Hamburg. Lerika Karadimou hat in Eimsbüttel eine neue Heimat gefunden. Was sie an Hamburg so schätzt – und was sie vermisst.
Ja, das Wetter meint es nicht immer gut mit uns Hamburgern. Es ist oft mies und kalt. Na und. Dass Freiheit und Sicherheit im Leben eine viel größere Rolle spielen – das wird bei einem Gespräch mit Lerika Karadimou deutlich. Die Südafrikanerin lebt seit sechs Jahren in Eimsbüttel, und das sehr gern. Jetzt hat sie die beliebte Kinder-Boutique„Kleine Leute Laden“ in der Mansteinstraße übernommen.
Sie erinnert sich gut daran, als sie mit Ehemann Tim und ihrem damals acht Monate alten Sohn Jack nach Hamburg kam. Es war November. „Es war arschkalt“, sagt Lerika Karadimou – eine unkomplizierte Frau, aus deren Mund – mit diesem sympathischen Akzent – sich das weniger harsch anhört. Lerika sagt selbst, sie redet noch immer Denglisch – also einen Mix aus Deutsch und Englisch. Und doch deutlich mehr Deutsch als Englisch.
Eimsbüttel: Hier hat die Südafrikanerin ein neues Leben begonnen
Der Schritt von Johannesburg nach Hamburg kam für sie vor sechs Jahren überraschend, aber sie ließ sich darauf ein. Sie war gerade Mutter geworden, der heute sieben Jahre alte Jack kam auch noch fünf Wochen zu früh auf die Welt. Aber schließlich hatte Ehemann Tim hier einen guten Job in der Windenergiebranche bekommen. Die 35-Jährige ließ also Freunde und Familie zurück, um hier in Eimsbüttel ein neues, ein völlig unbekanntes Leben zu starten.
Sechsmal sind sie innerhalb Hamburgs umgezogen und waren jedes Mal überrascht, wie hoch die Mieten in Hamburg sind, und wie schwer es war, eine Wohnung zu finden. „In Südafrika lebt man in einem Haus und zieht nicht ständig um“, sagt Lerika.
Stellingen statt Generalsviertel – der Ruhe und des Gartens wegen
Nun sind sie angekommen in Stellingen – mit einem Garten für ihre Kinder Jack (acht), Evlynn (fünf) und Hund Olivia. Zuvor hat die Familie unter anderem an der Mansteinstraße gelebt. Eine schöne Zeit, aber auch eine anstrengende. „Mir war es irgendwann im Generalsviertel zu laut, es gab zu viele Baustellen. Ich wollte einen Garten.“
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Südafrikanerin findet in Eimsbüttel eine neue Heimat
Im Generalsviertel hat sie echte Nachbarschaft erlebt und Freundschaften geschlossen. Da ist Laura vom Blumenladen „Das kleine Grüne“ an der Bismarckstraße, wo die gelernte Ergotherapeutin 16 Monate lang jobbte. Und da ist Henny vom Café „Ujote“, die ihr geholfen hat, als sie im Dezember vergangenen Jahres den „Kleine Leute Laden“ übernommen hat. Der nächste große Schritt in der neuen Heimat Eimsbüttel.
Denn der Weg in die Selbstständigkeit kam überraschend. Der vorherige Besitzer des Ladens für hochwertige und nachhaltige Kindermode, für Kinderspielzeug und ein wenig Bastelkram, wollte das Geschäft aufgeben und kam direkt auf seine frühere Nachbarin Lerika, die auch an der Mansteinstraße gewohnt hat, zu. Lerika sagte zu – ohne genau zu wissen, was auf sie zukommt. „Also hieß es für meinen Mann Tim statt Weihnachtsurlaub, den Laden mit mir zu renovieren“, sagt Lerika und lacht.
Im „Kleine Leute Laden“ kümmern sich Kunden um kleine Mäusehäuser
Das Konzept ihres Ladens: „Ich möchte so nachhaltig sein wie möglich.“ Sie verkauft Marken wie die dänische Firma Maileg mit kleinen Mäusehäusern – ähnlich wie Puppenhäuser, in denen Mäuse in Streichholzschachteln schlafen. Offen, wie Lerika ist, hat sie schon eine kleine Gemeinschaft um ihre Mäuse gebildet: „Wir haben eine Community, auch Kinder, die regelmäßig zu mir kommen und die Häuser neu einrichten und dekorieren. Das genießen die Kinder, und ich bin froh, weil sie mit so tollen Ideen kommen.“
Und es gibt auch nachhaltige Kindermode – von Play Up aus Portugal etwa. Demnächst möchte sie noch mehr für Mütter anbieten, T-Shirts beispielsweise und auch für Mädchen im Teenageralter. „Es gibt metallic Lippenbalm und tolle Haarclips für Mädchen.“
Seitdem Lerika den Laden übernommen hat, ist es in dem kleinen Geschäft heller. „Mir ist Licht und Luft so wichtig“, sagt sie. Und der freie Blick zur Tür. Aus reiner Gewohnheit. Vielleicht liegt es an der fehlenden Sicherheit in ihrem Heimatland. Denn auch wenn so viele Hamburger über das Wetter nörgeln und sich über Busse ärgern, die sich verspäten – darüber kann Lerika eigentlich nur lächeln. Für sie sind das wirklich keine großen Probleme.
Eimsbüttel: Sie fühlt sich hier sicherer und freier als in Südafrika
Denn sie kommt aus einem Land, in dem derzeit mehrmals am Tag der Strom ausfällt, in dem die Menschen weniger frei sind, in dem die Kriminalität allgegenwärtig und eine ständige Bedrohung darstellt. „Mir ist noch nie etwas passiert, aber Freunden von mir schon. Sie sind überfallen worden und müssen nun zur Therapie.“ So schockierend war das Erlebte. Während ihr Mann in Hamburg monatelang Elternzeit bekommt, musste er nach der Geburt von Jack damals nach zehn Tagen wieder in den Job zurück.
„Ich schätze das sichere Leben hier“, sagt Lerika. Klar, sei Südafrika auch wunderschön, und sie vermisst ihre Heimat sehr, vor allem ihre Freunde. „Aber der Alltag dort ist nicht so einfach wie hier – wegen der Kriminalität, wegen Korruption.“ Und es werde immer schlimmer.
In Hamburg wachsen ihre Kinder freier auf
„Meine Kinder könnten dort kein so leichtes Leben führen wie in Hamburg. Evlynn hat vor Kurzem in der Kita übernachtet – in Südafrika wäre das undenkbar.“ Lerika schwärmt vom guten Bildungssystem in Deutschland. Davon, dass Schulen in Hamburg nicht wie Festungen verschlossen sind, wo es Sicherheitsschleusen wie an Flughäfen gibt, weil schon Kinder aus Schulen entführt wurden.
Nur die Sache mit dem Internet liefe in Südafrika besser. „Als ich Deutsch gelernt habe und im Supermarkt Wörter in mein Handy eingegeben habe, hat das nicht geklappt, weil es kein Internet im Supermarkt gab.“ Na ja, und die Sache mit dem Wetter ist auch hart. „Wenn du in einem warmen Land aufgewachsen bist, bist zu verwöhnt.“
Kleine Leute Laden, Mansteinstraße 3, Öffnungszeiten: montags und dienstags 9–14 Uhr, mittwochs geschlossen, donnerstags, freitags und sonnabends von 12–17 Uhr. Auf Instagram: kleineleute_official