockdunklen. Und wenn es hell ist, muss ich arbeiten. Außerdem laufe ich nun mal lieber alleine, ohne Begleitung, aber sobald ich beim Red Dog herunterlaufe, geht mein Kopfkino an. Was ist, wenn mich jetzt einer ins Gebüsch zieht? Das hört da kein Mensch.“ Oben auf der Fahrradstraße zu laufen ist für sie keine Option.

Derzeit sei die Stimmung frühmorgens an der beliebten Laufstrecke „sehr bedrückend“, sagt Melanie Knies-Wepler. Eine Stirnlampe würde zwar den Weg beleuchten, sei aber störend. Denn sie blende entgegenkommende Läufer und Läuferinnen. Die 52-Jährige joggt seit 2002 fast täglich um die Alster, damals ist ihr erster Mann gestorben. „Es ist mehr als nur laufen, es ist psychologisches Verarbeiten“, sagt sie. Als berufstätige Mutter muss die Hundetrainerin frühmorgens um 6.15 Uhr oder abends joggen gehen, dann, wenn es zu dieser Jahreszeit dunkel ist.

Hamburgerin: „Ich muss frühmorgens vor der Arbeit laufen gehen“

Auch Joggerin Kristiane Schlaak wünscht sich eine funktionierende Beleuchtung. „Ich muss frühmorgens vor der Arbeit laufen gehen, sonst schaffe ich es nicht. Das ist ohne Beleuchtung schwierig.“ Sie ist auch schon einmal im Dunkeln gestürzt. „Die Lichter sind doch vorhanden, von daher wäre es schön, man würde sie einfach wieder reaktivieren. Schade, dass man diese schöne Initiative nicht weiter belebt.“ Sport draußen und kostenlos, das solle doch laut Strategie der Stadt gefördert werden, da würde eine beleuchtete Joggingstrecke an der Alster Sinn machen, sagt sie.

Heidi Lu findet es „schade, dass einer der schönsten Wege in Hamburg zur dunklen Jahreszeit nicht zum Joggen infrage kommt“. Sie fügt hinzu: „Nicht nur, dass ich mich unsicher fühle, auch die Gefahr steigt, sich zu verletzen, wenn ich nicht sehen kann, wo ich langgehe.“

Joggerinnen haben an der Alster in Hamburg schon Übergriffe erlebt

Auch Plan International – das Hilfswerk setzt sich für die Rechte von Mädchen und Frauen in Deutschland und weltweit ein – weist darauf hin, dass es für Frauen in Hamburg keine Selbstverständlichkeit ist, sich zu jeder Tages- und Nachtzeit angstfrei bewegen zu können. Das hat eine Umfrage mit 1000 Hamburgerinnen ergeben.

In einer digitalen Map markierten sie Orte, an denen sie sich sehr unwohl fühlten oder Übergriffe erlebt haben. Dabei wurden auch Stellen an der Binnen- und Außenalster genannt, unter anderem von Joggerinnen.

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„Mehr als 80 Prozent der von uns befragten Frauen fühlen sich in Hamburg nicht sicher – vor allem bei Dunkelheit und auf unbeleuchteten Wegen“, so Barbara Wessel, Sprecherin von Plan International Deutschland mit Sitz in Hamburg. „Für uns ist das ein Anlass, die Öffentlichkeit in der dunklen Jahreszeit mit sogenannten Safety Walks in größeren Gruppen zu sensibilisieren, wie beängstigend beispielsweise ein abendlicher Nachhauseweg oder eine Joggingrunde in dunklen Parkanlagen für Mädchen und Frauen sein kann – und was zu tun ist, um die Situation für betroffene Mädchen und Frauen – kurz- und langfristig – zu entschärfen.“

Immerhin: Die Bezirksversammlung Eimsbüttel fordert nun auf Initiative der Grünen und der Sozialdemokraten die zuständige Umweltbehörde auf, die defekten Leuchten schnell reparieren zu lassen, sofern keine relevanten Gründe dagegen sprechen.