Hamburg. Viele Eltern transportieren ihre Kinder mit den Rädern und halten sich nicht an Regeln. Hamburgerin schildert Begegnung in Eimsbüttel.
- Weil viele mit den großen Rädern über Gehwege fahren, kommt es zu Konflikten.
- Hamburgerin schildert krassen Fall aus dem Generalsviertel in Eimsbüttel.
- ADFC: „Wer Kinder mit dem Lastenrad oder im Kindersitz befördert, hat nicht das Recht zur Gehwegbenutzung.“
Sie sind schnell, sie sind groß und sie sind unheimlich beliebt: Hamburg fährt ab auf Lastenräder. Aber die großen Fahrräder, oft mit Elektroantrieb, bergen in der Enge der Großstadt auch Konfliktpotenzial. Weil viele Nutzer damit über Gehwege fahren, sind Fußgänger etwa in Eimsbüttel extrem genervt. Eine Hundehalterin schildert Unglaubliches.
Gismo ist im Generalsviertel in Hoheluft-West bekannt. Denn der schwarze Zwergpudel ist mit seiner Halterin Petra Günter viel unterwegs und außerdem im Laden Cangokids am Eppendorfer Weg fast täglich anzutreffen, dem Arbeitsplatz seiner Halterin. Eigentlich mögen alle den kleinen, gut erzogenen Rüden, und es gibt keine Probleme. Bis vor Kurzem.
Hamburg-Eimsbüttel: Mit zwei Kindern vorn drin, fuhr der Vater beinahe einen Hund um
Petra Günter war mit Gismo in der Roonstraße unterwegs, als ein Mann mit seinem E-Lastenrad auf dem Gehweg frontal auf sie zufuhr. „Er bremste überhaupt nicht ab, da habe ich mich ihm in den Weg gestellt und gesagt, dass es ganz schön wäre, wenn er langsamer fahren würde, sonst überfährt er noch jemanden, zum Beispiel meinen Hund.“ Die Antwort des Radfahrers: „Den Hund kann ich auch totfahren.“ Diese Aussage sitzt tief. „Dieser Satz verfolgt mich“, so Petra Günter.
Was die Hundehalterin so schockiert, ist neben der Tatsache, dass der Lastenradfahrer vorn zwei Kinder sitzen hatte und ein schlechtes Vorbild abgab, vor allem die Selbstgefälligkeit und Rücksichtslosigkeit. „Ich kann schon verstehen, dass Radfahrer auf dem Gehweg fahren, zumal die Roonstraße Kopfsteinpflaster hat, aber man kann doch defensiv unterwegs sein und gegebenenfalls absteigen und das Rad schieben.“
Ein Einzelfall? Vielleicht, was die selbstgefällige Reaktion des Fahrradfahrers angeht. Aber Fahren auf Gehwegen ist im Generalsviertel und anderswo üblich. Ob auf dem Fußweg am Eppendorfer Weg oder an der Bismarckstraße. Dort schlängeln sich Radfahrer gern zwischen den Fußgängern entlang. Auch wenn der Bürgersteig vor dem Café Ujote etwa voll ist mit Kinderwagen und wartenden Cafébesuchern.
Lastenrad vor der Schule: In Eimsbüttel düsen Eltern auf dem Gehweg bis zum Eingang
Oder morgens vor der Grundschule an der Isebek an der Bismarckstraße. Viele Väter und Mütter kutschieren ihre Kinder im Lastenrad zur Schule und fahren über den Gehweg bis zum Schultor. Ein bisschen erinnert das an die Elterntaxis in Hamburg – dabei chauffieren Eltern ihre Kinder mit dem Auto bis vor die Schule. Hier sind es keine SUVs, dafür Räder im XL-Format.
Dirk Lau vom Allgemeinen Deutschen Fahrradclub Hamburg (ADFC) hat kein Verständnis für dieses Verhalten, findet es rücksichtslos. „Radverkehr hat grundsätzlich auf Gehwegen nichts zu suchen, Radfahrer auf dem Gehweg sind immer nervig.“ Radverkehr gehört auf Radwege oder auf die Fahrbahn. „Der Gehweg soll, so der Wille des Gesetzgebers, so weit wie möglich als Schutzraum für Fußgänger, zum Beispiel auch mit Rollatoren, erhalten bleiben.“
Ausnahme: Wenn ein Elternteil oder eine andere Aufsichtsperson ab 16 Jahren ein fahrradfahrendes Kind bis zehn Jahre mit dem Rad begleitet. Eine weitere Ausnahme: Kinder bis zum Alter von zehn Jahren fahren auf dem Gehweg oder auf baulich von der Fahrbahn getrennten Radwegen. „Auf die Fahrbahn gemalte Radfahr- oder Schutzstreifen dürfen sie nicht benutzen“, so Dirk Lau. Ab acht Jahren dürfen Kinder auf Radfahrstreifen und andere Streifen auf der Fahrbahn fahren, ab zehn Jahren müssen sie.
Aber darauf macht der Fahrradexperte aufmerksam: „Wer Kinder mit dem Lastenrad oder im Kindersitz befördert, hat nicht das Recht zur Gehwegbenutzung.“ Der Grund dafür: Kinder ohne aktive Verkehrsteilnahme benötigen keine Aufsicht durch Begleitung.
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„Vermutlich ließe sich das Fehlverhalten von Radfahrern durch bessere Infrastruktur wie Tempo 30, mehr und breitere Radfahrstreifen, richtig gute Radwege, Reduzierung des Autoverkehrs, entschärfen“, so Dirk Lau. Dennoch: „Aber das ändert nichts daran, dass Gehwegradeln rücksichtslos ist, weil meist auf Kosten ,schwächerer‘ Verkehrsteilnehmer.“