Hamburg. Arbeiten an der Von-Sauer-Straße ruhen seit Wochen, Fertigstellung verzögert sich enorm. Doch der Investor verkündet Verblüffendes.
Im Bezirk Altona herrscht offenbar erneut totaler Stillstand bei einem Immobilienprojekt. Es geht um das Bahrenfelder Carrée (gelegentlich auch Quarrée geschrieben). Seit Wochen liegt der große mehrteilige Wohnblock zwischen Bahrenfelder Chaussee, Von-Sauer-Straße und Straußstraße brach. Die Gebäudeteile sind zwar äußerlich weitgehend fertiggestellt, zahlreiche Abschlussarbeiten ruhen aber schon längere Zeit. Die Gewerke sind abgezogen, von Baufirmen geschweige denn Arbeiten ist zurzeit nichts zu sehen.
Informationsbanner mit den Aufschriften „Gröner Group“ und „CG Elementum“ bewerben „urbane Wohnräume“, als Zeitpunkt der Fertigstellung wird das zweite Quartal 2023 angekündigt. Für Interessenten ist unübersehbar eine 0800-Telefonnummer angebracht, allerdings ist dort seit Tagen niemand zu erreichen. Im Bezirk gibt es bereits mehrere vergleichbare Fälle.
Immobilien Hamburg: Bahrenfelder Carrée – Baustelleneinrichtung ausgelaufen
Das Bezirksamt Altona teilt zwar mit, dass vonseiten des Bauträgers kein Baustopp angezeigt worden sei. Allerdings sagt Sprecher Mike Schlink auch: „Das Bezirksamt hat zur Kenntnis genommen, dass die Arbeiten bereits seit einigen Wochen ruhen. Darüber hinaus ist die Sondernutzungserlaubnis für die Baustelleneinrichtung ausgelaufen und auch nicht verlängert worden.“ Die letzte Verlängerung stammt vom vergangenen Juni.
Rückblick: Das Filetgrundstück ist auch als ehemaliges „Rotlichtdreieck“ bekannt, weil sich einst in den damals dort stehenden baufälligen Häusern Prostitution angesiedelt hatte. Bereits im Jahr 2011 hatte der Bezirk Altona mit einem ersten Investor einen städtebaulichen Vertrag für die damalige Brachfläche abgeschlossen. Dort sollten Studentenwohnungen und günstige Mikro-Apartments entstehen.
Doch der Investor verkaufte das Grundstück samt Baugenehmigung kurze Zeit später meistbietend weiter. 2017 landete es schließlich bei der Berliner CG-Gruppe. Deren Gründer ist der Investor Christoph Gröner, der zeitweise auch beim Holsten-Areal mitgemischt hatte. Baustart in Bahrenfeld war dann 2018.
Generalunternehmer wirbt in Bahrenfeld mit „Bauen mit Leidenschaft“
Aktuell teilt ein Banner an der Hauswand vor Ort mit: „CG Elementum und Christoph Gröner bauen mit Leidenschaft und einem Erfahrungshorizont von mehr als 25 Jahren.“ Eine Informationstafel weist CG Elementum in Berlin als Generalunternehmer aus.
Als Bauherr wird die Firma Lebens(t)räume, Gesellschaft für modernes Wohnen in Köln angegeben. Eine dazugehörende Mailadresse gehört wiederum zu CG Elementum. Eine dorthin versandte Abendblatt-Anfrage zum Stand des Projekts blieb unbeantwortet.
Baustopp in Bahrenfeld – Gröner Group nennt Urlaubszeit als Grund
Auf Nachfrage teilt die Leiterin der Kommunikation der Gröner Group, Eva Mommsen, mit, dass die Planungen für das Projekt unverändert seien und „dem geltenden städtebaulichen Vertrag“ folgten. Aber: „Aktuell kommt es beim Bau zu Verzögerungen, was bei einem Projekt dieser Größenordnung nicht unüblich ist“, so Mommsen. „Bedingt durch die Sommer- und Urlaubszeit sind einige Materiallieferungen unserer Vertragspartner verspätet. Das ist aber nur vorübergehend.“
Als Projektentwickler liege es im Interesse des Konzerns, Projekte fertigzustellen – „und wir sind daher auch in laufenden Abstimmungen mit den zuständigen Partnern“. Laut Mommsen wird nun mit einer kompletten Fertigstellung im ersten Quartal 2025 gerechnet.
Bauprojekt in Bahrenfeld – laut Investor schon 92 Prozent vermietet
Über die genaue Größe des Projekts sind bei Außenstehenden unterschiedliche Angaben im Umlauf. Eva Mommsen spricht von einem „aus zwei separaten Baukörpern bestehenden Wohn- und Gewerbeprojekt“. Die „fünf- und siebengeschossigen Baukörper“ folgten der klassischen Aufteilung innerstädtischer Wohnobjekte mit Einzelhandelsflächen im Erdgeschoss. Der kleinere Baukörper umfasse sieben Vollgeschosse mit jeweils circa 1100 Quadratmetern Grundfläche.
Zur Erzielung der notwendigen Stellplatzanzahl umfasse die Tiefgarage nicht nur das erste Untergeschoss, sondern auch Teilflächen des Erdgeschosses. „Der Wohnungsmix beinhaltet frei finanzierte Wohnungen, Mikro-Apartments sowie geförderte Wohnungen.“
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Laut Banner an der Fassade sollen dort 280 Wohn- und fünf Gewerbeeinheiten sowie 108 Mikro-Apartments entstehen. Eine Nachricht, die viele überraschen dürfte: Wie Eva Mommsen schreibt, seien aktuell in einem Teil des Komplexes („Bauteil 2“) bereits 92 Prozent vermietet. Und mündlich teilt sie mit, dass einige Bereiche sogar schon bezogen seien. Für „Bauteil 1“ verweist Mommsen lediglich auf die Fertigstellung im ersten Quartal 2025.
Immobilien Hamburg: Baustopp in Bahrenfeld – Bezirkspolitiker kritisieren Investor
Altonas Bezirkspolitiker reagieren misstrauisch auf die Angaben. „Ich glaube Herrn Gröner kein Wort mehr“, sagt der Bauexperte der Grünen, Christian Trede. „Eine zügige Fertigstellung ist ja wohl wichtiger als irgendwelche Angaben über Vermietungen“, kritisiert Trede.
„An der richtigen Informationspolitik dieses Investors darf man zweifeln“, sagt Altonas CDU-Fraktionschef Sven Hielscher. Und weiter: „Dieses Bauprojekt ist auch deshalb genehmigt worden, weil es der Schaffung von Wohnraum als gesellschaftlicher Aufgabe dienen soll. Dieser Verantwortung scheint sich der Investor nicht bewusst zu sein.“