Hamburg. An den Schulen kam es im vergangenen Jahr zu heftigen Auswüchsen vor dem Abitur. Das hat Konsequenzen. Wie die Schüler reagieren.
Hamburg feiert keinen Fasching, aber dafür geht es in der Mottowoche vor dem Abitur richtig rund – mit Verkleidungen, Partys und, ja, auch Alkohol. Nach Alkoholeskapaden im vergangenen Jahr haben die Verantwortlichen an drei Gymnasien in Eimsbüttel in diesem Jahr die Spielregeln für die Mottowoche geändert – sehr zum Ärger vieler Schüler.
Während hamburgweit Abiturienten an Gymnasien und Stadtteilschulen in den vergangenen Tagen verkleidet zur Schule kamen und feierten, war das an zwei Schulen in Eimsbüttel offiziell verboten. Zu sehr hatten einige Abiturienten des vergangenen Jahrgangs beim Feiern übertrieben: Am Gymnasium Kaiser-Friedrich-Ufer (kurz Kaifu) und am Helene-Lange-Gymnasium (kurz HLG), die eine gemeinsame Oberstufe (Eimsbütteler Modell) haben, fällt die Mottowoche, wie sie bislang gefeiert wurde, aus.
Abitur Hamburg: Schüler ärgern sich – „Wir wurden aus der Schule geschmissen, wenn wir verkleidet waren“
An den beiden Schulen gibt es statt einer Mottowoche lediglich einen Mottotag am Mittwoch, dem letzten Schultag vor dem Abitur. Dann dürfen die Zwölftklässler des Eimsbütteler Modells verkleidet in die Schule kommen und feiern. Am benachbarten Emilie-Wüstenfeld-Gymnasium dagegen kommen die Abiturienten schon seit Tagen verkleidet in den Unterricht.
„Wir wurden am Dienstag direkt aus der Schule geschmissen, wenn wir verkleidet waren. Wir durften nicht mit Kostüm in das Gebäude“, sagt ein 18 Jahre alter Abiturient vom Kaifu-Gymnasium (Name der Redaktion bekannt). „Ein Junge mit Rock musste gehen, die Mädchen durften Röcke anbehalten, das ist außerdem sexistisch“, sagt er.
Abitur in Hamburg: Am Dienstagnachmittag stürmten Schüler verkleidet das Kaifu-Gymnasium
So richtig vom Verkleidungsverbot abhalten lassen sich die Abiturienten aber nicht. Am Dienstag nach dem Unterricht haben sich schätzungsweise 80 von ihnen auf den Weg zum Kaifu-Gymnasium und zum Oberstufenhaus des Eimsbütteler Modells gemacht und die Schule gestürmt.
Zumindest haben sie es versucht. Denn Schulleiter Arne Wolter und seine Kollegen haben das Treiben unterbunden. Auch wenn der Schulleiter zwar durchgegriffen hat, sieht er es locker: „Das ist ein ganz normaler Vorgang, dass die versuchen, ihren Spaß zu haben. Das Problem ist, wir haben mündliche Prüfungen der Zehntklässler, es werden Klassenarbeiten geschrieben, da können Schüler nicht mit der Boom-Box das Gebäude stürmen und den gesamten Unterricht sabotieren.“
Gymnasien in Eimsbüttel: „Es gab 2023 massive Entgleisungen durch Alkohol“
Das Hauptproblem: Es seien auch alkoholisierte Jugendliche dabei. „Das geht im Schulbetrieb nicht, wir haben hier Fünftklässler, und man muss eine Balance finden zwischen den Interessen, die die Abiturienten haben, und denen der anderen Schüler.“
Alkoholkonsum – das ist auch der Grund, warum Schulleiter Wolter und sein Kollege vom Helene-Lange-Gymnasium in diesem Jahr die Mottowoche so streng reglementieren. „Es gab 2023 massive Entgleisungen durch Alkohol. Einige haben ihre Notdurft in den Vorgärten von Anwohnern verrichtet, an der Mansteinbrücke mussten mehrere Polizisten eine Prügelei von alkoholisierten Schülern stoppen. Das können wir als Schule nicht tolerieren“, so Wolter.
Gemeinsam mit Eltern- und Schülervertretern hatten sich demnach alle Beteiligten darauf verständigt, in diesem Jahr engere Grenzen zu ziehen. Verkleiden ist doch nicht so schlimm, finden die Schüler. „In Verbindung mit Alkohol sind viele dann aber doch enthemmter“, so Wolter. Daher das Verkleidungsverbot.
Müll und Lärm: Die Abiturienten dürfen nicht in den umliegenden Parks feiern
Die drei Gymnasien im Viertel haben sich außerdem darauf verständigt, dass das Feiern wie sonst üblich im Mansteinpark und am Kaiser-Friedrich-Ufer in diesem Jahr nicht toleriert wird. Es gab Beschwerden von Anwohnern über Lärm und Müll. Deswegen treffen sich die Abiturienten seit Tagen zum Feiern im Schanzen- oder im Innocentiapark.
Zum Hintergrund: Die sogenannten Mottowochen sind, obwohl von den Oberstufenschülern eigenverantwortlich organisiert, eine schulische Veranstaltung innerhalb der Schulpflicht. Darauf weist Behördensprecher Peter Albrecht hin. „Insofern kann die Schule Einfluss auf Ort und Gestaltung nehmen.“
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Anders verhalte es sich bei Veranstaltungen, die sich zeitlich und räumlich außerhalb des schulischen Rahmens bewegen – also am Abend und am Wochenende. „Das sind dann rein private Treffen, die in keinem schulischen Kontext stehen. Trotzdem fällt negatives Verhalten der Schülerinnen und Schüler natürlich auf ihre Schule zurück, daher versuchen Schulleitungen entsprechend Einfluss zu nehmen“, so Peter Albrecht.
Abitur Hamburg: Nur an einem Tag ist das Verkleiden am Kaifu-Gymnasium erlaubt
Der 18 Jahre alte Abiturient vom Kaifu-Gymnasium – übrigens als Luigi von Mario Kart verkleidet – kann die Maßnahme zwar nachvollziehen, aber er sagt auch: „Wir sind zwölf Jahre zur Schule gegangen. Ich denke, eine Woche, in der wir uns verkleiden, das kann man doch mal machen, und das ist doch für die anderen, die uns beobachten, auch lustig.“
Das soll nun am verabredeten Mottotag am Mittwoch passieren. An diesem Tag lasse er sich auch gerne von den Spielen der Schüler und Schülerinnen „grillen“, sagt Schulleiter Arne Wolter. Dann wird auch am Kaifu-Gymnasium kräftig gefeiert.