Hamburg. Immer mehr Vereine wollen moderner werden – und Flächen teilen. Für wen das Vorteile bringt und wo es schon gelungen ist.

Für ihren Geschmack könnte ihr Gartengrundstück in Stellingen ruhig ein kleines bisschen größer sein – aber ein Riesengrundstück, wie sie früher üblich waren, möchte Carina Wolfram dann doch lieber nicht bewirtschaften müssen. „Ein größerer Garten macht noch mehr Arbeit, aber man könnte etwas mehr anbauen“, sagt die 43-Jährige aus Hamburg-Langenfelde. Jeweils ein Drittel einer Parzelle muss mit Nutzpflanzen wie Obst und Gemüse bebaut werden. So lauten die Vorgaben.

Schrebergärten haben schon lange kein verstaubtes Gartenzwerg-Image mehr, die Wartelisten für Kleingärten sind lang. Die Mutter von zwei Kindern hatte mit ihrem Mann das Glück, eine der neuen Parzellen im Kleingartenverein 302 der Vereinigung Eimsbütteler Gartenfreunde von 1919 e. V. zu bekommen.

Schrebergarten: Trend geht in Hamburg zum kleineren Kleingarten

Dieser alteingesessene Verein in Stellingen wurde mit Zustimmung der Mitglieder im Bestand nachverdichtet, sodass 28 Parzellen zusätzlich entstanden sind. Parallel wurde die Infrastruktur auf dem Areal modernisiert – Wasser- und Stromversorgung wurden auf den neuesten Stand gebracht, die Wege und Parkplatzflächen saniert.

Diese Nachverdichtung streben in Hamburg immer mehr Kleingartenvereine an. „Wir haben eine ganze Liste von Vereinen, die das angehen möchten“, sagt Dirk Sielmann, Vorsitzender des Landesbundes der Gartenfreunde in Hamburg e. V. „Es gibt ganz klar den Trend zum kleineren Kleingarten.“ Erfolgreich sei das als Pilotprojekt im Pergolenviertel in Winterhude umgesetzt worden – sowie danach auch in Wilhelmsburg und in Barmbek-Nord.

Schrebergarten: Viele Parzellen bislang 600 bis 700 Quadratmeter groß

Früher habe es in Hamburg üblicherweise Gärten mit 600 bis 700 Quadratmetern gegeben, manche sind auch bis zu 1000 Quadratmeter groß. „Aber bei Parzellen, die größer sind als 300 Quadratmeter, wird die Rasenfläche immer größer. Und Rasen kostet viel Wasser und ist ökologisch minderwertig“, sagt Sielmann.

Viele Kleingärtner seien berufstätig, diese hätten auch lieber kleine Gärten, die weniger aufwendig zu bewirtschaften seien. „Große Gärten sind für Familien gut, aber Hamburg hat die höchste Rate an Single-Haushalten.“

Wasserleitungen bei den Gartenfreunden von 1909 waren undicht

Als in der Nähe des Kleingartenvereins 302 an der Julius-Vosseler-Straße Wohnungen gebaut werden sollten und die dortige Kolonie Mühlenkoppel deshalb umziehen musste, habe man ein umfangreiches Paket mit der Stadt verhandelt, sagt Sielmann. Die Eimsbütteler Gartenfreunde hätten in diesem Zusammenhang die Nachverdichtung auf ihrem Gelände befürwortet .

„Hier gab es Probleme mit der Wasseranlage, der Wasserschwund wurde immer größer“, sagt Sielmann. Im Rahmen der kleinteiligen Nachverdichtung sei die mehr als 100 Jahre alte Anlage komplett modernisiert worden. „Wasser, Stromversorgung und Beleuchtung sind neu gemacht worden“, sagt er. Und man habe viele große Parzellen aufgeteilt. Jetzt gebe es auch Stromzähler, die dezentral abgelesen werden könnten.

Mit knapp 200 Quadratmetern sind manche Parzellen sehr überschaubar

Der Vorteil der Nachverdichtung im Bestand ist augenfällig: Auch die neuen Parzellen sind bereits gut eingewachsen, weil die bestehenden Bäume und Pflanzen vielfach bleiben durften.

Glück im Schrebergarten: Carina Wolfram hat mit ihrem Mann eine kleine Laube auf ihrer 196 Quadratmeter großen Parzelle im Verein der Eimsbütteler Gartenfreunde gebaut. Sie zieht Obst und Gemüse in Hochbeeten.
Glück im Schrebergarten: Carina Wolfram hat mit ihrem Mann eine kleine Laube auf ihrer 196 Quadratmeter großen Parzelle im Verein der Eimsbütteler Gartenfreunde gebaut. Sie zieht Obst und Gemüse in Hochbeeten. © Marcelo Hernandez

Carina Wolfram hat den mit 196 Quadratmetern recht kleinen Garten mit ihrer Familie zu Beginn der Pandemie ergattern können. „Wir hatten Glück. Wir mussten nur ein halbes Jahr auf den Garten hier warten“, sagt die Hamburgerin, die mit ihrer Familie in einer Wohnung lebt und sich freut, dass sie nun ein grünes „Wohnzimmer“ haben. Eine Freundin habe fünf Jahre gebraucht, bis sie eine Parzelle bekam.

Schrebergarten: Für Lauben gibt es genaue Vorgaben bei der Größe

„Es war aber schwierig, für unser Grundstück eine passende Laube zu finden“, sagt sie. Denn auch dafür gibt es Vorgaben. Sie dürfen nicht größer als 24 Quadratmeter sein, aber auch nicht kleiner als sechs Quadratmeter. Und sie müssen den vorgegebenen Abstand zur Nachbarparzelle einhalten. Carina Wolfram und ihr Mann haben deshalb mit einem Bausatz selbst eine Hütte gebaut. „Wir sind da relativ pfiffig“, sagt sie und lacht. Dadurch seien auch die Kosten im Rahmen geblieben. „Eine große Laube kostet schnell mal 10.000 Euro.“

Und auch bei den Pflanzen hat sie einen grünen Daumen, denn in den Beeten und Hochbeeten wächst üppig das Gemüse. Vieles hätte sie geschenkt bekommen und vieles auch selbst gezogen, sagt Wolfram. Und seit ihr Mann ihr eine Überdachung für die Tomatenstauden an der Laube gebaut hat, wachsen diese noch mal prächtiger.

Carina Wolfram hat in diesem Jahr eine üppige Tomatenernte. Darunter wächst Basilikum.
Carina Wolfram hat in diesem Jahr eine üppige Tomatenernte. Darunter wächst Basilikum. © Marcelo Hernandez

Kleingärtnerin nennt Gartenarbeit ihren „Gesundbrunnen“

Auch im Garten von Monika Büch sind die Blumen- und Gemüsebeete üppig bepflanzt. Ihre frühere Laube am Wittkamp musste für den Wohnungsbau weichen, sie fand im Verein 302 eine neue Heimat. Gemeinsam mit zwei Schulfreundinnen bewirtschaftet die 58-Jährige eine 250 Quadratmeter große Parzelle. Sie ist ebenfalls froh, dass ihr Garten eine überschaubare Größe hat.

Hinter ihrem Garten liegt eine neue schmale Parzelle, in der jetzt eine Familie mit drei Kindern untergekommen ist. „Das ist eine gute Nachbarschaft“, sagt sie fröhlich. Als sie noch jünger war, habe sie Kleingarten spießig gefunden, gibt sie zu, „aber jetzt ist es mein Gesundbrunnen“. Die Gartenarbeit halte sie fit.

In Hamburg gibt es 36.000 Kleingärten

Laut Dirk Sielmann sind in Hamburg 33.500 Kleingärten in 312 Vereinen beim Landesbund organisiert. Außerdem verwalte die Bahn-Landwirtschaft Hamburg auf Flächen der Bahn weitere 2500 Parzellen.

Der Landesbund-Vorsitzende hofft, dass die Stadt künftig noch mehr Geld zur Verfügung stellt, wenn Vereine ihre Flächen nachverdichten wollen. „Derzeit sind pro Jahr bis zu 250.000 Euro im Topf, aber wir möchten, dass das auf 500.000 Euro im Jahr aufgestockt wird.“

In Großbritannien werden Kleingärten bei Neubauten mitgeplant

Ein Vorbild sieht er auch in Großbritannien, wo er kürzlich einen Kleingartenkongress besucht hat. „Dort gehen Projektentwickler auf die National Alottement Society, die vergleichbar mit unserem Bundesverband ist, zu und wollen deren Knowhow über Kleingärten nutzen. Das wäre bei uns auch wünschenswert, dass man bei neuen Bauprojekten gleich Kleingärten mit plant.“ Denn in einer wachsenden Stadt müsse auch die Zahl der Kleingärten wachsen, fordert Sielmann.

Wer in Hamburg eine Parzelle pachten möchte, muss sich seinen Angaben zufolge aber auf lange Wartezeiten einstellen. „Fünf Jahre etwa in Eimsbüttel und sieben bis acht Jahre in Altona.“ Er rät Interessenten, jeweils direkt mit den Vereinsvorsitzenden den Kontakt aufzunehmen. Einfach nur eine E-Mail zu schreiben reiche da nicht, sagt er.