Hamburg. Bei der Wäscherei Vollmer stehen Gebäudeteile leer. In diese sollen Handel und Gastronomie ziehen. Wie das funktionieren könnte.
Es ist ein mutiger Schritt und einer, den sich Brigitte Vollmer gründlich überlegt hat. Es geht schließlich um eine mehr als 180 Jahre alte Familientradition und damit im Grunde um alles. Brigitte Vollmer ist die Inhaberin der Wäscherei Vollmer am Rütersbarg in Lokstedt – die älteste Wäscherei Hamburgs. Das Unternehmen steht für die Reinigung und Pflege von feiner Wäsche – von der Bettwäsche über Servietten bis hin zur Tischdecke. Und das soll auch in Zukunft so bleiben. Aber: Viele Teile des historischen Gebäudeensembles, in dem die Wäscherei ihren Sitz hat, werden heute von der Wäscherei nicht mehr benötigt. Und das Interesse an den Gebäuden, die das Denkmalschutzamt als denkmalwürdig einstuft, ist groß.
„Fast jede Woche bekomme ich Anfragen von Immobilienmaklern, die mir die Gebäude und Teile des Grundstücks abkaufen wollen“, sagt Brigitte Vollmer. Doch sie will der möglichen Immobilienspekulation zuvorkommen und mit einem eigenen Plan dagegenhalten. Das Vorhaben: Sie möchte aus dem in die Jahre gekommenen Gebäudeensemble einen kulturellen Ort für Lokstedt und ganz Hamburg schaffen. Um das möglich zu machen, hat sie nun eine Unterstützungskampagne auf der Plattform startnext gestartet. Das Ziel liegt bei 500.000 Euro.
Hamburg-Lokstedt: Hamburger Traditionswäscherei Vollmer will sich neu erfinden
Konkret geht es um sieben miteinander verbundene Gebäude, die sie für künstlerische, kulturelle, gastronomische und soziale Angebote zur Verfügung stellen und unter dem Projekttitel „Dolce Vita“ bündeln möchte. In Zeiten, als noch nicht jeder Haushalt eine eigene Waschmaschine hatte, waren diese alle in Benutzung der Wäscherei. Heute ist der Bedarf nicht mehr so groß. Zudem hat sich Vollmer in den Corona-Jahren nahezu komplett aus dem Großkundengeschäft und damit aus dem Preisdumping zurückgezogen. „Der Fokus auf das Privatkundengeschäft war wichtig dafür, dass die Wäscherei heute wieder gut dasteht“, sagt sie.
Die 58-Jährige, die hier zwischen historischem Mauerwerk und Wäschebergen aufgewachsen ist, ist sich dessen bewusst, dass das Areal ein besonderer Ort ist. „Man muss ihn nur aus dem Dornröschenschlaf wecken und neues Leben einhauchen“, sagt die Hamburgerin.
Crowdfunding: Gelder sollen für Instandsetzung der Gebäude in Lokstedt verwendet werden
Vollmers Plan: Um die Gebäude für gastronomische Zwecke und kulturelle Zwecke nutzen zu können, müssen sie saniert werden. „Und dafür brauche ich Unterstützung von Menschen, die auch daran glauben, dass das hier ein neuer zentraler Ort für Lokstedt werden kann.“ Die finanzielle Unterstützung betrifft also zunächst ausschließlich die Instandsetzung der Gebäude.
Für die Bespielung und Nutzung gebe es bereits viele Ideen. Konkret geplant ist etwa, dass bereits im kommenden Frühjahr die Eisdiele Ice Dream Café eröffnen soll. „Viele sind mit konkreten Vorschlägen von Flohmarkt über Workshops und vielem mehr auf mich zugekommen“, sagt Vollmer.
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Weitere Möglichkeiten sind unter anderem: „Im Kesselhaus sollen Konzerte, Film und Literaturabende stattfinden, der Wintergarten kann für Events gebucht werden, in der alten Markthalle soll es gastronomische Angebote an Ständen geben, im Café könnte Kaffee und Kuchen angeboten werden, ausgewählte Produkte soll es im alten Kontorhaus geben, und in der geplanten Weinbar kann man den Abend dann ausklingen lassen“, so Vollmer. Aber sie ist auch offen für weitere Vorschläge.
Wäscherei Vollmer in Hamburg: Für Unterstützer gibt es Gutscheine
Bei der Unterstützung sind zwei Formen möglich. Zum einen die reine finanzielle Förderung ohne Gegenwert. Zum anderen gibt es die Möglichkeit, sich für den geleisteten Beitrag ein „Geschenk“ sichern zu lassen. So können je nach Betrag Gutscheine ausgesucht werden. „Zum Beispiel für Schlemmen in der Eisdiele, für die Teilnahme an der Eröffnungsparty inklusive Essen und Getränke, für gute Tropfen in der Weinbar und vieles mehr“, sagt Vollmer.
„So gesehen ist es dann nicht nur eine finanzielle Unterstützung, sondern etwas, das man auch sich selbst gönnt – nur, dass es das eben erst mit etwas Verzögerung gibt“, sagt sie und zeigt sich hoffnungsvoll: „Wenn es gelingt, dann haben die Hamburger es ermöglicht, eine Perle der Stadt zu erhalten und zu bewahren und diese zu einem neuen Ort werden zu lassen, der dann mit kreativer Initiative ein ganz neues Konzept verwirklicht.“