Hamburg. Mitglieder unterzeichnen Protestbrief an Landeskirche. Forderung: Suspendierung des Pastors soll rückgängig gemacht werden.
Der Gottesdienst in der Kirchengemeinde Hamburg-Langenfelde im Stadtteil Stellingen an diesem Sonntag war nicht wie jeder andere. Denn nach dem offiziellen Teil gab es nur noch ein Thema: Den Streit zwischen Kirchengemeinde und Kirchenkreis und die kürzliche Suspendierung von Pastor Holger Janke. Das Abendblatt berichtete.
Und so war es auch nicht Janke selbst, der den Gottesdienst abhielt, sondern ein befreundeter Pastor, der kurzerhand eingesprungen war. Die an diesem Wochenende anwesenden Mitglieder der Kirchengemeinde ließen jedoch keinen Zweifel daran, dass sie geschlossen weiter hinter ihrem Pastor stehen. Das neuste Kapitel in dem unglaublichen Streit: Mit einem Protestschreiben an den Präsidenten des Landeskirchenamtes will die Gemeinde nun erwirken, dass die Suspendierung von Pastor Janke rückgängig gemacht wird.
Kirche Hamburg: Gemeinde in Stellingen holt Pastor in Kirchenrat
Zudem äußerte sich die Gemeinde am Sonntag zu den Vorwürfen, Janke habe auch nach seiner Suspendierung Gottesdienste abgehalten. Dies sei falsch. So soll er den Gottesdienst am 17. Dezember 2023 abgehalten haben, bei dem auch dem Propst an der Tür ein Hausverbot erteilt wurde. Nach Abendblatt-Informationen war die Suspendierung zu diesem Zeitpunkt bereits ausgesprochen. Laut Gemeindemitgliedern sei diese aber noch nicht zugestellt gewesen. Somit habe Janke keinen Fehler gemacht. Der Kirchenkreis konnte sich auf Anfrage dazu im Detail am Sonntag vorerst nicht äußern.
Wie sehr die Gläubigen hinter ihrem Pastor stehen, zeigt auch Folgendes: Der nun suspendierte Pastor ist von sofort an wieder Mitglied des Kirchengemeinderats. So wurde auf dem Gottesdienst bekannt gegeben, dass ein bisheriges Mitglied aus persönlichen Gründen ausgeschieden sei und der freie Platz nun mit Holger Janke nachbesetzt werden würde.
Kirchenstreit in Stellingen: Es geht auch um eine kircheneigene Immobilie
Bis zu seiner Suspendierung im Dezember war Janke qua Amt bereits Mitglied im Rat gewesen. Nun wird er als normales Gemeindemitglied an den Sitzungen teilnehmen. Damit ist er weiterhin Teil des Gemeindelebens und an vielen Entscheidungen beteiligt.
Der Streit zwischen Kirchengemeinde und dem übergeordneten Kirchenkreis Hamburg-West/Südholstein läuft seit Jahren. Im Kern geht es dabei offenbar um Geld, das in Zusammenhang mit dem kircheneigenen Mehrfamilienhaus direkt gegenüber der Kirche floss. Die Gemeinde wirft dem Kreis vor, die entsprechende Baukasse nicht ordentlich geführt zu haben, Geld sei zweckentfremdet worden. Eine entsprechende Klage liegt beim Landgericht vor, wie dem Abendblatt bestätigt wurde. Es geht insgesamt um einen Betrag von 2,7 Millionen Euro.
Kirche in Stellingen: Drei Anwälte sind für die Gemeinde tätig
Der Kirchenkreis wiederum wirft der Gemeinde vor, bereits seit mehreren Jahren keinen Jahresabschluss zu ihren Haushaltsplänen beschlossen zu haben – entgegen der kirchlichen Vorschriften.
Ein aktueller Eintrag auf der Homepage der Kirchengemeinde Langenfelde fasst die Geschehnisse der vergangenen Wochen und die Vorwürfe aus eigener Sicht zusammen. Derzeit seien wegen der „prekären Situation“ für die Kirchengemeinde drei Anwälte tätig.
Streit zwischen Mieterin und Kirche – es geht um Nebenkostenabrechnung
Der Streit zwischen dem Kirchenkreis und der Hamburger Gemeinde betrifft auch Mieterinnen und Mieter in dem besagten Mehrfamilienhaus gegenüber der Kirche. Diese hatten über zahlreiche Unstimmigkeiten berichtet. Unter anderem kritisieren sie, dass sie von der Gemeinde keine Einsicht in die Nebenkostenabrechnung erhalten hätten.
Auch sorgt eine Dornenhecke bei den Mietern für Ärger. Diese sei eingezogen worden, um ihnen den Zugang zum Garten zu verwehren. Die Nutzung des Gartens ist zwar nicht Teil des Mietvertrags, sei allerdings bislang geduldet worden.
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Auf Abendblatt-Nachfrage erklärte die Kirchengemeinde, dass es sich um einen Ziergarten handle und verwies auf Spielflächen auf dem Kirchengelände oder nahe gelegene Spielplätze.
Auch zu diesen Kritikpunkten äußerte sich der Gemeinderat nun schriftlich – und spielte den Ball an den Kirchenkreis weiter. „Die Nebenkostenabrechnungen für die Mieterinnen und Mieter können nicht gesetzeskonform von der Kirchengemeinde abgerechnet werden, weil der Kirchenkreis, der das Konto bis 2022 verwaltete, weder Beleg noch Überweisungseinsicht gewährleisten konnte.“ Der Mieterverein, der einige Bewohner vertrete, sei diesbezüglich informiert worden.
Kirche Hamburg: Gemeinde in Stellingen spricht von „Enteignung“
Mieterinnen und Mieter hatten weiter berichtet, dass sie die Miete zunächst auf ein Konto des Kirchenkreises überwiesen haben. Später sei dies geändert worden, fortan sollte auf ein Konto der Kirchengemeinde eingezahlt werden.