Niendorf. Der neue Eigentümer Maximilian Gronninger setzt das Gebäude nach Denkmalschutzvorgaben instand. Nachbarn, Amt und Politik freuen sich .
In der unteren Etage ist die alte Pracht noch zu erkennen: hohe Decken mit üppigem Stuck, Kachelofen und Wintergarten. Die Treppe, die nach oben führt, wird von einem kunstvoll geschmiedeten Geländer begleitet. Doch folgt man Maximilian Gronninger hoch unters Dach, kann man kaum glauben, dass das Denkmalschutzamt der historischen Villa an der Niendorfer Straße 70 vor knapp zwei Jahren bestätigt hat, ein dichtes Dach zu haben und nicht durch aktuelle Feuchtigkeit oder sich ausbreitenden Schwamm weiter Schaden zu nehmen. Hier oben sind ein paar Stufen außen ziemlich morsch und die Wand darüber ist schwarz vor Schimmel und aufgeplatzt.
„Das passiert, wenn über lange Zeit Schornstein und Abdichtung undicht sind“, sagt der 33-Jährige, der das verwahrloste Denkmal im vergangenen Sommer gekauft hat. Weder dieser Schaden noch die vielen von Hausschwamm und anderen Schädlingen zerfressenen Dachbalken und Bodendielen, das bröckelnde Mauerwerk oder die – auch in den unteren Etagen – oft morschen Balkenköpfe haben ihn davon abgehalten.
Elektrik, Leitungen und Heizungen müssen komplett neu eingebaut, Innentüren und Fenster denkmalgerecht nachgebaut werden. Das Dach dagegen darf aus Denkmalschutzgründen nicht erneuert werden. Ebenso wie bei den morschen Balkenköpfen muss hier jede schadhafte Stelle entfernt und behutsam mit neuem Holz ersetzt werden.
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Wahrscheinlich genau wegen des hohen Sanierungsbedarfs und der dafür geltenden strengen Auflagen stand das 1892 erbaute architektonische Schmuckstück lange leer und verwahrloste zunehmend. Die Fristen für die Genehmigungen, im Zuge der Sanierung aus den zwei vorhandenen Wohneinheiten fünf zu machen sowie auf dem rückwärtigen Teil des Grundstücks ein Mehrfamilienhaus mit ebenfalls fünf Wohnungen zu errichten, ließen die vorigen Eigentümer verstreichen.
Die „herausforderndste Baustelle, die ich je hatte“ nennt der 33-jährige Immobilienmakler die alte Villa. Was er dafür bezahlt hat, verrät er nicht. Doch für die Sanierung der etwa 330 Quadratmeter großen Villa rechnet er mir rund eine Million Euro. „Mühe und Kosten lohnen sich, denn Altbauten sind in ihrer Einzigartigkeit nicht austauschbar und daher sehr wertstabil“, sagt Gronninger überzeugt.
Das Haus sei seine Altersvorsorge. „Da ich acht Prozent der Ausgaben in den ersten acht Jahren abschreiben kann, hat sich die Sanierung bis ich 60 bin hoffentlich rentiert.“
Nachbarn sollen nicht durch lange Bauarbeiten vergrätzt werden
Seit Anfang August läuft die Renovierung, „aber gearbeitet wurde insgesamt nur zwei Monate“, sagt Gronninger. Weil die Handwerker zu langsam waren, mussten neue her. Und die müssen Gas geben. „Im Sommer soll hier drinnen alles fertig sein.“
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Das wirkt sehr ambitioniert, doch er hat ein Konzept: „Während oben der Dachdecker arbeitet, können parallel dazu die Balkenköpfe ausgetauscht werden und von unten die Klempnerarbeiten beginnen.“ Die Eile ist ihm unter anderem wichtig, um die Nachbarn nicht durch langwierige Bauarbeiten zu vergrätzen. Denn das Verhältnis ist gut. Thomas Kraske von nebenan stellt ihm momentan sogar Wasser zur Verfügung, weil in der Villa gerade keines verfügbar ist.
Kraske war es auch, der nach jahrelangem Leerstand aus Sorge um die Villa das Denkmalschutzamt und die Bezirkspolitik auf den Plan gerufen hatte. „Ich war misstrauisch und hatte den Verdacht, dass die Vorbesitzer auf Zeit spielen, bis die Villa irgendwann nicht mehr zu retten ist.“
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Jetzt habe er das Gefühl, dass „alles auf einem guten Weg“ sei. Das findet auch der SPD-Wahlkreisabgeordnete Marc Schemmel, der sich ebenfalls engagiert hatte. „Es ist schön zu sehen, dass die Initiative von Nachbarn und unsere örtlichen politischen Anstrengungen zum Erhalt der Villa hier offenbar geholfen haben.“
Das Denkmalschutzamt spricht von einer „guten Zusammenarbeit mit dem Eigentümer, der sehr engagiert an die denkmalgerechte Sanierung der Villa herangeht“, so Sprecherin Marianne Kurzer. Mit dem filigranen Wintergarten oder dem bauzeitlichen Treppenhaus im Inneren des Denkmals bleibe ein „wertvolles Zeugnis des gehobenen Wohnhausbaus des späten 19. Jahrhunderts im Stadtteil“ für die Zukunft gesichert.