Hamburg. Sechsjähriger sollte sich getrennt von der Mutter im Herrenbereich umziehen. Vorfall in Hamburger Fitnessclub löst große Debatte aus.
Für viele Familien steht es ganz oben auf der Liste der Freizeitaktivitäten mit Kindern in Hamburg: gemeinsam ins Schwimmbad zu gehen. Doch ein Fall aus Eimsbüttel zeigt nun, dass der Badbesuch schnell zur Herausforderung werden kann. Besonders, wenn Mütter allein mit ihren Söhnen unterwegs sind.
Was ist passiert: Vor wenigen Tagen betrat eine Mutter mit ihrem sechsjährigen Sohn den Fitnessclub Kaifu Lodge, weil sie dort gemeinsam im angeschlossenen Kaifu-Freibad schwimmen gehen wollten. Am Empfang wurden sie jedoch angehalten. Eine Mitarbeiterin fragte die Mutter, ob sie vorhabe, mit ihrem Kind schwimmen zu gehen, was sie bejahte. Daraufhin wurde ihr ein zweiter Schrankschlüssel angeboten, damit ihr Sohn damit allein in die Herrenumkleide gehen könne.
Schwimmbad Hamburg: Bis zu welchen Alter dürfen Jungen mit in die Damenumkleide?
Die Mutter merkte an, dass der Junge erst sechs Jahre alt und dass das daher noch keine Option sei. Die Mitarbeiterin aber blieb dabei: Sie solle den zweiten Schlüssel nehmen und den Sohn allein herüberschicken, da sich andere in der Damenumkleide durch den Jungen belästigt fühlen könnten. Die Mutter lehnte erneut ab – und zog sich mit ihrem Kind stattdessen auf der Freibadwiese um.
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Es ist eine Szene, die Fragen aufwirft und die schnell die Ahnung aufkommen lässt, dass es auf diese Fragen wohl mehr als eine Antwort gibt. Denn wie ist es eigentlich: Bis zu welchem Alter ist es in Ordnung, wenn Mütter ihre Söhne mit in die Damenumkleidekabine nehmen? Stellt sich die Frage ebenfalls für Väter, die mit ihren Töchtern im Schwimmbad sind? Und: Ist die Sensibilität für das Thema möglicherweise heute eine andere als noch vor ein paar Jahren?
Kaifu-Lodge in Eimsbüttel spricht nach Vorfall von einem „schwierigen Thema“
Das Abendblatt hat nach Bekanntwerden des Vorfalls offiziell bei der Kaifu-Lodge angefragt. Kevin Nafar aus der Geschäftsführung des Clubs teilte mit: „Das Thema ist schwierig.“ Er berichtet davon, dass es in der Vergangenheit Beschwerden von Müttern aus der Damenumkleidekabine gegeben habe, die ein ungutes Gefühl dabei hatten, wenn sich ihre Töchter in Anwesenheit von Jungs umziehen. Zum Teil hatten die Töchter selbst geäußert, dass sie sich dabei nicht wohlfühlen würden.
Und dennoch: „In diesem konkreten Fall gab es offenbar ein Kommunikationsproblem“, sagt Nafar. Man nehme das Thema zwar ernst, würde aber keine Altersgrenze einziehen wollen. „Das liegt daran, dass sich Kinder unterschiedlich entwickeln. Während sich die einen mit sechs Jahren schon Schranknummern merken, den Vorgang des Öffnens und Schließens selbst händeln können und kein Problem damit haben, sich alleine umzuziehen, ist das für andere in dem Alter noch eine große Herausforderung“, so Nafar.
Und weiter: „ Wir sehen, dass das Thema an Bedeutung gewinnt. Beschwerden dieser Art hat es so in den vergangenen Jahren nicht gegeben.“ Man überlege nun, den bestehenden separaten Umkleidebereich für Frauen und Kinder mit dem Verweis zu versehen, dass hier Kinder beider Geschlechter gemischt zulässig sind.
Bäderland Hamburg: Ab fünf Jahren können viele Kinder auch alleine in die Umkleide
Stellt sich dasselbe Thema auch anderswo? Gibt es die Debatte zum Beispiel auch bei Bäderland? Sprecher Michael Dietel erläutert: „Für eben solche Fälle haben wir die Familienumkleiden oder die sogenannten Wechselkabinen, in die immer locker zwei Personen passen. Deshalb ist das bei uns kein Thema.“
Grundsätzlich sei das Alter von fünf Jahren aber ein guter Richtwert, um das Umziehen allein zu bewältigen. „In diesem Alter startet man ja üblicherweise mit einem Schwimmkurs, das heißt, die Kids lösen sich im Foyer von den Eltern, können sich dann also auch allein umziehen und duschen.“ Aber er sagt auch: „Manche Kinder sind da etwas früher dran, andere etwas später.“
Schwimmbad Hamburg: Auch bei Schwimmkursen sind Eltern verunsichert
Dass die Unsicherheit bei vielen Eltern inzwischen groß ist, zeigt sich auch bei Kinderschwimmkursen. Nach Angaben von Eltern kamen hier in der Vergangenheit ebenfalls Fragen zu dem Thema auf. Konkret geht es um einen Schwimmkurs in Eimsbüttel, bei dem ein Becken genutzt wird, das zu einer Sportanlage gehört, in der auch Erwachsene trainieren. In dem betreffenden Bronze-Kurs nehmen Kinder zwischen sechs und acht Jahren teil und werden in der Regel von ihren Eltern beim Umziehen begleitet.
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Laut einer Mutter, deren Kind an dem Kurs teilnimmt, seien zuletzt immer wieder Unsicherheiten deutlich geworden. Etwa, als ein Vater nicht wusste, ob er seine Tochter in die Mädchenumkleide begleiten oder ob er sie besser mit in die Männerumkleidekabine mitnehmen soll. Eine Mutter wiederum sei verunsichert gewesen, weil sie zwei Kinder dabei hatte – einen Sohn und eine Tochter – und nicht wusste, ob sie ihren Jungen mit zu den Mädchen nehmen dürfe.