Hamburg. Überall in Hamburg schließen Traditionsbetriebe. Chefs von Best Butcher sind hingegen „frohen Mutes“. Warum Kunden hier Bibel erhalten.

Überall in Hamburg schließen Fleischer, wie zuletzt der Traditionsbetrieb Harms in Hoheluft-Ost und kurz davor die Fleischerei Jacob am Weidenstieg in Eimsbüttel, doch es gibt auch Gegenbeispiele. Wie etwa ein Geschäft in Hamburg-Niendorf. „Wir sind frohen Mutes für die Zukunft“, sagt Seniorchef Stefan Günther. Das liege an mehreren Gründen.

Die Metzgerei Best Butcher ist 2021, mitten in der Corona-Pandemie, umgezogen und hat ihre „gläserne Erlebnisfleischerei“ an diesem neuen Standort eröffnet. Zuvor hatte die alteingesessene Fleischerei ihren Sitz im benachbarten Stadtteil Groß Borstel.

Niendorfer Erfolgsbetrieb: Bei diesem Fleischer stehen Kunden mittags Schlange

Neben Fleisch gibt es in dem traditionsreichen Betrieb viele selbst gemachte Wurstwaren und Schinken. Das ist Stefan Günthers Metier. Er hält sich bei der Produktion der Wurstwaren an die Rezepte aus seiner Lehrzeit. „Da ist nichts drin, was da nicht hereingehört“, versichert er. Für die hausgemachte Feinkost ist seine Mutter Sigrid, die Muddll genannt wird, zuständig. Sie ist 84 Jahre alt und arbeitet noch an zwei Tagen pro Woche mit. Sie bereitet beispielsweise Fleischsalat und Remoulade zu. Und auch Nordseekrabbensalat gibt es.

Und wenn sich zum täglich wechselnden Mittagstisch die Schlange bis nach draußen windet, sieht man an den Tischen in dem modernen Ladengeschäft viele zufriedene Gesichter.

Juniorchef Christian Döhler steht täglich hinter der Verkaufstheke

Hinter der Theke ist Juniorchef Christian Döhler in seinem Element. „Etwa 90 Prozent der Kunden sind Stammkunden, die auch jederzeit anrufen können, wenn sie einen speziellen Wunsch haben“, sagt der 34-Jährige, der den Verkauf leitet und nach Aussage seines Seniorpartners ein phänomenales Gedächtnis für Gesichter hat.

Seit Kurzem drückt Döhler den Kunden neben ihren Einkaufswaren eine druckfrische „Bibel“ in die Hand. Für manche Ohren mag das blasphemisch klingen, aber die beiden Chefs nennen ihre Kundeninformation so, weil darin steht, was ihnen heilig ist. Tatsächlich ist die sogenannte „Bibel“ ein Faltblatt, in dem die vier Bauernhöfe kurz beschrieben sind, von denen die beiden Fleischer die Tiere beziehen, die sie verarbeiten. Die etwas ausführlichere Version ist in einem DIN-A4-Ordner, in der Günther Steckbriefe mit allen Daten zu jedem einzelnen Tier, das gekauft wird, sammelt. „Wir arbeiten sehr gläsern“, sagt der Senior-Chef. Die Kunden sollen so gut wie möglich informiert werden.

Hamburg-Niendorf: Warum bei Fleischer eine „Bibel“ über die Theke geht

Die Angus Rinder kommen etwa von einem Hof in Ellerbek, Galloways aus Tangstedt-Wilstedt und Glücksburg, Schweine von einem Bio-Hof aus Horst und Wagyu-Rinder aus der Lüneburger Heide. Diese Bauern hätten kleine Herden, nicht mehr als 45 Tiere, keine Massentierhaltung, sagt Günther, der die Höfe regelmäßig besucht.

Stefan Günther versichert, sie bezahlten für die Tiere Preise, die deutlich über dem Marktpreis liegen. „Die Kette kann nur funktionieren, wenn der Bauer am Ende was überhat. Er muss sich auch keinen Rolls-Royce kaufen können, aber ein Stück Fleisch darf nicht zu Dumping-Preisen verkauft werden. Da sträuben sich mir die Haare.“ Und so kostet das Kilo Rib-Eye-Steak vom Angus-Rind beispielsweise 59,90 Euro. Steaks vom reinrassigen Wagyu-Rind sind noch deutlich teurer.

Fleischerei Best Butcher will keinen zweiten Standort in Hamburg eröffnen

Weil gutes Fleisch von ausgewählten Lieferanten nun mal nicht in rauen Mengen zu bekommen sei, wollen die beiden auch keine zweite Filiale eröffnen. Denn man wolle die Kundschaft mit der gewohnten Qualität zufriedenstellen.

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Stefan Günther sagt, er habe im Laufe der Jahre sämtliche Skandale in der Fleischindustrie mitbekommen, aber nichts habe das Geschäft so nachhaltig verändert wie Corona. „Während der Corona-Pandemie haben viele Menschen wiederentdeckt, wie schön es zu Hause am eigenen Tisch und wie entspannt diese Geselligkeit im Privaten sein kann.“ Von dieser Entwicklung sei viel übrig geblieben. „Das Kochen hat wieder einen höheren Stellenwert bekommen. Davon profitieren wir.“