Hamburg/Geesthacht. Geesthachter starb nach Angriff seines Hundes. Wie sind solche Fälle zu verhindern? Das sagt eine bekannte Hamburger Tierpsychologin.
Nach der tödlichen Beißattacke durch seinen umgangssprachlich als Kampfhund bezeichneten American Bully XL am 24. Januar ist ein 35-jähriger Geesthachter seinen schweren Verletzungen erlegen. Wie kann es immer wieder zu solchen tödlichen Vorfällen kommen? Die in Hamburg bekannte Tierpsychologin und gefragte Eimsbütteler Speakerin Susanne Last ist auf ihrem YouTube Kanal Dogtalking dieser Frage nachgegangen – und sie stellt knallharte Forderungen.
Losgelöst von dem tragischen Unglück in Geesthacht führen meist mehrere unterschiedliche Faktoren dazu, warum ein Hund seinen Besitzer beißt. So viel vorweg: Um als ein gefährlicher Hund eingestuft zu werden, gibt es unterschiedliche Parameter, wie etwa vorangegangene Beißvorfälle und die Rasse. Zudem stellt sich die Frage, ob ein Hund wildert oder jagt. Zeigt er sich kampfbereit, angriffslustig, scharf? Ist er generell als aggressiv bekannt?
Hamburger Hundeexpertin: Wenn Tiere nur Gewalt kennen, werden sie aggressiv
Als gefährlich war der American Bully XL tatsächlich eingestuft: Mitarbeiter im Ordnungsamt der Stadt kannten das Tier bereits – weil es kürzlich zu einem ganz ähnlichen Vorfall gekommen war. Sie hatten daraufhin kurzfristig strenge Auflagen verhängt.
Die üblichen Erklärungen in Fällen, warum ein Hund aggressiv ist: „Menschen haben in der Vergangenheit Gewalt und Druck auf den Hund ausgeübt, hatten einen aggressiven Erziehungsstil. Studien zeigen, dass solche Hunde auch ihrem Besitzer gegenüber aggressiv sind“, so Susanne Last. Der Hund kenne eben keine anderen Umgangsformen. Die Hundeexpertin setzt sich immer wieder dafür ein, dass Menschen ihre Hunde besser verstehen.
Tierrechtsorganisation: Kampfhunde kommen oft von dubiosen Züchtern
Die Tierrechtsorganisation Peta weist darauf hin, dass sogenannte Kampfhunde in den meisten Fällen aus dubiosen Zuchtanlagen kommen. „Für die meisten Züchter steht der Profit im Vordergrund, den sie mit den wie Ware ‚produzierten‘ Tieren erzielen. Die Bedürfnisse der Hunde spielen keine Rolle.“
Weibliche Hunde würden häufig im osteuropäischen Ausland als Gebärmaschinen missbraucht, Welpen zu früh ihren Müttern entrissen und langen Transportwegen ausgesetzt.
Hundehalter verstehen Signale und Körpersprache eigener Tiere oft nicht
Neben einer möglicherweise aggressiven Erziehung von Hunden käme sehr häufig hinzu, dass die Besitzer die körpersprachlichen Signale ihrer eigenen Hunde gar nicht verstehen – ein Drohverhalten des Tieres könne dann übersehen werden. Denn: „Kein Hund beißt einfach so ohne Vorwarnung. Er zeigt vorab viele Signale“, sagt Susanne Last.
Immer wieder spielt auch das Thema Führung eine Rolle. „Wer ist in der sozialen Gruppe, in der der Hund lebt, für die Sicherheit zuständig? Wenn Menschen keine Führungsrolle übernehmen, übernimmt der Hund das.“ Die Beziehung zwischen Hund und Halter spiele eine zentrale Rolle.
Und dann sei es eben doch ein Unterschied, ob ein Pitbull oder American Bully XL zubeißt oder ein Dackel. „Diese Hunde haben eine exorbitante Beißkraft“, so Last. Sie seien genetisch so gepolt, ihre Beute nicht loszulassen – sie schütteln und reißen, und das sorge für üble Verletzungen. „Diese genetische Disposition ist ungünstig, wenn ein unerfahrener Hundehalter einen solchen Hund hat.“
Hamburger Expertin fordert psychologischen Eignungstest für Halter bestimmter Rassen
Damit sich solche Vorfälle wie in Geesthacht nicht wiederholen, fordert die Hundeexpertin eine Eignungsprüfung für Hundehalter bestimmter Rassen. Auch eine psychologische Eignung und ein Führungszeugnis gehören ihrer Meinung nach dazu. Diese Eignung müsse regelmäßig wiederholt werden. „Die Frage ist: Sind Menschen mit schweren psychischen Problemen wie etwa Suchterkrankungen in der Lage, bestimmte Hunde zu halten?“
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Aber nicht nur für Hunde mit entsprechender Beißkraft sollte es ihrer Meinung nach spezielle Eignungsprüfungen geben – denn jeder Hund kann bei falschem Umgang aggressiv reagieren. Generell sollte jeder Hundebesitzer entsprechende theoretische und praktische Prüfungen für einen Sachkundenachweis ablegen. Zudem plädiert sie für ein Zuchtverbot für bestimmte Hunderassen und eine generelle Überwachung der Hundeimporte. Es gäbe ohnehin viel zu viele Hunde, da der Handel damit ein lukrativer Markt sei.
Und vielleicht sollte auch nicht jeder einen Hund halten dürfen: „Hundehaltung sollte erlaubnispflichtig sein.“ Susanne Last prophezeit: „Es wird mehr Zwischenfälle geben, weil die Leute uninformiert sind und sich ohne Wissen einen Hund anschaffen.“