Hamburg. Tochter des umstrittenen Unternehmens wollte in Stellingen rund 250 Einheiten errichten. Wieso daraus nichts wird.
Ulrich Gaßdorf
Wohnraum wird in Hamburg dringend benötigt. Am Sportplatzring im Quartier „Neue Mitte Stellingen“ sollten rund 250 frei finanzierte Miet- und Eigentumswohnungen auf einem mehr als 9000 Quadratmeter großen städtischen Areal entstehen.
Die BuwogBauträger GmbH – die vor fünf Jahren vom bundesweit agierenden Immobilienunternehmen Vonovia übernommen wurde – hatte das Grundstück bereits seit Anfang 2018 durch die bei der Finanzbehörde angesiedelte Kommission für Bodenordnung (KfB) anhand gegeben bekommen. Das ist ein gängiges Instrument, damit der Investor das Projekt entwickeln kann.
Immobilien Hamburg: Anhandgabe des Grundstücks an die Vonovia wird nicht verlängert
Viel passiert ist in den vergangenen fünf Jahren aber offensichtlich nicht. Es gab in dieser Zeit mehrere Verlängerungen dieser Anhandgabe. In der Sitzung der KfB am 2. November dieses Jahres sollte erneut eine solche beschlossen werden. Dafür hatten sich dem Vernehmen nach auch der LIG (Landesbetrieb Immobilienmanagement und Grundvermögen) und das Bezirksamt Eimsbüttel ausgesprochen. Doch das Gremium, dem auch Politiker verschiedener Parteien angehören, entschied sich nach Abendblatt-Informationen gegen eine weitere Anhandgabe.
Im Klartext bedeutet das, dass die Vonovia-Tochter Buwog die Projektentwicklung an diesem Standort nicht weiter verfolgen kann. Für das Grundstück muss die Stadt jetzt eine neue Ausschreibung machen. Das heißt aber auch, dass sich die Bebauung – in dem Quartier werden bereits zahlreiche Wohnungsbauprojekte umgesetzt – verzögert.
Aber was steckt hinter der Absage an das Vonovia-Unternehmen? Das Abendblatt begab sich auf Spurensuche.
SPD-Fraktionschef Kienscherf wettert gegen Vonovia: „Wir brauchen in Hamburg keine Spekulanten“
Einer der Mitglieder der KfB, die übrigens für alle Grundstücksgeschäfte der Stadt ihre Zustimmung erteilen muss, ist Dirk Kienscherf. Der SPD-Fraktionschef in der Hamburgischen Bürgerschaft möchte sich nicht zu Entscheidungen der KfB äußern, weil diese in vertraulichen Sitzungen gefallen seien, macht aber im Abendblatt-Gespräch deutlich: „Wir brauchen in Hamburg keine Spekulanten. Dazu gehört für mich auch die Vonovia, und diesen Wohnungsunternehmen sollte die Stadt keine Flächen überlassen.“
Die Vonovia, die in Hamburg einen Bestand von rund 11.300 Wohnungen hat und bundesweit etwa 550.000 Wohnungen ihr Eigen nennt, gilt als umstritten. SPD-Fraktionschef Kienscherf spricht Klartext: „Wer dadurch auffällt, dass Mieterinnen und Mieter sich schlecht behandelt fühlen und den Wohnungsbestand nicht sorgsam pflegt, ist für die Stadt kein passender Partner.“
Kienscherf ist an einer schnellen Lösung für das Areal am Sportplatzring gelegen: „Wir sollten diesen Prozess zügig vorantreiben, denn wir brauchen dringend bezahlbaren Wohnraum.“
In dem Quartier Neue Mitte Stellingen am Sportplatzring sollen insgesamt rund 750 Wohnungen entstehen, inklusive dem nun gescheiterten Buwog-Projekt. Die anderen Baufelder werden von dem städtischen Wohnungsunternehmen Saga, dem Bauverein der Elbgemeinden und der Magna Real Estate entwickelt. Es sind auch rund 7000 Quadratmeter für Einzelhandel geplant. Ein Wohnensemble mit 55 Wohnungen und einer Kita wurde bereits 2021 fertiggestellt.
Immobilien Hamburg: Vonovia-Tochter wollte in Stellingen 237 Wohnungen bauen
Das Abendlatt hat auch die Buwog um eine Stellungnahme gebeten. „Der Sachverhalt ist uns bekannt, zu aktuellen Überlegungen der Buwog können wir momentan jedoch keine Auskunft geben“, sagte Sprecher Michael Divé.
Offensichtlich gestaltete sich die Entwicklung der Fläche schwierig. Wohl auch wegen der inzwischen angespannten Lage in der Immobilienbranche, die unter anderem mit gestiegenen Baukosten und Zinsen zu kämpfen hat.
Hamburg-Stellingen: Schwierigkeiten bei der Projektentwicklung am Sportplatzring
In einem vertraulichen Schreiben für eine Sitzung der KfB aus diesem Sommer heißt es sinngemäß, die Buwog habe versichert, das Bauvorhaben weiterhin realisieren zu wollen, jedoch könne das Unternehmen die Umsetzung aus wirtschaftlichen Gründen nur leisten, wenn ihr anstatt eines Verkaufs des Grundstücks ein Erbbaurecht (für einen Zeitraum von 100 Jahren) eingeräumt werde.
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Der LIG und die beteiligten Fachbehörden erklärten dafür ihr Einverständnis – vorbehaltlich der Zustimmung der KfB. Der jährliche Erbbauzins sollte auf Grundlage des ursprünglichen Kaufpreisangebots der Buwog für das rund ein Hektar große Grundstück berechnet werden. Das lag nach Abendblatt-Informationen bei mehr als 40 Millionen Euro. Die Anhandgabe sorgte jedoch schon 2019 für Kritik aus der Opposition. Der Vorwurf: Die Buwog habe den Zuschlag nur aufgrund des hohen Kaufpreisangebots bekommen – obwohl andere Baukonzerne ein besseres Konzept gehabt hätten.
Immobilien Hamburg: Die Stadt hat „hohes Interesse“ am Wohnungsbau am Sportplatzring
Doch das mit dem Erbbaurecht hatte sich erledigt, nachdem die KfB am 2. November einer Verlängerung der Anhangabe des Grundstücks an die Buwog nicht zugestimmt hatte.
Das Abendblatt hat auch die Finanzbehörde um eine Stellungnahme gebeten. Die fiel allerdings sehr wortkarg aus. Ein Sprecher sagte lediglich: „Wir äußern uns nicht zu einzelnen Vertragskonstellationen, überdies unterliegt die Arbeit der KfB der Vertraulichkeit.“
Immerhin: Selbstverständlich bestehe aber seitens der Stadt ein hohes Interesse daran, dort schnellstmöglich Wohnungsbau zu realisieren.