Hamburg. Stephanie Kreis trauert um ihren Schäferhund und richtet Appell an Halter. Auch eine Trainerin fordert Konsequenzen. Die Hintergründe.
Es ist der absolute Albtraum eines jeden Hundehalters: wenn der eigene Hund von einem anderen Vierbeiner getötet wird. Stephanie Kreis hat das erlebt. Ihre Hündin Bambee wurde vor einer Woche bei der abendlichen Runde über die Hundefreilauffläche an der Kollau in Niendorf von einem anderen Hund so schwer verletzt, dass sie eingeschläfert werden musste. Eine Hundeexpertin fordert einen Sachkundenachweis für Hamburgs Hundehalter.
Nur noch eine letzte Runde nach der Arbeit, dann sollte es nach Hause gehen. Stephanie Kreis war mit ihren drei Belgischen Schäferhündinnen (Malinois) Bambee und deren Töchtern Ari und Yara schon auf dem Rückweg zu ihrem Auto, das sie in der Straße Langenhorst in Niendorf geparkt hatte, als in der Dämmerung ein Hund angerannt kam und durch die kleine Schäferhundgruppe preschte.
Hamburgerin hörte Gebell und Gewinsel ihres Hundes
„Der kam von hinten angeschossen, durch meine Mädels hindurch“, berichtet Frau Kreis. Ihre zweieinhalbjährige Hündin Auri wollte dem fremden Hund hinterherlaufen und ihn verscheuchen und wurde von Mutter Bambee gestoppt, die ihr nachlief. Nach dem Motto: „Das lässt du schön bleiben“, sagt Stephanie Kreis. Was dann geschah, weiß Frau Kreis nicht, es war schon recht dunkel.
Sie hörte nur Gebell und Gewinsel, wie sie sie zuvor noch nie gehört hat. „Ich dachte, das sei der fremde Hund, aber es war Bambee.“ Auf drei Beinen kam die Hündin zu ihrer Halterin zurückgehumpelt und sackte in Frauchens Armen zusammen. Der andere Hund, ein Labradoodle, wie sich später herausstellte, lief zurück; von seinem Besitzer war nichts zu sehen. „Der war irgendwo, bestimmt 80 Meter entfernt.“
Bambee war ausgebildete Schutzhündin
Mit Hilfe von anderen Spaziergängern schaffte es Stephanie Kreis, ihre Hunde, vor allem die verletzte Bambee, ins Auto zu bringen. Drei Tierkliniken fuhr sie an, erst in der dritten konnte ihr geholfen werden. Ihre Hündin war außer sich vor Schmerzen, drohte jeden zu beißen. Diagnose: Schulterbruch und ein zertrümmerter Ellenbogen. „Die Prognosen auf Heilung waren katastrophal.“ Um ihre 6,5 Jahre alte Hündin nicht leiden zu lassen, ließ sie sie einschläfern.
Zu der Trauer um Bambee kommt das Unverständnis, die Wut über den anderen Hundehalter. „Der ließ seinen Hund frei laufen, ohne irgendeinen Einfluss auf ihn zu haben. Das geht nicht“, sagt sie. Ihre eigenen Hunde waren auch nicht an der Leine. Aber: „Meine Hunde waren eng bei mir, da überlasse ich nichts dem Zufall“, erzählt die 49-Jährige. Sie hat ihre Hunde erzogen, Bambee war ausgebildete Schutzhündin. Neben ihrer Arbeit im eigenen Nagelstudio ist Stephanie Kreis beruflich außerdem für einen Sicherheitsdienst im Einsatz.
Hamburgerin will Hundebesitzer nicht anzeigen
Doch was nützt es, gut erzogene und gehorsame Hunde zu haben, wenn andere Hundehalter ihr Tier nicht im Griff haben? Stephanie Kreis möchte den anderen Hundebesitzer gar nicht anzeigen. „Was würde mir das nützen? Das bringt Bambee auch nicht zurück und bringt nur Ärger.“
Sie möchte nur die Tierarztkosten von ihm bezahlt bekommen und appelliert an ihn und andere: „Lasst eure Hunde an der Leine. Vielen ist nicht klar, was alles passieren kann. Der hat seinen Hund in Lebensgefahr gebracht: Als junger Hund in eine Gruppe von Belgischen Schäferhunden zu rasen, ist lebensgefährlich.“ In diesem Fall endete es für ihre eigene Hündin tödlich. Noch besteht der Halter des Labradoodles darauf, die Tierarztkosten nur zu übernehmen, wenn seine Versicherung dafür aufkommt. Es geht um 300 Euro.
Trainerin ist „komplett geschockt"
Fassungslos ist Susanne Last, die sich in einem Youtube-Video zu diesem Vorfall äußert. Stephanie Kreis ist Kundin bei der Hundetrainerin und Verhaltensberaterin. Susanne Last: „Ich bin komplett geschockt. Was ist da los? Ich sehe zunehmend Hunde, die null unter Kontrolle sind, zum Teil an der Leine, zum Teil ohne.“
Von drei oder vier Hundebegegnungen seien drei eine Katastrophe. „Weil wir angepöbelt werden, weil die Hunde in die Leine gehen, weil sie unangeleint in uns hineinbrettern. Das scheint an der Tagesordnung zu sein.“ Aber: „Das ist nicht normal!“
An Erziehung der Hunde muss gearbeitet werden
Jeder Halter muss seinen Hund unter Kontrolle bringen, auch mithilfe der Leine. „Es kann doch nicht sein, dass man aus Bequemlichkeit seinen eigenen Hund und andere in Gefahr bringt. „Was passiert denn, wenn ein unangeleinter Hund über die Straße brettert oder Menschen umrennt?“
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Sie fordert, dass an der Erziehung von Hunden gearbeitet wird. Es sei nicht hinnehmbar, wenn Hunde durch mangelnde Erziehung ums Leben kämen. Bambee sei kein Einzelfall. Sie kennt andere Fälle, in denen ein Hund verletzt oder getötet wurde.
Expertin bietet kostenlose Kurse an
Diese Hunde, die keine Erziehung genossen haben, auf die der Besitzer keinen Einfluss hat, so die Expertin, gehören nicht auf Hundefreilaufflächen. „Wenn der Besitzer keine Kontrolle hat, muss die Leine dranbleiben, auch wenn man die Leinenbefreiung hat.“ Die Leine dient der Sicherheit des Umfeldes.
Ihr Appell an Hundehalter: „Informiert euch über hündisches Verhalten, besorgt euch Fachwissen!“ Sie spricht sich klar für den Erwerb eines Sachkundenachweises aus. „Der sollte Pflicht werden für alle Hundehalter, damit alle über ein Minimum an Basiswissen verfügen.“ Sie selbst bietet dazu Kurse an. Die sind extra kostenlos, damit sie auch wirklich jeder wahrnehmen kann.
Infos www.dogtalking.eu