Hamburg. Seit Corona durften Wirte unbürokratisch Außengastro betreiben. In einer Straße uferte das wohl aus. Nun entscheidet das Gericht.

Kioske, Restaurants, Cafés: Der Stellinger Weg in Hamburg-Eimsbüttel ist in den vergangenen Jahren immer belebter und beliebter geworden. Einer der zahlreichen Außenplätze gehört zu „Kim‘s Kitchen“. Eine Terrasse mit Platz für 20 Gäste an der frischen Luft – das war die einzige Möglichkeit für die Gastronomin Kinkeo Xayapheth, um in der Corona-Zeit noch ein bisschen Geld zu verdienen. Die 55-Jährige eröffnete ihr Geschäft „Kim‘s Kitchen“ im Frühjahr 2021 – also mitten im Lockdown.

Ursprünglich wollte sie von hier aus ihren Catering-Service für laotische Spezialitäten weiterführen. Doch Events, für die man hätte Essen catern können, gab es damals nicht. Und so setzte sie voll auf das Tagesgeschäft im Restaurant, und das Catering lief langsam aus.

Das Problem: Das Bezirksamt fordert nun, dass Xayapheth ihre Terrasse wieder abbaut, weil die Sondernutzungsgenehmigung ausläuft. Doch im Innenraum hat sie nur vier Sitzplätze für ihre Gäste. Die Folge: Es gibt Streit.

Eimsbüttel: Außengastro – vielen Beschwerden im Stellinger Weg

Der Fall von „Kim‘s Kitchen“ ist von daher etwas kompliziert, als dass er auch mit Aufbauten zusammenhängt, die im Vorfeld so nicht offiziell genehmigt worden waren: ein Pavillon und ein selbst gebauter Boden aus Sand, Holz und Stein. Doch mit dem Problem, dass lieb gewonnene Sondernutzungen nun auslaufen, steht sie nicht allein da.

Während im Bezirk Hamburg-Mitte gerade beschlossen wurde, die Sondernutzung für Außenflächen auch auf die Wintermonate auszuweiten, gilt in Eimsbüttel (Stand jetzt) nun wieder die Vor-Corona-Regelung: Grundsätzlich ist Außengastro nur zwischen April und Oktober möglich – nur in Einzelfällen und bei einem gut begründeten Antrag dürfen Eimsbütteler Wirte auch in den kalten Monaten Gäste auf Außenterrassen bewirten.

Gabor Gottlieb (SPD), Vorsitzender der Bezirksversammlung Eimsbüttel, sagt: „Jetzt einfach Hamburg-Mitte als Vorbild zu nehmen und eine hamburgweite Regelung zu fordern wäre aus meiner Sicht falsch. Man muss das für jeden Standort individuell betrachten.“ Insbesondere im Bereich vom Stellinger Weg sei es zu vielen Beschwerden gekommen.

Eimsbüttel: 700 Wirte bekamen in Corona-Zeiten Sondergenehmigungen

Von der Möglichkeit, unbürokratisch Außenflächen zu nutzen, haben während der Corona-Pandemie viele Gastronomen im Bezirk Eimsbüttel Gebrauch gemacht. Mehr als 700 entsprechende Sondernutzungsgenehmigungen für Gehwege, öffentliche Flächen und Parkplätze seien in dieser Zeit unbürokratisch ausgestellt worden, teilte Kay Becker, Sprecher des Bezirksamts Eimsbüttel, mit.

Nun sieht das anders aus: „Mit dem Abebben der Pandemie, in der es auch für die Gastronomie keine Einschränkungen des Geschäftsbetriebs mehr gab, war der Zeitpunkt erreicht, die Ausnahmeregelungen nicht pauschal zu verlängern, sondern die Anträge wieder im regulären Verfahren zu prüfen“, so Becker.

Außengastro in Eimsbüttel – Beschwerden über versperrte Gehwege

Und auch darüber hinaus müssten nun wieder die jeweils erforderlichen Gehwegbreiten eingehalten werden. Feste Aufbauten, sowie Heizgeräte oder Feuerstellen seien nicht erlaubt. Bezirksamtssprecher Becker betont allerdings: „In Einzelfällen stellen wir auch über die Sommermonate hinaus Genehmigungen aus.“ Das wiederum sei davon abhängig, ob es Beschwerden mit der Nachbarschaft oder andere „Auffälligkeiten“ gebe.

Und kritische Stimmen haben das Bezirksamt durchaus erreicht. Becker berichtet von Anwohner-Beschwerden über zweckentfremdeten Parkraum, versperrte Gehwege und großzügige Holzaufbauten auf Parkplätzen und über Lärmbelästigung.

Bezirksamt: Mehr Rücksichtnahme auf die Bedürfnisse der Anwohner

Während der Pandemie sei es meist gelungen, mit den Gastronomiebetrieben zu einer Lösung zu kommen. „Darüber hinaus hat es bei Sondernutzungen in Einzelfällen bauliche Veränderungen der Sondernutzungsflächen gegeben, die nicht von der Genehmigung abgedeckt waren“, so Becker.

Man stünde dazu im regelmäßigen Austausch mit der Polizei. Und es würde als notwendig angesehen werden, wieder mehr Rücksichtnahme auf die Bedürfnisse der Anwohnerinnen und Anwohner zu entwickeln.

Stellinger Weg – SPD Eimsbüttel: „Teilweise war kein Durchkommen mehr“

Am Stellinger Weg sei laut SPD-Mann Gabor Gottlieb die Beschwerdelage zum Teil sehr hoch gewesen. „Deshalb haben wir einen runden Tisch mit Anwohnern ins Leben gerufen“, sagt er. Gerade in den Sommermonaten war am Stellinger Weg zum Teil kein Durchkommen mehr. Dazu eine hohe Lautstärke. Wichtig ist, dass das Stellinger Weg eben auch eine Wohnstraße ist und keine Corner-Meile werden darf.“

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Was aber heißt das nun für „Kim’s Kitchen“? Klar ist, dass sie gemäß „Beseitigungsverfügung“ ihre Terrasse schon hätte abbauen müssen – das gilt übrigens genauso für ihren Nachbarn „Arian‘s Pub“, der ebenfalls eine Terrasse gebaut hat. Passiert ist bisher nichts. Kinkeo Xayapheth hat sich aber inzwischen einen Anwalt genommen, um gegen die Anordnung vorzugehen. Der Fall liegt nun beim Verwaltungsgericht.

Wirtin am Stellinger Weg: „Wünsche mir Betrachtung mit Augenmaß“

Sie sagt: „Ich wünsche mir, dass man solche Entscheidungen mit Augenmaß trifft und sich meinen Fall konkret anschaut. Fakt ist, dass ich dazu gezwungen war, auf Außengastronomie umzustellen – und das kann ich jetzt nicht einfach zurückdrehen. Dann stehe ich vor dem Aus.“

Das Bezirksamt bewertet die Lage anders. Sprecher Kay Becker sagt: „Im Falle der beiden genannten Gastronomiebetriebe ist es so, dass beide Betreiber über keine Sondernutzungsgenehmigung für Außengastronomie für 2023 verfügen und die Bauten auf den Parkflächen teilweise illegal sind.“ Diese eigenmächtig getroffenen „Baumaßnahmen“ seien in keinem Fall genehmigungsfähig.

„Sollte es vor Gericht zu keiner anderen Einschätzung kommen, halten wir unsere Forderung aufrecht“, so Becker. „Sollten die Betreiber die Bauten nicht selbst entfernen, werden wir den Rückbau vornehmen und den Betreibern in Rechnung stellen.“