Hamburg. Nach einer Anzeige der Tierschutzorganisation Peta gegen das Henriks reagiert der Inhaber. Und ein weiteres Lokal zieht nach.

  • Die Tierschutzorganisation Peta hatte bereits Ende September eine Strafanzeige gegen Claas-Henrik Anklam, den Besitzer des Restaurants Henriks in Rotherbaum, gestellt.
  • Der Grund: Auf seiner Karte führte Anklam foie gras, Stopfleber. Vor allem unter Tierfreunden ist das Gericht aufgrund seiner Zubereitungsmethode heftig umstritten.
  • Der Gastronom zieht nun Konsequenzen – und er ist nicht der einzige in Hamburg.

Das Restaurant Henriks in der Tesdorpfstraße nahe der Moorweide in Hamburg-Rotherbaum ist eigentlich bekannt für Trüffelpommes, Rinder-Tatar, Steaks und edle Burger. Angesehen für lockere Partys, Prominente feiern hier gern lang und ausgelassen, der Gastraum ist definitiv instgrammable – viele Fotos von hier werden auf den sozialen Medien hochgeladen.

Herz des Ganzen ist Inhaber Claas-Henrik Anklam: Chefkoch und Unternehmer, der auch schon das beliebte Restaurant Tarantella mit zwei Geschäftspartnern 2006 wieder eröffnete und seit knapp zehn Jahren das nach ihm benannte Henriks führt. Nun jedoch droht Anklam Ärger. Die Tierschutzorganisation Peta hat am 29. September 2023 Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Hamburg gegen ihn erstattet: Wegen Beihilfe zur strafbaren quälerischen Tiermisshandlung.

Restaurant Hamburg: Henriks-Chef wegen Gericht auf der Speisekarte angezeigt

Doch warum kam es dazu? Und wieso wird ein Gastronom wegen Tierquälerei angezeigt? Es ist ein Gericht auf der Henriks-Speisekarte, das dazu führte: Foie gras. Stopfleber. Für die Herstellung, die in Deutschland verboten ist, werden Gänse und Enten massiv gequält und gezielt krank gemacht. Sie werden mehrmals täglich mit einem Schlauch oder Rohr, das ihnen gewaltsam in die Speiseröhre eingeführt wird, mit fettreichem Getreidebrei „gestopft“. Durch die quälerische Mast schwillt die Leber der männlichen Vögel in ungefähr zwei Wochen auf das bis zu Zehnfache ihres Normalgewichts an.

Auf der Henriks-Speisekarte gab es die umstrittene Vorspeise zweimal: Einmal als Beilage zu einem gegrillten Filet Mignon Rossini, 180 Gramm Fleisch plus Trüffel und Foie gras für 62 Euro, dann weiter als Foie gras Parfait mit Mango-Chutney, Muscovado Zucker und Butter-Brioche für 45 Euro. Bisher. Denn Anklam hat sich dazu entschieden, komplett auf Foie gras zu verzichten und hat die Gerichte nun ersetzt.

„Ich habe lange in den vergangenen Tagen mit meiner Frau über diese Thematik gesprochen und wir werden ausprobieren, wie es ohne die Stopfleber läuft“, sagt der Gastronom. „Die Nachfrage war bisher nicht sehr groß, aber es gilt oder galt landläufig als Aushängeschild für ein Restaurant, wenn dort Foie gras auf hohem Niveau zubereitet werden konnte.“

Brasserie Tortue an der Hamburger Stadthausbrücke: Nächste Karte ohne Stopfleber

Dennoch sprechen für Anklam – neben dem Tierschutz – auch andere Gründe dafür, ohne Stopfleber-Gerichte zu agieren: „Das Produkt ist in den vergangenen Jahren um 300 Prozent teurer geworden, es kommt an Kaviar heran“, erklärt er. Deshalb: „Wir werden uns nun an etwas Neues heranwagen und Alternativen testen.“ Damit meint er Produkte wie „Happy Foie“, veredelte, natürliche Leber von frei laufenden und nicht zwangsgefütterten Enten und Gänsen. Entwickelt von Tobias Sudhoff, der als Küchenchef eines Sternerestaurants in Nordrhein-Westfalen Erfahrungen mit Gästen, Geschmäckern und diesem Gericht sammelte.

Auch die Brasserie Tortue in den Stadthöfen in der Hamburger Innenstadt nimmt Stopfleber von der Karte.
Auch die Brasserie Tortue in den Stadthöfen in der Hamburger Innenstadt nimmt Stopfleber von der Karte. © Michael Rauhe / FUNKE Foto Services | Michael Rauhe

Und trotzdem. Anklam, der sich als Gastgeber und Koch aus Leidenschaft bezeichnet, treibt um, wo eine Grenze gezogen werden sollte? Bei vielen Lebensmitteln kämen Fragen auf, da ginge es um Fische aus überfischten Regionen, Kaviar aus Störzuchtbetrieben, mittlerweile auch um die Nachhaltigkeit bei verwendetem Olivenöl. „Wenn einer was suchen möchte, dann wird er wohl etwas finden“, meint Anklam.

Jedoch: Foie gras gibt es auf seiner Karte nun nicht mehr. Und auch ein weiterer Gastronomiebetrieb in Hamburg will keine Stopflebergerichte mehr anbieten. „Mit der nächsten Menüanpassung“, so heißt es aus dem Restaurant, wird auf der Karte der Brasserie Tortue an der Stadthausbrücke 10 in der Innenstadt die Entenstopfleberterrine mit Fruchtconfit, fermentiertem Pfeffer und geröstetem Brioche für 37 Euro nicht mehr zu finden sein.

Dehoga Hamburg zweifelt an, dass ein strafrechtlich relevantes Verhalten vorliegt

Ulrike von Albedyll, Landesgeschäftsführerin des Dehoga, des Hotel- und Gaststättenverbands, äußert sich zur Peta-Anzeige gegen das Henriks folgendermaßen auf Abendblatt-Nachfrage: „Es ist nicht unsere Aufgabe, unternehmerische Entscheidungen zu bewerten. Die wenigen Fakten, die uns vorliegen, legen im Übrigen die Vermutung nahe, dass kein strafrechtlich relevantes Verhalten vorliegt.“

Das sieht Peta anders: „Der rechtliche Vorwurf lautet: Verdacht auf Beihilfe zur quälerischen Tiermisshandlung laut Paragraf 17 Tierschutzgesetz in Verbindung mit den Vorschriften des Strafgesetzbuches. Da die Produktion von Stopfleber in Deutschland verboten ist, greift das Restaurant auf Tierqualprodukte aus dem Ausland zurück“, sagt Tanja Breining, Fachreferentin von Peta Deutschland.

Foie gras: In vielen EU-Ländern herrscht Produktionsverbot, der Import ist nach wie vor legal

Der Anzeige an Claas-Henrik Anklam waren mehrere Briefe von Peta vorangegangen mit der Aufforderung, die Gerichte zu streichen. Wenn daraufhin keine Reaktion erfolge, dann stelle die Tierschutzorganisation Anzeige. Hintergrund laut Peta ist: Trotz des Produktionsverbots von Foie gras in vielen Ländern der EU ist der Import von Foie gras nach wie vor legal. Konventionelle Stopfleber ist daher auch in Deutschland, Österreich und der Schweiz nach wie vor verfügbar.

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Auf Briefe ohne Antwort folgt Anzeige, so das deutschlandweite Vorgehen der Tierschutzorganisation. Da es noch eine Vielzahl an Restaurants gibt, die Foie gras anbieten – in Hamburg sind das knapp 20 – wird Peta in den allermeisten Fällen nach Hinweisen von Bürgern aktiv.

Für Peta ist die Reaktion der Betreiber des Henriks‘ und der Tortue-Brasserie ein klarer Erfolg. „Auch, wenn sich noch viele Restaurants schwertun, sich von dem tierquälerischen Gericht zu verabschieden, da sie meinen, dass dies das Image der gehobenen französischen Küche schmälere, so gibt es immer mehr Sterne- und Gourmetrestaurants, die auf pflanzliche Alternativen zurückgreifen“, sagt Tanja Breining von Peta. „Das begrüßen wir natürlich sehr.“

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Beim Henriks war Kommunikationsexpertin Alexandra von Rehlingen diejenige, die das Verfahren anschob: „Ich persönlich habe auch dreimal versucht, mit Herrn Anklam darüber zu reden“, sagt von Rehlingen, die sich als Veganerin seit Jahrzehnten für den Tierschutz starkmacht und gegen den Verkauf von Foie gras kämpft. „Ich bin dort seit Jahren eine gute Kundin gewesen, doch Herr Anklam hat sich jedes Mal verleugnen lassen.“ Dieser wiederum widerspricht, will keine Einladung zu einem konstruktiven Gespräch zu angemessener Uhrzeit erhalten haben.

„Aber ich freue mich, wenn ich Frau von Rehlingen oder ihren Mann, der oft bei uns isst, im Henriks begrüßen kann“, meint Anklam. Oder in seinem neuen Restaurant, das demnächst in der HafenCity eröffnet. Sicher ohne Foie gras.